Die Arktis und Ihre Bewohner

Die Arktis ist die nördliche zirkumpolare (den Nordpol umgebende) Erdregion. Die Bezeichnung ›Arktis‹ lässt sich aus dem Altgriechischen ableiten. Das griechische Wort αρκτικός (arktikos) bedeutet übersetzt soviel wie ›in der Nähe des Bären‹. Der Name bezieht sich auf das Sternbild des ›Großen Bären‹, das auch von Europa aus deutlich am Nordhimmel zu sehen ist. Übersetzt man die Bezeichnung ›Arktis‹ sinngemäß ins Deutsche, könnte man die Region demnach als ›Land unter dem Sternbild des Großen Bären‹, aber auch einfacher als Nordland bezeichnen. Ein wahrlich passender und schöner Name für eine der faszinierendsten Regionen unserer Erde.

Das arktische Gebiet

Im Gegensatz zu den fünf großen Kontinenten der Erde, bei denen Ozeane, Meere und Gebirgsketten die natürlichen Grenzen bilden, lässt sich die Region der Arktis nur schwer eindeutig definieren. Das Gebiet der Arktis beinhaltet das Arktische Meer sowie Teile Kanadas, Grönlands, Russlands, der Vereinigten Staaten, Islands und Norwegens. Es erstreckt sich damit am oberen Ende der Erdkugel über die drei Kontinente Europa, Nordamerika und Asien. Der eigentliche geografische Nordpol liegt mitten im teilweise ganzjährig gefrorenen Arktischen Ozean, der etwa zwei Drittel der Arktisfläche ausmacht. Im kalten Arktischen Ozean gibt es eine Reihe von größeren und kleineren Inseln. Die wichtigsten sind die Jan-Mayen-Inseln, Franz-Josef-Land, Spitzbergen, Severnaja Zemlja, Novaja Zemlja, die Neusibirischen Inseln, die Wrangelinsel und als größte Insel der kanadisch-arktische Archipel.

Anders als noch vor einigen Jahrzehnten üblich, wird die Arktis heute nicht mehr als eigenständiger, sozusagen ›nördlicher Kontinent‹ bezeichnet. Die Arktis ist weder identisch mit einem Staatsgebiet noch mit einer klar zu definierenden Landmasse. Auch aus geologischer Sicht stellt die Arktis keine einheitliche Region dar. Während das Nordpolarmeer zwar geografisch als Einheit zu betrachten ist, bildet die Grenzziehung der Landmasse, die zum Arktischen Raum gerechnet werden soll, größere Schwierigkeiten.

Die genauen Grenzen der Arktis werden von Wissenschaftlern daher auch nach höchst verschiedenen und sich teilweise widersprechenden Kriterien bestimmt. Noch bis vor einiger Zeit wurde die Arktis schlicht als die ›Region nördlich des Polarkreises‹ (66°34‘ nördliche Breite) definiert. Diese Definition hatte sicher den Vorteil, dass eine mathematisch klar beschriebene Linie im Gradnetz der Erde die Grenzen der Arktis bestimmte, allerdings schloss sie viele Gebiete, die nach anderen Kriterien durchaus als arktisch zu bezeichnen sind, von der Definition aus. Zudem konnte damit Veränderungen in den klimatischen Bedingungen der Region nur unzureichend Rechnung getragen werden. In der heutigen Zeit geben Wissenschaftlicher dementsprechend vor allem weitaus flexiblere klimatische und vegetationsgeografische Kriterien der arktischen Flächenbestimmung an. Eine dieser Bestimmungen, die sehr oft zur Definition der Grenze der Arktisregion verwendet wird und sich als die gängigste Definition in der Wissenschaft etabliert hat, ist die sogenannte ›10 Grad-Juli-Isotherme‹. Diese klimatische Linie definiert die Arktis als Region, in der die durchschnittliche Temperatur im wärmsten Monat Juli unter 10 Grad liegt. Die Gebiete, die zur Arktis gehören, lassen sich so mit Temperaturmessungen klar berechnen. In Zeiten der zunehmenden globalen Klimaerwärmung ist jedoch auch diese Definition problematisch, lässt sie die Arktis doch von Jahr zu Jahr ein Stückchen kleiner werden. Andere Möglichkeiten sind die Begrenzung der Arktis anhand der Baumgrenze, also anhand einer vegetationsgeografischen Linie, oder die Berücksichtigung wirtschaftsgeografischer Grenzziehungen.

Diese Vielzahl an unterschiedlichen Gebietsdefinitionen dürfte verdeutlicht haben, dass aus wissenschaftlicher Sicht die Arktis im Vergleich zu anderen geografischen Regionen der Erde nur sehr schwer zu greifen ist. Ihrer Schönheit und Einzigartigkeit tut dies jedoch mit Sicherheit keinen Abbruch.

Das Nordpolarmeer

Das Nordpolarmeer, auch Arktischer Ozean oder Nördliches Eismeer genannt, ist mit einer Gesamtfläche von 14 056 000 Quadratkilometern der kleinste der fünf Weltozeane. Seine Fläche entspricht damit in etwa der Größe Russlands. Die Länge seiner Küsten beträgt insgesamt 45 390 Kilometer, das entspricht ungefähr dem Siebenfachen des Erdradius. Weil er an die drei Kontinente Europa, Asien und Nordamerika angrenzt, gilt er auch als interkontinentales Mittelmeer. Ein unter Wasser gelegener Gebirgsrücken, der sogenannte Lomonossow-Rücken, der auch eine wichtige geopolitische Rolle spielt (→ S. 65), teilt den Ozean in ein europäisches und ein amerikanisches Becken. Die tiefste Stelle des Ozeans befindet sich mit einer Tiefe von 5450 Metern im europäischen Becken.

Der Arktische Ozean besitzt insgesamt nicht weniger als sieben Nebenmeere: die Barents-, Kara-, Laptew-, die Ostsibirische, Tschuktschen-, Beaufort- und        die Grönlandsee. Mit dem Atlantik ist der Arktische Ozean durch das Euro­päische Nordmeer, mit dem Nordmeer durch die 85 Kilometer breite Beringstraße verbunden. Durch die Öffnung zum Atlantik gelangt auch der an der Oberfläche warme Golfstrom in das polare Becken und wird dort zum Nordatlantikstrom. Durch seinen Wärmetransport ist der Strom extrem wichtig für die klimatischen Bedingungen in Europa. Nicht umsonst wird er daher auch als ›Warmwasser­heizung Europas‹ bezeichnet.

Nur in den sehr kurzen arktischen Sommern bildet das Nordpolarmeer eine wirkliche Wasserfläche und dies auch nur entlang der Festlandsküsten. Ein großer Teil des Ozeans befindet sich hingegen ganzjährig unter einer permanenten Eisdecke, in den kalten Wintern besteht das Meer beinahe komplett aus einer flächendeckenden Eisschicht, die so dick ist, dass auf ihr sogar tonnenschwere Lastkraftwagen problemlos fahren können.

Je nach Sommer kann der Arktische Ozean für drei bis fünf Monate für die Schifffahrt genutzt werden. Vor allem die Nordostpassage und die Nordwestpassage spielen hier eine wichtige wirtschaftliche Rolle. Um ein Befahren des Meeres so lange wie möglich zu garantieren, setzen die Anrainerstaaten Eisbrecher ein, um die Schiffswege eisfrei zu machen.

Der Arktische Ozean grenzt mit seinen Küstenlinien an Alaska, Kanada, Grönland, Island, Norwegen und Russland. Da der Ozean reich an natürlichen Ressourcen wie Öl und Gas ist und diese aufgrund des fortschreitenden Klimawandels immer leichter zugänglich werden, ist er auch Gegenstand politischer und wirtschaftlicher Interessen zwischen den Anrainerstaaten des Meeres. Die Zugehörigkeit vieler Abschnitte des Ozeans ist bis heute nicht abschließend geklärt und heftig politisch umstritten. Mit seiner einzigartigen Tier- und Pflanzenwelt ist der Arktische Ozean eines der letzten weitgehend unberührten Ökosysteme dieser Welt. Die zunehmenden Folgen des globalen Klimawandels, aber auch andere menschliche Einflüsse wie Öltanker gefährden jedoch auch den Arktischen Ozean stark.

Kurze Klimageschichte der arktischen Region

In den Vorstellungen der meisten Menschen ist die Arktis auf das Engste mit Kälte, Eis und widrigen Lebensbedingungen verbunden. Auch wenn es heute angesichts der riesigen und endlos wirkenden arktischen Eisflächen kaum zu glauben ist, gehen Wissenschaftler dennoch davon aus, dass das Klima der Arktis vor rund 55 Millionen Jahren subtropisch war. Darauf deuten Fossilienfunde von Mammutbäumen hin, welche die Forscher im ewigen Eis entdeckten. Auch der heute beinahe das ganze Jahr von einer dicken Eisschicht überzogene Arktische Ozean muss somit angenehm warme Temperaturen gehabt haben. Bei von Forschern vorgenommenen Bohrungen im Eis wurden zudem Überreste von Pflanzen entdeckt, die nur im Süßwasser leben können. Man geht daher heute davon aus, dass die Region der heutigen Arktis vor rund 40 Millionen Jahren ein riesiger Süßwassersee gewesen sein könnte, in dem, zumindest von den Temperaturen her, durchaus gebadet hätte werden können. In der Tertiärzeit vor etwa 30 Millionen Jahren kühlte die Erde jedoch über die Jahrtausende stark ab, und es bildeten sich die bis heute existierenden Eiskappen an den beiden Polen. 

Die Temperatur in der nördlichen Polarregion blieb aber keineswegs während der ganzen Zeit bis heute konstant. Eine Gruppe von internationalen Wissenschaftlern schloss 2007 in einer breit angelegten Forschungsreihe aus der Formation der Strände an den Küstenregionen der Arktis, dass das Gebiet vor etwa 6000 bis 7000 Jahren für einen längeren Zeitraum eisfrei gewesen sein musste. Diese Entdeckung ist angesichts der immer weiter schmelzenden Eisschicht in der arktischen Region sicher eine spannende Tatsache, verdeutlicht sie doch, dass es auch jenseits jeglicher menschlicher Eingriffe extreme Klimaschwankungen in der Region geben kann. Treffen nun jedoch klimatische Grundtendenzen der Erwärmung und der massive Eingriff der Menschen in das Ökosystem der Arktis aufeinander, beschleunigt sich der Prozess natürlich noch zusätzlich.

Das Klima heute

Heute wird das Klima in der Arktis vor allem durch lange, kalte Winter und kurze, kühle Sommer bestimmt. Die geografische Breite der jeweiligen Arktisregion ist ausschlaggebend für die Länge der Tage und damit auch für das jeweilige Klima. Im Winter, wenn je nach geografischem Breitengrad die Sonne für Wochen und gar Monate vollständig verschwindet, herrscht tiefe Polarnacht mit hartem, eisigen Frost. Die durchschnittliche Wintertemperatur kann so in manchen Regionen durchaus minus 40 Grad betragen, während vor allem in den Küstenregionen, die von den wärmeren Meeresströmungen profitieren, deutlich moderatere Durchschnittstemperaturen nur leicht unter dem Gefrierpunkt anzutreffen sind. Das andere Extrem zur Polarnacht ist die Mitternachtssonne, die in der Zeit um Juli 24 Stunden am Tag am Himmel steht. Durch die permanente Sonneneinstrahlung kann sich die Arktis auf deutlich über 0 Grad erwärmen.

Allgemein liegen die Temperaturen in der Arktis im Januar zwischen minus 3 Grad und minus 40 Grad, im Juli zwischen plus 1 Grad und plus 10 Grad. Diese Zahlen machen bereits die großen Temperaturunterschiede in der Arktis deutlich. Die küstennahen Gebiete sind in der Regel weniger kalt als die im Landesinneren gelegenen. Aufgrund des Einflusses des Meeres kann die Witterung jedoch auch in nahe beieinander liegenden Regionen sehr unterschiedlich sein. Auf der Eiskappe Grönlands werden beispielsweise durchschnittliche Jahrestemperaturen von minus 33 Grad gemessen, während in den angrenzenden Küstenregionen aufgrund warmer Meeresströmungen nur minus 7 Grad herrschen. Wenn jedoch die gefürchteten orkanartigen Polarstürme über das Land fegen, wird es auch an den Meeresküsten klirrend kalt, und es empfiehlt sich, schnell einen warmen Unterschlupf zu finden.

Anders als weitläufig angenommen ist der Nordpol keineswegs der kälteste Teil der Arktis. Den Kälterekord hält vielmehr der kleine russische Ort Oimjakon im Nordosten Sibiriens. Hier wurde bereits die geradezu unfassbare Temperatur von minus 77,8 Grad gemessen. Dies ist jedoch selbst für den hohen Norden eher eine Ausnahme.

Niederschläge sind in der Arktis eher selten, und das Klima ist eher trocken. Die durchschnittliche Niederschlagsmenge, meist in Form von Schneefall, erreicht in den meisten Gebieten gerade einmal 250 Millimeter pro Jahr. Im Vergleich dazu fällt in Hamburg durchschnittlich 756 Millimeter Niederschlag pro Jahr. Heftig einsetzende arktische Winde, die den Schnee aufwirbeln, können jedoch bei den Besuchern vor Ort das Gefühl eines permanenten Schneefalls hervorrufen. Ein typisches klimatisches Phänomen in der Arktis ist der in weiten Teilen des Gebiets auftretende Nebel, der die Landschaft vor allem in den Morgenstunden in dichte Watte packt und eine faszinierende Atmosphäre schafft.

Eine der erstaunlichsten Wettererscheinungen der Region ist ohne Frage das Polarlicht. Diese einmalige Leuchterscheinung wird durch das Auftreffen geladener Teilchen des Sonnenwindes auf die Erdatmosphäre hervorgerufen. In langen, klaren Polarnächten wird so der Himmel oft von magisch wirkenden grünen, roten oder gelben Lichtern erhellt. Es ist daher kaum verwunderlich, dass in der Mythologie der Arktisbewohner die Polarlichter ihren festen Platz einnehmen. Während die Lichterscheinung in vielen Kulturen eher negativ besetzt war, wurde die Erscheinung im hohen Norden wenig gefürchtet und wurde positiv gedeutet. So wurden die Lichtschleier unter anderem mit tanzenden Frauen in Verbindung gebracht. In Nordamerika glaubten die Inuit, dass die Lichter mit dem Treffen von Medizinmännern und Ahnen in Zusammenhang stehe, die Kontakt aufnehmen möchten.

Landschaftsformen der Arktis

Die Landschaftsformen der Arktis sind entsprechend der gewaltigen Größe des Gebietes höchst unterschiedlich. Nahezu alle geografischen Merkmale lassen sich je nach Breitengrad und den damit verbundenen Jahrestemperaturen finden. Eines der landschaftlichen Phänomene, das sich jedoch in fast allen Regionen der Arktis finden lässt und typisch für den hohen Norden ist, stellt der Permafrostboden dar. Mit Ausnahme Südgrönlands und des europäischen Festlandes taut der eisige Boden in der Arktis auch im Sommer nur oberflächlich auf. Darunter aber bleibt die Kälte dauerhaft gefangen. Permafrostböden bilden sich dort, wo die Jahresdurchschnittstemperatur minus 1 Grad und der Jahresniederschlag 1000 Millimeter nicht übersteigt. Grönland besteht damit beispielsweise zu 99 Prozent aus Permafrostboden. In Teilen der russischen Arktis erreicht der Permafrostboden eine kaum vorstellbare Tiefe von bis zu 1500 Metern. Die globale Erderwärmung ist jedoch dafür verantwortlich, dass die Gebiete mit Dauerfrostböden immer kleiner werden. Dies birgt einige Gefahren in sich. Gebäude, die auf den Böden gebaut wurden, können durch das Auftauen einstürzen. Daher werden Gebäude heutzutage vornehmlich auf Pfählen gebaut, die bis in die größeren Tiefen des Bodens reichen und somit auf festem Grund stehen.

Der Auftauboden ist während der Sommermonate meist mit Wasser durchtränkt, das Wasser kann durch das Eis im Permafrostbereich des Bodens nicht versickern. Eine Folge der hohen Bodenfeuchtigkeit ist das Auftreten von Bodenfließen (Solifluktion) und Bodendurchmischung (Kryoturbation) Solifluktion tritt auf, wenn eine Hangneigung von mindestens 2° und ein ausreichend hoher Anteil an Feinmaterial im Boden vorhanden ist. Die aufgetaute obere Bodenschicht beginnt dann, der Hangneigung folgend einige Zentimeter pro Jahr zu fließen. Dieses Phänomen ist in der Arktis überall zu beobachten.

Abgesehen vom eisigen Boden ist die Landschaft der Region, ebenso wie das arktische Klima auch, vor allem durch krasse Gegensätze geprägt.

Die Sibirische Tiefebene

Das Gebiet der Sibirischen Tiefebene, das von den beiden Flüssen Jenissej und Lena eingerahmt wird, ist durchzogen von ausgedehnten Seen- und Moorlandschaften. Vorgelagert erhebt sich die über 1000 Meter hohe Halbinsel Taimyr. Neben dem Kolyma-Tiefland befinden sich im äußersten Nordosten Sibiriens noch etliche beeindruckende und bis zu 2000 Meter hohe Berge, zwischen denen sich ausgedehnte Hochebenen erstrecken. Der Westen Sibiriens wird geografisch durch die Ausläufer des Uralgebirges begrenzt. Die Karasee mit ihren beiden Inseln Novaja Zemlja und Severnaja Zemlja grenzt somit direkt an den Ural. Die größten Flüsse der Region sind der Ob, der Jenissej, die Lena und der Kolyma. Sie sind im Sommer schiffbar, im Winter nutzen Lastkraftwagen die zugefrorenen Flüsse als Straße und bieten einen geradezu surrealen Anblick.

Die Inseln

Zwischen dem 70. und 80. Grad nördlicher Breite befinden sich in der Arktis zahlreiche Inseln, Halbinseln und Inselgruppen, wie beispielsweise die zu Norwegen gehörende Finnmark, auf der sich viele traumhaft schöne Fjorde finden lassen, und die russische Kola-Halbinsel. Vor der Westküste der Finnmark ragen die Inseln Spitzbergens imposant aus dem Nordpolarmeer. Der Name der Inseln ist hier Programm. Zu den ›spitzen Bergen‹ kann man hier grandiose Fjorde, Gletscher und Täler bewundern.

Grönland

Grönland ist ein Land der klimatischen Extreme. 80 Prozent der Landesmasse liegen ganzjährig unter dem ewigen Eis verborgen. Im Sommer sind jedoch einige Gegenden wie die südliche Hälfte der Westküste eisfrei. Das Peary-Land im äußersten Norden und einige Gegenden an der Ostküste, vor allem die Scoresby-Halbinsel, sind dann gut zu besichtigen. Im Süden Grönlands ist die eisfreie Küste sehr schmal, und Fjorde reichen bis weit ins Landesinnere hinein. Der Scoresby-Sund an der Ostküste ist mit über 350 Kilometern der längste Fjord der Erde und mit 1500 Metern auch einer der tiefsten. Der höchste Berg Grönlands ist der 3700 Meter majestätisch in den Polarhimmel ragende Berg Gunnbjörns. Grönland ist auch einer der wenigen Orte der Arktis, an dem warme Quellen, die vulkanischen Ursprung haben, gut erreichbar sind und zu einem Ausflug einladen.

Alaska

In Alaska erstreckt sich an der Nordpolarmeerküste eine breite Küstenebene. Hier lässt sich die üppige und vegetationsreiche Tundra der Arktis bewundern. Die Ebene wird im Süden durch die zu 2700 Meter hohen Berge der Brooks Range begrenzt. Insgesamt ist das Land an der Beringstraße von Gebirgen gekennzeichnet.

Kanadische Arktis

Der kanadisch-arktische Archipel bietet mit bis zu 2600 Meter hohen Bergen ebenfalls reichlich Anreize für begeisterte Bergsteiger. Die Gletscher der kanadischen Arktis liegen alle an der Ostseite des Archipels. Zwischen den Inseln erstreckt sich ein ausgedehntes Labyrinth von Wasserwegen, die jedoch die meiste Zeit des Jahres von Eis bedeckt sind. Die Hudson Bay reicht als verlängerter Arm des Arktischen Ozeans weit ins Landesinnere hinein. Im Westen Kanadas fließt der Mackenzie-Fluss mit seinem breiten Delta in die Beaufortsee.

Geologie

Wer in der Arktis unterwegs ist kann die Erdgeschichte gut studieren. Dafür werden hauptsächlich Gesteine und die in ihnen enthaltenen Fossilreste herangezogen. Die Geologie unterscheidet drei Gruppen von Gesteinen aufgrund ihrer unterschiedlichen Entstehung: Magmatische Gesteine (Plutonite und Vulkanite),  Sedimentgesteine, die auch Ablagerungsgesteine genannt werden, sowie sogenannte metamorphe Gesteine, die durch äußere Einflüsse wie Druck oder Temperatur zu neuen Strukturen umgewandelt wurden. Mit diesem Wissen erkennt man schnell, um welche Art von Gestein es sich handelt. Interessant auch, dass man die ältestesten Steine der Erde gerade am Rande und in der Arktis findet. Das älteste bisher sicher datierte Gestein ist etwa vier Milliarden Jahre alt und stammt aus der Acasta-Gneis-Formation des Slave-Kratons im Nordwesten Kanadas. Forscher der McGill-Universität in Kanada behaupteten 2008, im Nuvvuagittuq-Grünsteingürtel an der Hudson Bay im nördlichen Kanada ein mit 4,28 Milliarden Jahren noch älteres Gestein gefunden zu haben. Östlich von Nuuk, der Hauptstadt Grönlands, finden sich in der fast vier Milliarden Jahre alten Isukasia-Bändereisenerz-Region die ganz besonders alten Gesteine Grönlandit und Nuummit.

Tiere und Pflanzen

Das Leben blüht auch an den unglaublichsten Orten der Erde. Die Arktis ist dafür ein beeindruckendes Beispiel. Auch wenn sie von oben betrachtet zu einem großen Teil aus Eis besteht, ist sie keineswegs wie häufig angenommen eine ausschließlich lebensfeindliche Region für Pflanzen und Tiere. Wie viel Leben sich entwickeln kann, ist dabei von mehreren Faktoren abhängig: Temperatur,  Bodenbeschaffenheit, Feuchtigkeit und vor allem von der Wassermenge.

Eine große Zahl von Pflanzen und Tieren hat sich an die arktischen Lebensbedingungen auf eine beeindruckende Art und Weise angepasst. Im Eis befindet sich Algenrasen, besiedelt von Bakterien und niederen Tieren. Kleine Wimpertierchen haben es sich im Eis ebenso gemütlich gemacht wie Fadenwürmer, Rädertierchen, Floh- und Flusskrebse. Neben diesem ›arktischen Kleintierzoo‹ gibt es jedoch noch eine ganze Reihe von großen Tieren und eine erstaunliche Bandbreite an Pflanzen. Auch das eiskalte Wasser des Arktischen Ozeans bildet den Lebensraum für eine Anzahl von tierischen Bewohnern. Insgesamt lässt die Region damit nur einen Schluss zu, der angesichts der widrigen Bedingungen große Anerkennung und Respekt verdient: Die Arktis lebt!

Man nimmt heute an, dass das arktische Ökosystem – also das Zusammenspiel zwischen Pflanzen und Tieren – verglichen mit anderen Ökosystemen unserer Erde relativ jung ist. Zudem war die arktische Region weitaus instabiler in ihrer Entwicklung. Insgesamt besitzt die Arktis deswegen vergleichsweise wenig unterschiedliche Arten. Die häufigen klimatischen Wechsel sorgen zudem dafür, dass die Zahl der Tiere der verschiedenen Arten sehr großen Schwankungen unterliegt. Die auf der Wrangelinsel beheimatete Schneegans besaß in den 1960er Jahren eine Populationsgröße von 400 000 Tieren. Nur zehn Jahre später gingen Forscher von nur noch 50 000 Tieren aus. Grund dafür waren die über zehn Jahre regelmäßig vorkommenden Schneestürme im Frühjahr in den Jahren nach 1965, die es den Tieren unmöglich machten, ihre Eier zu legen. Bis Ende des 20. Jahrhunderts hatte sich die Populationszahl wieder etwas erholt und wird nun mit ungefähr 100 000 Tieren angegeben. Aufgrund dieser hohen Schwankungen in den Populationszahlen der Tiere und des Auftretens von Pflanzen, sehen Wissenschaftler die Arktis als ›anfälliges‹ Ökosystem an.

Die Tierwelt

Auch für die Tierwelt der Arktis gilt, dass es im Vergleich zu anderen Regionen der Erde verhältnismäßig wenig Meeresbewohner und Landtiere gibt. Von den weltweit nachgewiesenen 3200 Säugetieren kommen nur 23 in der Arktis vor, von den etwa 8600 Vogelarten schaffen es gerade einmal 70 bis in den hohen Norden. Hingegen kommen über 1000 Insektenarten vor, die sich aufgrund ihrer sehr viel geringeren Größe besser an die eisigen Klimabedingungen anzupassen vermögen.

Diejenigen Tiere, die in der Arktis leben, haben jedoch zum Teil erstaunliche Überlebensstrategien für das Leben in der Kälte entwickelt. Eine weit verbreitete Technik ist die Fähigkeit, in einen Zustand der Kältestarre oder sogar des Erfrierens zu verfallen. Vor allem Insektenarten sind während des kalten Winters gefroren und erwachen erst im aufkommenden Frühling wieder zu neuem Leben. Viele andere Tierarten halten bei reduzierter Körperfunktion Winterschlaf und kommen so durch den harten arktischen Winter.

Säugetiere

Der wohl mit Abstand populärste tierische Bewohner der Arktis ist der Eisbär, auch Polarbär genannt. Daneben lassen sich in der Region aber noch eine ganze Reihe von weiteren großen Säugetieren beobachten, die an Land leben: Der arktische Fuchs und Wolf, Rentiere und Lemminge lassen sich hier als bekannteste Tiere anführen. Einer der merkwürdigsten und kuriosesten Landbewohner der Arktis ist sicherlich der Moschusochse. Die männlichen Tiere wiegen etwa 400 Kilogramm und werden bis zu 2,50 Meter lang und 1,50 Meter hoch. Auffällig sind ihre über die Schulter ragenden Buckel und ihre im Verhältnis zum Körper großen Köpfe. Trotz seiner Körperfülle bewegt sich der Moschusochse schnell und elegant. Der Bewohner der Tundra gehört zu den wenigen großen Säugetieren, welche die Eiszeit überlebt haben, da er sich perfekt an die eisigen Bedingungen angepasst hat. 

Die bewährtesten Hilfsmittel der großen Säugetiere, um sich gegen die Kälte zu schützen, sind ihr Fell und ihr Fett. Robben, Seehunde und Walrosse sind beispielsweise von einem dicken, schützenden Speckmantel umgeben. Sicher ist diese Isolation jedoch nur, solange sie keinen Hunger leiden und nicht ihre natürlichen Fettressourcen aufbrauchen müssen. In Zeiten mangelnder Nahrung sind sie der Kälte weitgehend ungeschützt ausgeliefert. Auch die antarktischen Pinguine, die am anderen Pol der Erde leben, haben einen guten Schutz vor dem Eis entwickelt. Neben ihrem Speckmantel werden sie von einem extrem dichten Gefieder umgeben, das ihre Haut effektiv vor Wasser und Kälte schützt.

Der Arktische Ozean bietet den Lebensraum für verschiedene Robbenarten wie Ringel- und Bartrobbe, Seehunde und Walrosse.

Eisbär
Ursus maritimus
Polar bear

Sein Lebensraum ist das Packeis, auf dem er sich hunderte Kilometer von den Küsten entfernt. Es gibt etwa noch 5000 Exemplare, davon 2000 in der Region um Spitzbergen. Vor allem durch den Klimawandel stark gefährdet.

Polarfuchs
Vulpes lagopus
Arctic fox

In der gesamten Polarregion beheimatet. Etwas gedrungener und kleiner als Rotfüchse. Charakteristisch ist sein Fellwechsel im Winter, die Haarfarbe wandelt sich von braun zu weiß oder zu blaugrau. Legt große Strecken zurück und besiedelt auch abgelegene Inseln. Frisst zusätzlich zu seiner Beute praktisch alles. Gilt als nicht gefährdet, wird in Nunavut noch gejagt. Ebenso wie der Eisbär allerdings stark vom Klimawandel bedroht.

Walross
Odobenus rosmarus
Walrus

Etwa 20000 dieser riesigen Tiere mit den charakteristischen Stoßzähnen leben in der Bering- und Tschuktschen-See, weitere 25000 an den grönländischen Küsten. Auf Spitzbergen waren sie durch Bejagung stark dezimiert, inzwischen gibt es dort wieder etwa 2000 Tiere. Das Walross ist geschützt, nur die Inuit und andere einheimische Völker dürfen für den Eigenbedarf jagen.

Ringelrobbe
Phoca hispida
Ringed seal

Diese Tiere sind sehr scheu, weil sie bevorzugt Beute von Eisbären, Orcas und anderen Raubtieren sind. Die kleinste Art der Robben (max. 150 cm Länge) kommt in der ganzen Arktis häufig vor. Ihre Jungen werden wegen ihres weißen Fells gejagt, die erwachsenen Tiere erkennt man an den grau-weißen Ringen auf ihrem dunkelgrauen Rücken. Sie gelten als wenig gefährdet.

Sattelrobbe
Phoca groenlandica
Greenland seal, Harp seal

Lebt überwiegend auf dem Packeis in einiger Entfernung von den Küsten. Im Frühjahr folgen sie dem sich zurückziehenden Eis, auf dem sie auch ihre Jungen zur Welt bringen. Die erwachsenen Tiere werden bis zu 2 Meter lang und tragen die charakteristische sattelartige Zeichnung auf ihrem Rücken. Die Jungtiere der Sattelrobben wurden wegen ihres weißen Felles wegen in großer Zahl erschlagen. Inzwischen ist die kommerzielle Jagd weitgehend verboten, es gibt allerdings umstrittene Ausnahmen.

Bartrobbe
Erignathus barbatus
Bearded seal

Die bis zu 2,5 Meter langen Tiere kommen in der gesamten Arktis vor. Ihr kleiner Kopf trägt einen langen dichten Schnauzbart mit weißen Borsten, der ihnen als Tastorgan bei der Suche nach Krabben dient. Ihr Körper ist unauffällig einfarbig grau. Sie leben einzelgängerisch und gelten als verhältnismäßig wenig scheu. Für die Inuit sind sie ein wichtiger Fleisch-, Öl- und Felllieferant. Ihr Bestand gilt als ungefährdet, da ihr Fell im Handel nie besonders gefragt war.

Mützenrobbe
Cystophoca cristata
Hooded seal, Bladdernose seal

2,5 bis 3 Meter lang, lebt im tiefen Wasser und ist ein exzellenter Taucher. Lebt oft auf schwimmenden Eisschollen. Wird seit Jahrhunderten wegen des attraktiven gefleckten Fells, das an Leopardenfell erinnert, stark bejagt. Auch das Fell der Jungtiere ist wegen seiner tiefgrauen Farbe sehr beliebt. Der Name kommt vom mützenartigen Wulst auf der Stirn des Männchens. Die Art ist gegenwärtig nicht bedroht.

Zahnwale

Narwal
Monodon monoceros
Narwhale

Körperlänge 4–5 Meter, charakteristischer bis zu 2 Meter langer Stoßzahn, in der gesamten Arktis verbreitet, streng geschützt, es gibt eine Fangquote für die Inuit Grönlands und Kanadas. Bestand: ca. 25000.

Beluga
Delphinapterus leucas
White Whale

Körperlänge 3–6 Meter; ausgeprägtes Sozialverhalten mit einem großen Repertoire an Lauten. Relativ stabile Population, verbreitet in der kanadischen und russischen Arktis sowie vor Alaska, verwandt mit dem Narwal.

Schwertwal
Orcinus Orca
Killer whale

Mit 8–9 Metern größte Delphinart; weltweit verbreitet, in nördlichen Breiten häufiger; sehr sozial, jagt in Gruppen und erbeutet auch große Wale. Die Art gilt nicht als gefährdet.

Bartenwale

Blauwal
Balaenoptera musculus
Blue whale

Größtes Tier der Welt, bis zu 33 m lang und bis zu 200 Tonnen schwer, verbringt den Sommer in den Polregionen, die im Norden lebenden Tiere sind kleiner als ihre antarktischen Verwandten, charakteristische hohe Fontäne beim Ausatmen. Bestand: ca. 10000–20000 weltweit (Anfang des 20. Jahrhunderts waren es noch ca. 200000).

Finnwal 
Balaenoptera physalus
Fin whale

Bis 24 Meter Länge; nach dem Blauwal das zweitgrößte Tier der Erde, lebt sowohl auf der Nord- als auch der Südhalbkugel. Verbringt jeweils den Sommer in polaren Regionen, weshalb sich Nord- und Südpopulation nie begegnet. Häufiger als der Blauwal, dennoch gefährdet.

Grönlandwal
Balaena mysticetus
Bowhead whale

Bis 18 Meter lang, dunkelblaue Farbe, lebt ausschließlich in arktischen Meeren, kann über 200 Jahre alt werden. Der Kopf nimmt bis zu einem Drittel der Gesamtlänge ein. Stark wirtschaftlich genutzt (Fett und Barten), wurde er 1931 als erste Wildtierart überhaupt unter Schutz gestellt. Kommerzielle Jagd ist verboten, es gibt Sonderlizensen für die Inuit (ca. 50 jedes Jahr). Bestand ca. 5000–8000 Tiere. 

Buckelwal 
Megaptera novaeangliae
Humpback whale

12–15 Meter Länge, berühmt für seine Gesänge, charakteristische große Brustflossen. Verbringt den Sommer in Polargebieten und legt auf seinen jährlichen Wanderungen mehrere tausend Kilometer zurück. Hält sich oft in Küstennähe auf und die Chancen ihn dort beobachten zu können sind recht hoch. Bestand: ca. 125000, davon 25000 in nördlichen Polregionen. Steht seit 1966 unter Schutz.

Fische und Meeressäuger

Die in der Nähe der Küsten gelegenen Gewässer sind verhältnismäßig fischreich. So leben dort beispielsweise Lachse und Kabeljau. Auch verschiedene Krebsarten sind anzutreffen. Aber auch die größten Säugetiere der Erde, die Wale, lassen sich in den Gewässern der Arktis finden. Grönland-, Weiß- und Narwal gehören zu ihren Bewohnern. Wenn Sie Glück haben, werden Sie von Ihrem Schiff aus die Möglichkeit haben, einen dieser Meeresgiganten zu Gesicht zu bekommen.

Besonders typisch für die Region ist der Grönlandwal. Die Tiere leben ausschließlich in arktischen und subarktischen Gewässern und werden daher auch Polarwale genannt. Sie werden bis zu 18 Meter lang. Bekannte Aufenthaltsgebiete sind die Davis-Straße nördlich und westlich von Labrador, die Hudson Bay westlich von Alaska sowie nordsibirische Gewässer. Charakteristisch für den Wal ist der im Vergleich zum restlichen Körper überdimensioniert wirkende Kopf, der 30 bis 40 Prozent des gesamten Körpers ausmacht. Seine typische gewölbte Gestalt wird durch seinen stark gebogenen Oberkiefer hervorgerufen. Grönlandwale haben eine dunkelgraue bis schwarze Färbung und sind vor allem an einem cremefarbenen bis weißen Kehlfleck zu erkennen, auf dem sich eine Kette dunkler Punkte befindet. Eine der faszinierendsten Eigenschaften der Tiere ist ihre Fähig­keit, mit ihrem Kopf durch die Packeisschicht zu brechen. Es wurden in der Arktis bereits Tiere beobachtet, die eine bis zu 18 Zentimeter dicke Eisschicht durchbrachen. Vermutlich können die Wale mit Hilfe von Lauten die Eis­dicke abschätzen und so vermeiden, bei Wanderungen unter dem Eis in Gebiete zu geraten, die sie nicht mehr durchbrechen können. Die Grönlandwale erreichen ein erstaunliches Alter. Im Jahre 2007 fanden Forscher einen Wal, in dessen Körper eine Harpunenspitze aus dem Jahr 1890 steckte! Wie viele andere Tiere auch ist der Grönlandwal seit Jahrzehnten extrem bedroht. Bereits 1931 wurden die Tiere als erste Walart überhaupt vom damaligen Völkerbund unter Artenschutz gestellt. Heute ist es nur noch den einheimischen Inuit genehmigt, die Wale als Teil einer jahrhundertealten Tradition in begrenztem Maße zu jagen. Dennoch droht den Meeresgiganten durch die zunehmende Förderung von Öl in der Region große Gefahr. Wegen der teilweise sehr kleinen Populationen könnte schon ein einziger Unfall dramatische Auswirkungen haben.

Ein rätselhafter Bewohner der arktischen Gewässer ist der Grönlandhai, über den die Forscher bislang nur wenig wissen. Als gesichert gilt, dass auch diese Art uralt werden kann, es ist die Rede von mehreren hundert Jahren. Die Tiere können vier bis fünf Meter lang werden und zeichnen sich durch ihre äußerst langsame Fortbewegung aus. Sie tauchen in große Tiefen und die Wahrscheinlichkeit, einen von ihnen zu Gesicht zu bekommen, geht gegen Null.

Die Meerestiere der Arktis sind wesentlich besser an die Temperaturschwankungen angepasst als ihre Artgenossen in der antarktischen Region. Normalerweise würde die klirrende Kälte dem Leben im Meer keine Chance lassen. Die vielfältigen Strategien der Kälteanpassung der Polarmeerbewohner sind daher verblüffend. Eine Möglichkeit des Überlebens ist die Produktion von Glyzerin, einer Substanz aus Fett- und Kohlehydratverbindungen. Der Stoff, den wir von seiner Nutzung als Kühlflüssigkeit kennen, ist ein genialer Vereisungsverhinderer. Zahlreiche Krebse und Fische nutzen daher das Glyzerin zum Überleben. Andere komplexere Lebewesen verzichten hingegen auf rotes Blut, um im kalten Wasser leben zu können. Die roten Blutkörperchen sind zwar für die Speicherung von Sauerstoff zuständig, machen das Blut aber dickflüssig und frostempfindlich. Die sogenannten ›Weißblutfische‹ sind Lauerjäger, und so reichen ihnen zehn Prozent der Sauerstoffkapazität von normalem Blut völlig aus.

Schwarzer Heilbutt
Reinhardtius hippoglossoides
Greenland halibut

Plattfisch der Nordpolarmeere, der bis zu 120 cm lang werden kann. Vorkommen vor allem entlang der Küste Norwegens bis nach Spitzbergen, bei Neufundland, im Süden Grönlands, in der südlichen Barentsee sowie in der Tschuktschensee. Er wird vor allem um Island, Nordnorwegen und im Bereich von Westgrönland gefangen. Erhebliche wirtschaftliche Bedeutung. Gilt als gefährdet.

Grönlandhai
Somniosus microcephalus
Greenland shark

Mit 6,5 Metern Länge eine der größten Haiarten und die am nördlichsten vorkommende Art. Von den Inuit wirtschaftlich genutzt (Lebertran und Hundefutter). Bislang nur wenig erforscht.

Lodde
Malotus villosus
Capelin

Länge bis 25 cm. Wichtiger Futterfisch für Meeresräuber, kommt in großen Schwärmen vor.

Polardorsch 
Boreogadus saida
Arctic cod

Länge 25–40 cm. Kommt in der ganzen Polregion vor, die Jungtiere leben in Eisspalten. Wichtiger Nahrungslieferant für Seevögel und Meeressäugetiere.

Vögel

Die Arktis beherbergt auch zahlreiche Vogelarten: Lummen, Krabbentaucher und Papageientaucher bevölkern zu Tausenden die felsigen Küsten der Region. Auch in den nördlichsten Gebieten der Arktis lassen sich Vögel wie Schneeeulen und verschiedene Möwenarten vortrefflich beobachten. Zu den typischen Vogelarten zählen auch Sturmvögel und Seetaucher, wie der sehr schön anzuschauende Sterntaucher.

Ein besonders lustig anzusehender Vogel in der Arktis ist der Papageientaucher. Die Vögel lassen sich im nördlichen Polarmeer finden und kommen unter anderem an den Küsten Grönlands und Spitzbergens vor. Insgesamt leben 40 Prozent aller Papageientaucher in der arktischen Zone. Ihre dreieckigen, seitlich abgeflachten, rot-blau-gelben Schnäbel, ihre gedrungene, dickköpfige Gestalt und ihr schwarz-weißes Gefieder sowie die leuchtend orange-roten Füße machen die Tiere aus der Familie der Alkenvögel unverwechselbar. Die Vögel wiegen zwischen 320 und 480 Gramm und werden bis zu 29 Zentimeter lang. Ihre Flügelspannweite beträgt 47 bis 63 Zentimeter. Der Papageientaucher ist somit deutlich kleiner als der Tordalk oder der Trottellumme, zwei andere Vertreter der Alkenfamilie. Besonders schön für Arktisreisende ist die Tatsache, dass die Vögel keine Angst vor Menschen zeigen. Auch wenn Sie den Papageientaucher aus der Nähe fotografieren, bleibt dieser seelenruhig sitzen und bietet so ein ideales Fotomotiv. Ihre Zutraulichkeit wurde den Vögeln früher häufig zum Verhängnis, denn man fing die ›Puffins‹, wie sie in Schottland heißen, zu Tausenden in Netzen, um sie zu verspeisen oder zu Tran zu verarbeiten. Die Nahrung der Papageientaucher besteht vor allem aus kleinen Schwarmfischen wie Sandaalen, Sprotten, Heringen oder kleineren Dorschverwandten. Im Winter jagen sie zudem noch Borstenwürmer sowie Krusten- und Weichtiere. Die Vögel tragen gefangene Fische quer im Schnabel, um ihre Unterwasserjagd fortsetzen zu können. Bei der Heimkehr zu ihrer Nisthöhle werden Papageientaucher häufig von Raubmöwen angegriffen. Die Brutzeit verbringen die Papageientaucher in Kolonien. Dazu bauen die Vögel ihre Nester gerne in verlassenen Bauen von Kaninchen oder Sturmtauchern. Nicht selten graben die Tiere aber auch Bruthöhlen. Außerhalb der Brutzeit leben die Vögel auf dem offenen Meer. Durch Überfischung der Meere sind Papageientaucher heutzutage vielerorts vom Aussterben bedroht, weil sie nicht mehr genügend Nahrung finden. In manchen Kolonien verhungerten Jungvögel zu Tausenden. 

Insekten wie Bienen, Wespen, Fliegen, Schmetterlinge, Käfer und Heuschrecken treten in allen vegetationsbedeckten Teilen der Arktis auf und vervollständigen die trotz der eisigen Kälte erstaunlich reichhaltige Tierwelt der Region.

Alkenvögel (Alcidae)

Trottellumme
Uria aalge
Common guillemot

Etwa so groß wie eine Stockente, weißer Bauch, einfarbig braunschwarzer Rücken und Flügeloberseiten, läuft auf den Fußwurzeln, daher der Namen, brütet in der gesamten arktischen und subarktischen Region in steilen Felswänden. In Deutschland Vorkommen auf Helgoland.

Dickschnabellumme
Uria lomvia
Brünich’s guillemot

Ähnelt in Aussehen und Lebensweise der Trottellumme, insgesamt aber etwas kräftiger, das dunkle Halsgefieder reicht bis zur vorderen Brust. Kommt überall in der Polarregion vor.

Gryllteiste (Schwarzlumme)
Cepphus grylle
Black guillemot

Mittelgroßer Vogel mit prächtigem schwarzen Gefieder, weiße Flecken auf den Flügeloberseiten, rote Füße. Kommt an allen nordpazifischen Küsten vor. In Europa größere Vorkommen auf Island, in Norwegen sowie in Schottland. Brütet an Steilküsten.

Papageitaucher
Fratercula arctica
Atlantiv Puffin (Sea clown)

Wegen seines attraktiven Aussehens und seiner Drolligkeit der Star unter den Alken. Etwa taubengroß, dunkelgrau mit orangerotem Schnabel und roten Füßen. Vorkommen an allen Küsten der Nordatlantiks sowie im westlichen Polarmeer. Brütet in großen Kolonien an Steilklippen.

Entenvögel (Anatidae)

Eisente
Clangula hyemalis
Long tailed duck

Die kleinste der Tauchenten und die häufigste Entenart der Arktis. Das Männchen ist braun und weiß und hat prachtvolle lange Schwanzfedern, das Weibchen ist bräunlich und unscheinbarer. Gilt seit einigen Jahren als gefährdet.

Eiderente
Somateria mollissima
Common Eider

Relativ große und kräftige Ente, die an allen arktischen Küsten lebt. Männchen auffällig schwarz-weiß, Weibchen graubraun gelblich gebändert. Wichtiger Daunenlieferant. Die nördlichen Populationen ziehen im Winter nach Süden, die südlichen Populationen sind Standvögel.

Kanadagans
Branta canadensis
Canada goose

Die weltweit häufigste Gans, die durch ihren unverwechselbaren V-förmigen Zug in die Winterquartiere bekannt ist. Größte Gänseart, graues Gefieder mit schwarzem Hals und Kopf. Unverwechselbar durch ihr weißes Kinnband. Natürliche Vorkommen ursprünglich Kanada und Nordamerika, später in Nordeuropa gezielt angesiedelt sowie aus Gefangenschaft entkommen.

Prachteiderente
Somateria spectabilis
King Eider

Brütet an allen Küsten des des nördlichen Eismeeres, die Männchen tragen einen auffälligen bunten Stirnhöcker und hellblaues Kopfgefieder, die Weibchen sind bräunlich gelb gebändert. Vereinzelt im Winter an Nord- und Ostsee anzutreffen.

Ringelgans
Branta bernicla
Brent Goose

Kleine Meergans mit braun-schwarzem Gefieder, heller Unterseite und einem dunklen Kopf und einem hellen Halsring. Kommt in artktischen Eis- und Tundraregionen vor. An der Nordseeküste trifft man sie als Wintergast. Sind zur Nahrungssuche auf Ufer und Wattzonen gebunden. Als Schädlinge an der Wintersaat von der küstennahen Landwirtschaft gefürchtet.

Schneegans
Anser caerulescens
Snow goose

Mittelgroße Gans, die in einer weißen und einer blaugrauen Farbvariante vorkommt. Bildet große Kolonien, Vorkommen im Norden von Sibirien und Kanada sowie auf Grönland. Überwintert vor allem in den Vereinigten Staaten. Neben der Kanadagans die häufigste Gänseart in Nordamerika. Lange eine wichtige Jagdbeute.

Regenpfeifer (Charadriidae)

Kiebitzregenpfeifer
Pluvialis squatarola
Black-bellied plover

Etwas größer und kräftiger als der Goldregenpfeifer, auch die Beine sind länger. Federn schlichter graubraun, zur Brutzeit tragen auch hier beide Geschlechter ein auffälliges Prachtkleid mit schwarzer Bauchseite. Brutreviere in der arktischen Tundra, bevölkert während der Zugzeit die Küsten Europas.

Goldregenpfeifer
Pluvialis apricaria
Golden plover

Verbreitet in Island, Skandinavien, Sibirien. Ungefähr drosselgroßer brauner Vogel mit goldgelben Einsprengseln und dunklerer Unterseite. Auffälligeres Prachtkleid zur Brutzeit. Watvogel der auf nassen Böden (Wiesen, Heiden) brütet. Weiter südlich als Brutvogel fast ausgestorben, aber als Durchzug- bzw. Wintervogel in Küstennähe zu sehen.

Strandläufer
Calidris (zahlreiche Unterarten)
beach runner

Kleine Watvögel, die vor allem an Küsten und in Feuchtgebieten zu finden sind. Charakteristisch sind die meist bräunliche Färbung der Federn, der lange Flügel und ein kurzer Schwanz. Eine große Zahl brütet in der arktischen Tundra, sie sind ausgesprochene Zugvögel, manche Arten sind drei Viertel ihres Lebens unterwegs.

Möwen (Laridae)

Eismöwe
Larus hyperboreus
Glaucous gull

Große Möwe (Spannweite bis zu 1,5 Meter), weißes Gefieder mir sehr hell graugefärbten Flügeln. Gelber Schnabel, rote Beine. Allesfresser, häufig in der Nähe von Brutkolonien anderer Vögel, deren Nester sie ausraubt. Brutvogel an den Küsten von Spitzbergen und Grönland, aber auch in der subpolaren Zone; manchmal Wintergast an der Ostsee. Wird oft mit der Polar-möwe verwechselt.

Silbermöwe
Larus argentatus
European herring gull

Häufigste Möwe in Mittel- und Nordeuropa, nördlichste Vorkommen auf Island; weiß mit grauen Flügeln, schwarze Flügelspitzen, hellrosa Beine. Spannweite bis 1,5 Meter. Brütet an Steilküsten, aber auch in Dünen und Salzwiesen.

Polarmöwe
Larus glaucoides
Iceland gull

Mittelgroße Möwe (Spannweite bis 1,2 Meter), die an den Steilküsten des südlichen Grönlands und in der Baffin Bay brütet. Weiß mit grauen Flügeln. Kleiner und mit zierlicherem Kopf als die Eismöwe. Schnabel gelb-oliv, Beine rosa bis gräulich. Überwintert im Nordatlantik, vor allem auch auf Island. Ernährt sich von Fischen und Krebstieren.

Dreizehenmöwe
Rissa tridactyla
Black-legged kittiwake

Relativ kleine Möwe (Spannweite 95 cm), aufällig kurze, grau bis schwarze Beine, graue Flügel mit schwarzen Enden. Brutgebiete an den Küsten der gesamten Arktis, Überwinterungsgebiete in den gemäßigten Küstenzonen des Atlantik und Pazifik.

Bonapartemöwe
Chroicocephalus philadelphia
Bonaparte’s gull

Kleinere elegante Möwe mit grauen Flügeln und schwarzen Schwanzfedern, im Prachtkleid schwarzer Kopf, ansonsten schwarze Flecken um die Ohren. Sehr ähnlich der Lachmöwe; rote Beine, Spannweite 90 bis 100 cm. Brutvorkommen hauptsächlich im Süden Alaskas. Überwintert an Ost- und Westküste der USA.

Lachmöwe
Chroicocephalus ridibundus
Black-headed gull

Eine der kleinsten Möwenarten mit einer Spannweite von ca. 85 bis 95 cm. Brütet ausschließlich im Norden Eurasiens, häufig im Binnenland. Überwintert in gemäßigten Zonen. Auffällig sind die schwarzen Spitzen der ansonsten hellgrauen Flügel und der im Prachtkleid braun gefärbte Kopf. Schnabel und Beine sind rot. Sehr häufig.

Ammern (Emberizidae)

Schneeammer 
Plectrophenax nivalis
Snow bunting

Brütet in der Tundra des nördlichen Norwegen und auf Island zwischen Steinen und Gras auf dem Boden. Etwa 16 cm groß (wie Sperling). Sommerkleid Männchen: schwarzer Rücken, weiße Unterseite, gelber Schnabel. Sommerkleid Weibchen: braunes Obergefieder mit dunklen Streifen, weißliche Unterseite. Beide haben einen gelben dicken Schnabel. Wintergäste in Norddeutschland, Frankreich und Polen.

Spornammer
Calcarius lapponicus
Lapland longspur

Ebenfalls etwa sperlingsgroß, Weibchen graubraun gefleckt, Männchen mit auffälliger Kopfzeichnung im Brutkleid: schwarzer Kopf mit weißen Streifen an der Halsseite sowie rostbraunem Nacken. Beide mit gelben kurzen Schnäbeln. Vorkommen wie Schneeammer. 

Raufußhühner (Tetraoninae)

 

Alpenschneehuhn
Lagopus muta
Rock ptarmigan

Gehört zur Familie der Fasanenartigen und kommt als Brutvogel zirkumpolar in der gesamten Arktis vor. Auf Spitzbergen ganzjährig (Standvogel). In Mitteleuropa nur im alpinen Bereich, dort auch ganzjährig. Männchen mit weißer Unterseite und schwarzweiß gefleckten Flügeln und Hals und einem roten Fleck über den Augen. Weibchen einheitlich rötlichbraun gefleckt. Beide haben eine weiße Flügelunterseite und schwarze Schwanzfedern. Wechseln viermal im Jahr ihr Federkleid, um sich der Umgebung anzupassen, im Winter sind beide Geschlechter fast weiß. Größe 35­–­40 cm, Spannweite 55–60 cm.

Moorschneehuhn
Lagopus lagopus
Willow ptarmigan

Etwas größer als das nah verwandte Alpenschneehuhn, im Sommer beide Geschlechter rötlichbraun mit weißer Unterseite, im Winter beide weiß. Vorkommen zirkumpolar von Skandinavien über Sibirien bis Nordamerika. Häufig im nordöstlichen Asien. Meist sind sie Standvögel. Bis ins 17. Jahrhundert auch in Mitteleuropa verbreitet. Durch Trockenlegung von Sümpfen dort allerdings ausgestorben.

Habichtartige (Accipitridae)

Raufußbussard
Buteo lagopus
Rough-legged buzzard

Etwas größer als der Mäusebussard (Körperlänge bis 63 cm), aber ähnliches Gefieder. Im Flug sieht er von unten sehr hell aus. Kommt als Brutvogel zirkumpolar vor, außer auf Spitzbergen, Grönland und Island. Ausgeprägter Zugvogel, der im Winterhalbjahr auch in Mitteleuropa vorkommt. Gilt als ungefährdet.

Steinadler
Aquila chrysaetos
Golden eagle

Großer Greifvogel (Körperlänge Weibchen bis 100 cm, Männchen etwas kleiner), der seinen Lebensraum weiter südlich hat, aber an der gesamten norwegischen Küste sowie auf Kamtschatka und in Teilen Alaskas vorkommt. Gilt insgesamt als ungefährdet, ist aber durch intensive Bejagung regional ausgestorben oder stark gefährdet.

Falkenartige (Falconidae)

Wanderfalke
Falco peregrinus
Peregrine falcon

Großer Falke (Körperlänge Weibchen bis 51 cm). Kommt weltweit vor, außer in der Antarktis. Die nördlichen Vertreter sind ausgesprochene Zugvögel, in gemäßigten Breiten auch oft Standvögel. Rücken dunkelbraun, helle Brust, charakteristische dunkle Färbung der Wangen. Ernährt sich fast ausschließlich von kleinen Vögeln. In der Mitte des 20. Jahrhunderts wurde der Bestand durch den Einsatz von DDT stark vermindert. Mittlerweile gilt er wieder als ungefährdet. Kulturfolger, der zunehmend in Städten heimisch wird.

Gerfalke
Falco rusticolus
Gyrfalcon

Größter Vertreter der Falken (Länge bis 60 cm), kommt in den Tundralandschaften aller arktischen Regionen ganzjährig vor. Gefiederfarben sehr variabel von fast weiß mit dunklen Einsprengseln bis fast einfarbig dunkelbraun. Deswegen sind sie leicht mit anderen Greifvögeln zu verwechseln. Sie gelten als besonders gefährdet durch den Klimawandel.

Verschiedene

Eissturmvogel
Fulmarus glacialis
Northern fulmar

Ein Möwensturmvogel, der bis zu 52 cm groß wird. Kommt im Nordatlantik sowie im Nordpazifik vor. Oberseite graublau, Hals und Bauch weiß bis dunkelgrau. Verbringt viel Zeit über dem offenen Meer und ist ein guter Taucher. Fliegt meist dicht über dem Wasser. Nördlichste Kolonie auf Grönland an der Packeisgrenze. Gilt als ungefährdet.

Kanadakranich
Grus canadensis
Sandhill crane

Brütet in den arktischen und subarktischen Zonen Alaskas und Kanadas sowie im nordöstlichen Asien. Körperlänge bis 160 cm. Gleichmäßig graubraun gefärbt mit roter Stirn, während der Mauser ist das Gefieder rotbraun. Lässt sich von Reihern durch sein ständiges Rufen unterscheiden. Breites Nahrungsspektrum, das sich dem Angebot anpasst.

Sterntaucher
Gavia stellata
Red-throated loon

Relativ großer Schwimmvogel (Länge bis 67 cm), der in allen Taiga und Tundralandschaften der nördlichen Hemisphäre vorkommt und nur zur Brutzeit an Land geht. Im Prachtkleid gut an seinem dunkelrote Halsfleck zu erkennen, Rücken und Flügeloberseite grau-braun. Im Schlichtkleid Oberseite grau-weiß gestrichelt. Es gibt sowohl Standvögel als auch Kurzstrecken­zieher. Kann auch regelmäßig im mittel­europäischen Binnenland beobachtet werden.

Schneeeule
Bubo scandiaca
Snowy owl

Ein typischer Bewohner der arktischen Tundren, Länge bis 66 cm, Spannweite bis 157 cm. Erwachsene Männchen sind fast weiß, Jungtiere und Weibchen haben dunkle Flecken oder Bänder im Gefieder. Dichtes Gefieder an den Füßen (Schneeschuhe). Sie folgen in ihrer Verbreitung ihren Beutetieren (vor allem Lemminge), die sie auch tagsüber jagen. Gilt derzeit als ungefährdet.

Kolkrabe
Corvus corax
Common raven

Großer schwarzer Rabenvogel (Körperlänge bis 67 cm). Weit verbreitet in der nördlichen Hemisphäre. Besiedelt u.a. die küstennahen Regionen Grönlands sowie Alaskas und Kanadas. Im Osten reicht das Vorkommen bis Kamtschatka. Reiches Spektrum an Lautäußerungen, guter Imitator von Geräuschen. Sehr anpassungsfähiger Allesfresser. Durch intensive Verfolgung durch den Menschen regional fehlend bzw. selten, insgesamt jedoch nicht gefährdet.

Die Pflanzenwelt

Allgemein betrachtet sind in der arktischen Region vier unterschiedliche Vegetationszonen anzutreffen: Die boreale Nadelwaldzone (Taiga), die baumlose südliche Tundra, die nördliche Tundra sowie die Kälte- und Eiswüste. Diese Zonen unterscheiden sich hauptsächlich durch die durchschnittliche Jahrestemperatur.

Die nördliche Hemisphäre ist umgeben von einem Nadelwaldring. Nördlich davon beginnt die arktische Tundra. Die Böden in der Tundra sind entweder zu sandig oder zu aufgeweicht, um das Wachsen von tiefwurzelnden Pflanzen zu ermöglichen. Die Pflanzen haben in der Tundra daher flache, weit verzweigte Wurzeln, ihre Blüten wirken empfindlich und zerbrechlich. Sie wachsen in der Regel sehr nah am Boden, wo die Temperaturen etwas höher sind und der Wind nicht seine volle Wirkung erreichen kann.

Trotz der enormen Anpassungsfähigkeit vieler Pflanzenarten setzen die ungünstigen Bodenbedingungen dem Wachstum höherer Gewächse enge Grenzen. Die Wurzel einer Weide kann beispielsweise nur wenige Zentimeter Durchmesser haben und dennoch mehrere Jahrhunderte alt sein. Größere Pflanzen wie Bäume lassen sich nur an den Randgebieten des arktischen Gebietes, in der sogenannten borealen Nadelwaldzone, finden.

Im arktischen Frühling erwacht die Pflanzenwelt jedoch durchaus zu einer erstaunlichen Üppigkeit. In der Tundra wachsen dann Moose, lugen Sträucher, Geflechte und sogar Blütenpflanzen schüchtern aus der Erde. Zusammen bieten sie so ein farbenintensives Pflanzenkleid, in dem sich die Rauheit der klima­tischen Bedingungen widerspiegelt. Nicht ganz ohne Grund haben also die Wikinger einer der arktischen Inseln den Namen Grönland (›Grünland‹) gegeben.

Insgesamt wachsen in der Arktis mehr als 4000 verschiedene Pflanzenarten. Davon gehören aber nur etwa 500 zu den sogenannten höheren Pflanzen. Die Blütenpflanzen lassen sich in Spaliersträucher, Polsterpflanzen, Gräser und Seggen sowie Rosettenpflanzen einteilen. Die Vegetation der Arktis ist sehr empfindlich, daher sollten Pflanzen auf keinen Fall gepflückt oder ausgegraben werden. Um die dünne Pflanzendecke nicht zu gefährden, sollten die befestigten Wege zudem nicht verlassen werden.

Die Vegetationsperiode beträgt gerade einmal drei bis vier Monate. Für die Pflanzen ist es daher aufgrund des kurzen Sommers wichtig, möglichst früh zu blühen. Zudem haben sie erstaunlich raffinierte Techniken entwickelt, um ihren Fortbestand zu ermöglichen. Um zu verhindern, dass Samen im Winter oder in einer ausgehenden Vegetationszeit keimen und damit den Winter nicht überstehen, sind die meisten arktischen Arten Frostkeimer, das heißt, ihre Samen erlangen die Keimfähigkeit erst nach dem Durchleben eines Frostes. Für das besonders surreal wirkende Phänomen des Blutschnees sind übrigens Algen verantwortlich. Ihre Sporen enthalten rote Farbstoffe (Carotinoide). Wenn diese in größerer Menge auftreten, können sie die arktischen Schnee- und Eisflächen rot färben.

Südlich des 70. Breitengrades erstreckt sich die niederarktische Tundra. Ausreichende und vor allem regelmäßige Niederschläge sorgen hier für ausreichende Feuchtigkeit. Eine der häufigsten Vegetationsformen ist die Zwergstrauchheide. Besonders häufig kommen hier auch Knöterich, Weidenröschen, Wollgras und flach wachsende Birken und Weiden vor, ebenso die schwarze Krähenbeere, die echte Bärentraube, Blaubeere, Rauschbeere, Preiselbeere sowie Bärlapp.

Für einen sehr schönen Farbtupfer in der arktischen Landschaft sorgt der Arktische Mohn. Zusammen mit der Arktischen Weide ist diese Pflanze aus der Familie der Mohngewächse die am weitesten im Norden lebende Pflanze. Beide überleben noch nördlich des 82. Breitengrads. Um dies zu gewährleisten, hat der Arktische Mohn eine spezielle Wärmeaufnahme. Die Blütenblätter der Pflanze sind so geformt, dass sie die Sonnenstrahlen einfangen und auf die Fruchtknoten im Blütenzentrum reflektieren. Dabei wenden sich die Blütenköpfe der Sonne rotierend zu und lassen deren Strahlen immer in optimalem Einfallswinkel stehen. Auf diese Weise gelingt es der Pflanze, die Temperatur zu steigern und die Samenreifung in kürzester Zeit zu ermöglichen – im kurzen arktischen Sommer wesentlich für das Überleben der Art. Je näher man dem Nordpol kommt, desto spärlicher werden jedoch die zu entdeckenden Pflanzen. In den kältesten Teilen der Arktis ist der Boden karg und ohne jegliche Vegetation. Hier regiert die ewige Kälte, die ihre ganze eigene Ästhetik hat.

Knöllchenknöterich
Bistorta vivipara
Alpine Bistort

Arktisches Hornkraut
Cerastium arcticum
Arctic Mouse-ear

Felsenblümchen
Draba oxycarpa
Pale Whitlowgrass

Zwergbirke
Betula nana
Dwarf Birch

Vierkantiges Heidekraut
Cassiope tetragona
White Arctic Bell-heather

Arktisches Weidenröschen
Chamerion latifolium
Dwarf Fireweed

Silberwurz
Dryas octopetala
Mountain Avens

Svalbardmohn
Papaver dahlianum
Svalbard Poppy

Nördliche Himmelsleiter
Polemonium boreale
Boreal Jacob‘s Ladder

Alpensäuerling
Oxyria digyna
Mountain Sorrel

Rauhes Läusekraut
Pedicularis hirsuta
Hairy Horsewort

Schwefelgelber Hahnenfuß
Ranunculus sulphureus
Sulphur-coloured Buttercup

Fetthennensteinbrech
Saxifraga aizoides
Yellow Saxifrage

Rasensteinbrech
Saxifraga cespitosa
Tufted Saxifrage

Schlangensteinbrech
Saxifraga platysepala
Spider Plant

Nickender Steinbrech
Saxifraga cernua
Drooping Saxifrage

Moorsteinbrech
Saxifraga hirculus
Marsh Saxifrage

Stengelloses Leimkraut
Silene acaulis
Moss Campion

Die Menschen in der Arktis

Die Arktis ist eine im globalen Vergleich gesehen nur sehr dünn besiedelte Region der Erde, was natürlich vor allem mit den extremen Lebensbedingungen in der ewigen Kälte des hohen Nordens zu erklären ist. Insgesamt leben gerade einmal zwei bis vier Millionen (je nach Definition der arktischen Grenzen) Menschen in diesem riesigen Gebiet.

Die indigenen Bevölkerungsgruppen

Bereits lange bevor die Europäer die Arktis entdeckten, gab es dort bereits eine verstreut lebende indigene Bevölkerung. Diese ursprünglichen Bewohner des Nordens, die sogenannten Paläoeskimos, gehören ethnisch gesehen vielen verschiedenen Gruppen an. Gemeinsam ist ihnen allerdings, dass sie alle ursprünglich aus dem asiatischen Raum stammten und in die arktischen Regionen einwanderten. Frühzeitliche Forscher gehen davon aus, dass sich die ersten indigenen Völker bereits vor über 10 000 Jahren im äußersten Norden des amerikanischen Kontinents niederließen. Die schrittweise Eroberung des Gebietes muss aus der heutigen Sicht mit ungeheuren Anstrengungen und Entbehrungen verbunden gewesen sein. Die Lebensbedingungen im hohen Norden stellten eine große Belastung für die indigenen Völker dar, die sie jedoch über die Jahrtausende – im Gegensatz zu vielen eingewanderten Europäern – perfekt gemeistert haben.

Die Jagd auf Robben, Walrosse und der Fischfang wurden zu Lebensgrundlagen der Menschen an den Küsten. Im Landesinneren sicherte man sich seine Existenz vor allem durch die Rentierjagd. Doch die Menschen mussten im Laufe der Zeit nicht nur mit der lebensfeindlichen Umwelt zurechtkommen, auch die europäischen Mächte und ihr teils rücksichtsloses Interesse an der Region machten ihnen das Leben schwer.

Die Bewohner der Arktis wurden lange Zeit vor allem als ›Eskimos‹ bezeichnet, wobei die Herkunft der Bezeichnung umstritten ist. Viele der indigenen Einwohner der Arktis empfinden den Begriff Eskimo jedoch als herabsetzend, weshalb er heute nur noch selten verwendet wird. Die Sprachen der indigenen Bevölkerungen unterscheiden sich – obwohl sie auf gemeinsamen Wurzeln aufbauen – innerhalb der unterschiedlichen Gebiete der Arktis sehr voneinander.

Die Völker des arktischen Raums werden heute aus anthropologischer Sicht drei großen Kulturbereichen zugeordnet: Im asiatischen Raum leben neben den Inuit vor allem zahlreiche sogenannte paläoasiatische Stämme. In der nord­amerikanischen Region leben verschiedene Eskimostämme. In den subarktischen Gebieten leben india­nische Völker, und in Grönland leben neben Inuit die West- und Ostgrönländer. Hier soll es im Weiteren vor allem um die indigenen Bevölkerungsgruppen der Arktis gehen, da es diese waren, die über die Jahrhunderte das Leben in den arktischen Regionen prägten und in enger Verbindung mit ihrer Umgebung eine außergewöhnliche Lebensweise entwickelten.

Neben den indigenen Völkern leben in den Arktis noch zahlreiche Menschen aus Skandinavien, Russland und Nordamerika, die sich im Laufe der Zeit in den polaren Gebieten niedergelassen haben.

Die Jakuten

Die zahlenmäßig größte indigene Gruppe unter den Nordvölkern stellen die Jakuten dar. Sie sind aus der ethnischen Perspektive gesehen ein sogenanntes Turkvolk. Sie stehen heute traurigerweise trotz ihrer großen Zahl auf der Liste der bedrohten Völker. Um das Jahr 1000 brachen sie von ihrem ursprünglichen Siedlungsgebiet am heute in Russland liegenden Baikalsee auf und ließen sich an der Lena – einem der längsten Flüsse der Erde – in Sibirien nieder. Heute leben etwa 400 000 von ihnen in der autonomen Republik Sacha (deutsch: Mensch) innerhalb der Russischen Föderation im fernöstlichen Sibirien. Hauptstadt der Republik ist Jakutsk mit ungefähr 240 000 Einwohnern. Flächenmäßig ist Sacha das größte Föderationssubjekt der russischen Föderation und besitzt weitgehende Autonomierechte. Zur Zeit der sowjetischen Herrschaft war dies keineswegs der Fall. Vor allem die kommunistischen Machthaber versuchten mit aller Gewalt, die Eigenständigkeit der Jakuten zu beenden und sie zu assimilieren. Heute stellen die Jakuten knapp vor den Russen jedoch wieder die größte Bevölkerungsgruppe in Sacha.

Das ganze Territorium der Jakuten ist von Permafrostboden überzogen. In Sacha wird diese Tatsache mit einer mythischen Legende erklärt: Als Gott die Erde erschuf, so erzählt man sich dort, schickte er einen Engel mit einem Sack voller Reichtümer über Sibirien. Als der Engel Jakutien überflog, wurden ihm aber die Finger vor Kälte steif und er ließ alles fallen. Gold, Silber und Platin fielen auf die Erde herab. Aus lauter Zorn über seinen erlittenen Verlust strafte der Engel aber die ganze Region mit einem nie endenden Winter. So ist Sacha heute reich an Rohstoffen, jedoch gefangen in der ewigen Kälte.

Obwohl viele der Jakuten im 18. Jahrhundert nach ihrer Unterwerfung durch die Russen zum christlichen Glauben bekehrt wurden, haben sich in einigen Regionen bis heute die traditionelle Vorstellungen des Schamanismus erhalten. 

Die Lebensweise der Jakuten ist ebenfalls zweigeteilt. Während sich einige nach wie vor wie ihre Vorfahren als Nomaden (Fischer und Jäger) ihre Lebensgrundlage erwirtschaften, haben andere die moderneren Formen der russischen Landwirtschaft und Viehhaltung übernommen. Erhalten hat sich bis heute aber die Sprache der Jakuten, das Jakutische (auch ›sibirische Turksprachen‹ genannt). Es gehört zur Familie der Turksprachen, nimmt dort aber eine Sonderstellung ein, da es auch Elemente des Mongolischen aufweist. Heute ist Jakutisch die Muttersprache von etwa 94 Prozent der Jakuten sowie Zweitsprache von gut 5000 Menschen.

Die Inuit

Neben den Jakuten sind die Inuit mit ungefähr 150 000 Menschen eine der größten polaren indigenen Bevölkerungsgruppen. Von den verschiedenen Inuitgruppen leben etwa 50 000 in Grönland, ebenso viele in der kanadischen Arktis. Die restlichen verteilen sich über die unterschiedlichsten Regionen der Arktis. Die Situation der Gruppen unterscheidet sich je nach dem Staat, in dem sie leben.

Im Norden Kanadas verfügen die Inuit beispielsweise über ein selbständig verwaltetes Territorium, das den Namen Nunavut (deutsch: ›Unser Heimatland‹) trägt. Das Territorium, das immerhin ein Fünftel des kanadischen Staatsgebietes ausmacht, ist zwar formal der kanadischen Bundesregierung untergeordnet, verfügt aber seit 1999 über eine autonome Verwaltung und weitgehende Rechte. Es ist das erklärte Ziel Kanadas, den Inuit damit eine Möglichkeit zu bieten, ihre eigene Kultur zu leben und zu pflegen. Nach vielen Jahren einer restriktiven Politik gegenüber den Arktisvölkern ist dies sicher ein wichtiger Schritt hin zur Erhaltung der arktischen Kulturen.

Auch in Grönland haben die dort lebenden Inuitgruppen (insgesamt leben auf der Insel drei zu unterscheidende Gruppen) sehr weitgehende Autonomierechte. Obwohl formal immer noch zu Dänemark gehörend, besitzt das Land, das hauptsächlich von der indigenen Bevölkerung bewohnt wird, vor allem seit dem Inkrafttreten der Selbstverwaltungsordnung vom 22. Juni 2009 eigenständige Institutionen.

Wie Wissenschaftler anhand von gefundenen kulturellen Gegenständen feststellen konnten, kamen die ersten Inuit bereits vor tausenden von Jahren in die Region nördlich des Polarkreises und erschufen sich dort eine einzigartige und bis heute faszinierende Kultur. Innerhalb der Inuit gibt es sehr viele verschiedene Gruppen, die sich nach ihrer geografischen und politischen Lage und nach ihrer Geschichte unterscheiden.

Die traditionelle Sprache, das ›Inuktitut‹ (deutsch: ›Sprache der Menschen‹), wird zwar in einigen Gegenden der Arktis gesprochen und gepflegt, doch übernahmen die meisten der Inuit die Landessprachen der Nationen, in denen sie wohnen. Es wird heute davon ausgegangen, dass es noch etwa 80 000 Sprecher des Inuktitut gibt. Die Sprache gehört zur Gruppe der eskimo-aleutischen Sprachen und gliedert sich regional in verschiedene Dialekte. Die Sprache besitzt ein sehr reiches morphologisches System, in dem verschiedene Morpheme an Wurzelwörter angehängt werden können (so wie Verb-Endungen in europäischen Sprachen). Damit können mit einem Wort Sachverhalte zum Ausdruck gebracht werden, für die das Deutsche mehrere Wörter benötigen würde. So bedeutet das Wort ›tusaatsiarunnanngittualuujunga‹ auf Deutsch: ›Ich kann nicht sehr gut hören‹. Seien Sie jedoch unbesorgt, keiner wird von Ihnen erwarten, dass Sie die Sprache beherrschen! Mehrere Inuit-Gruppen bemühen sich in zunehmenden Maß, diese alte Sprache am Leben zu erhalten.

Erhalten hat sich auch die Jagdkultur der Inuit. Zur Fortbewegung auf dem Wasser nutzen sie traditionelle Boote, die Kajaks, während sie sich auf der schneebedeckten Landfläche vor allem mit Hilfe von Hunden auf Schlitten bewegen.

Die Samen

Ein weiteres indigenes Volk sind die Samen (früher unkorrekt Lappen genannt). Ihre Bevölkerungsgröße wird auf etwa 70 000 geschätzt. Die Samen verfügten nie über eine selbständige Staatlichkeit. Ihr Siedlungsgebiet erstreckt sich über die Staaten Norwegen, Finnland, Schweden und Russland. Seit Jahren versucht das Volk jedoch, sein Recht auf Autonomie einzufordern, was sich auch in einem wachsenden Nationalbewusstsein der Menschen und in einer eigenen samischen Flagge widerspiegelt. Mittlerweile besitzt das Volk auch ein länderübergreifendes Parlament, das jedoch so gut wie keine Rechte besitzt. Nach wie vor sind die Samen daher auf das Wohlwollen der jeweiligen Nationen angewiesen. Während ihnen beispielsweise Norwegen eine große Eigenständigkeit zugesteht, ist die Situation der Samen in Russland weitaus schwieriger.

Die genaue Herkunft der Samen konnte von der Wissenschaft bis heute nicht abschließend geklärt werden. Archäologische Funde beweisen jedoch, dass dieses nordische Volk bereits seit über 10 000 Jahren in der Region ansässig ist. Ähnlich wie bei den Jakuten haben sich einige Samen ihre traditionelle Natur­religion, den Schamanismus, bis heute erhalten. Nachdem die Naturreligion über die Jahrhunderte immer wieder gewaltsam unterdrückt worden war (so wurden beispielsweise Schamanen hingerichtet) besinnen sich heute immer mehr Samen ihrer traditionellen religiösen Wurzeln. Ein typisches Ritualinstrument der samischen Religion ist eine in bunten Farben und mit verschiedenen Sym­bolen bemalte Trommel, welche die ganze Welt symbolisiert. Zu den bekanntesten kulturellen Errungenschaften des Volkes, die in der ganzen Welt Anklang fand, gehört die Erfindung der Skier.

Mythen und Schamanismus im hohen Norden

Vor langer Zeit, so erzählt uns einer der zahlreichen Mythen der Arktis, lebten die Menschen in völliger Dunkelheit, bis ein Rabe kam und ihnen die Sonne brachte. Durch eine Unachtsamkeit verlor er jedoch einen Teil des Sonnenballs im Flug. Aus diesem Grund werden nur im Sommer die Tage und Nächte erhellt, während im Winter andauernde Finsternis herrscht.

Dieser Mythos ist nur einer von vielen, die sich die Völker der Arktis seit Jahrhunderten von Generation zu Generation weitererzählen, ausschmücken und umwandeln. Eine Schriftkultur hatten die Inuit nicht. In ihren Märchen und Mythen spiegeln sich vor allem die extremen Lebensbedingungen im hohen Norden wieder. Die Geschichten erzählen von Licht und Dunkelheit, von Zeiten des Hungers und Zeiten des Jagdglückes, von Menschen, die mystische Kräfte besaßen und von Begegnungen mit Geistern. Und immer wieder von den Tieren, die sie umgeben, die Teil ihres Lebens sind und die sie ernähren.

Bei den indigenen Völkern gilt Respekt vor Tier und Natur als der Schlüssel dafür, das Gleichgewicht in der Welt zu wahren. Viele Tiere werden von den Menschen hoch geachtet. So beispielsweise der Rabe, der mit seinem schwarzen Gefieder im Winter einen krassen Kontrast zu dem Weiß des Eises bildet, und der Polarbär, da er ihre Vorfahren das Jagen lehrte.

Der ursprüngliche Glaube der Polarvölker ist vor allem durch den Schamanismus geprägt. Der Schamane wird in dieser Glaubensvorstellung als Mittler zwischen der Welt der Menschen und der Welt der Geister verstanden. Diese Rolle können interessanterweise Frauen wie Männer übernehmen. Um sich der Rolle eines Schamanen als würdig zu erweisen, muss der zukünftige Angakok (so die eigentliche Bezeichnung des Schamanen) alleine aufbrechen und tagelang durch das ewige Eis wandern. Auf seinem Weg muss er mit gefährlichen Tieren kämpfen, die ihm, wenn er sie überwindet, in Zukunft als Schutzgeister dienen werden, und Geistern begegnen, die ihn in das Reich der Berge und Meere führen. Von ihnen wird der Anwärter auch in das geheime Wissen eingeführt und bekommt sein persönliches Schamanenlied. Wer solche Prüfungen überlebt, der wird wegen seiner außergewöhnlichen Kräfte von Menschen und Geistern gleichermaßen verehrt und gefürchtet. Ein Schamane kann jederzeit wieder in die Geisterwelt zurückkehren und dort mit seinen Geistern in Kontakt treten.

Die Kraft der Angakok wird vor allem dann nötig, wenn Hungerzeiten anbrechen. Er hat die Aufgabe, die gebrochene Balance zwischen den Menschen und den Tieren, die verärgert sind und sich zurückziehen, wieder herzustellen. Eine Möglichkeit, dies zu tun, ist es, mit dem Herrn der Tiere in Verbindung zu treten. Je nach Glaubensrichtung lebt dieser Herrscher entweder auf dem Mond oder auf dem tiefen Meeresgrund. Der Schamane beginnt, rhythmisch seine Trommeln zu schlagen, fällt zu Boden und verlässt seinen Körper. Später berichtet er den gespannt Wartenden von seinen Erlebnissen und Gefahren. Ist das Gleichgewicht immer noch nicht wieder hergestellt worden, versucht der Schamane mit Liedern und mit speziellen Amuletten den Zorn der Tiere zu besänftigen.

Diese animistische Schamanentradition hat sich leider nur in einigen Gegenden der Arktis bis heute erhalten. Auch vor den Völkern des hohen Nordens haben die Entwicklungen der Moderne nicht halt gemacht. Immer mehr weicht die traditionelle Selbstversorgung einem Tauschhandel, bei dem windige Pelzhändler ein gutes Geschäft auf Kosten der Nordvölker, aber auch auf Kosten der Tierwelt machen. Die Balance zwischen Mensch und Tier ist aus dem Gleichgewicht geraten. Europäische Missionare, getrieben von dem Wunsch, die ›Ungläubigen‹ zu bekehren, brachten zudem einen neuen Gott und ließen Internate und Krankenhäuser bauen, in denen die Kraft der Angakok keinen Platz mehr hatte. Einige der indigenen Bevölkerungsgruppen, und hier vor allem die jüngere Generation, beginnen sich jedoch wieder auf ihre traditionellen Glaubensvorstellungen zu besinnen und diese auch aktiv zu pflegen. Angesichts dieser einzigartigen Vorstellungswelt und aufgrund der Gefahr ihres Aussterbens ist dies sicher eine zu begrüßende Entwicklung.

Kultureller Wandel

Die Kultur der Inuit, die sich über Jahrtausende fast vollständig unabhängig von jedem äußeren Einfluss entwickeln konnte, veränderte sich in den nur 200 Jahren zwischen dem Beginn des 19. und dem Ende des 20. Jahrhundert von Grund auf. Die einstige Autonomie wandelte sich dabei in eine fast vollständige Abhängigkeit von westlichen Produkten und Märkten.

Um das Jahr 1850 lebten die Inuit den Winter über in ihren Schneehäusern, die wir besser als Iglus kennen. Der eigentliche Begriff Iglu bezieht sich jedoch keineswegs nur auf aus Schnee und Eis gebaute Behausungen, sondern auf Häuser im Allgemeinen. Die klassischen Schneehäuser besaßen einen Tunnel als Eingang, aus dem kalte Luft entweichen konnte. Zudem verfügten die ›Wohnungen‹ über eine höher gelegene Schlafplattform und ein aus Tierhaut gefertigtes Tuch, in dem Wasser gesammelt werden konnte. Geheizt wurden die Schneehäuser mit Öllampen. In den milderen Sommermonaten wohnten die Arktisbewohner in Zelten aus Robbenhaut. Die Ernährung bestand zu jener Zeit vor allem aus fettigem Essen, da Fett für das Überleben in der eisigen Kälte elementar war. Traditionell wurde das Essen im Kreis der Familie eingenommen. Die Mitglieder saßen um den Topf, beginnend mit dem Vater als Oberhaupt der Familie durfte jedes Familienmitglied nach und nach mit einem Messer ein Stück des Essens für sich abschneiden und verspeisen.

An der Kleidung der Inuit konnte Mitte des 19. Jahrhunderts die Herkunft der Person eindeutig bestimmt werden. Die regionalen Unterschiede waren nicht nur an der Form, sondern auch am Material und der Herstellungstechnik erkennbar. Neben den regionalen Unterschieden war auch entscheidend, für welchen Zweck ein Kleidungsstück gefertigt wurde. Robbendarm war als wasserabweisendes Material beispielsweise sehr gut für die Herstellung von Kleidung für die Kajakfahrt geeignet. Bei allen Unterschieden war jedoch vor allem wichtig, dass die Kleidung vor der arktischen Kälte schützen konnte.

Die einschneidende Veränderung in der Lebensweise der indigenen Bevölkerungen war der zwischen 1950 und 1960 stattfindende Prozess des Wechsels vom Nomadenleben der Menschen hin zur Sesshaftigkeit. Traditionell waren die Inuit auf der Suche nach Nahrung viel umhergezogen. Nun aber ersetzte das Holzhaus Iglu und Tierhautzelt. Immer mehr Luxusgüter wie Waschmaschine, Kühlschrank oder Elektroherd hielten Einzug in die Wohnungen. Statt mit dem Hundeschlitten bewegte man sich von nun an motorisiert, meist mit Vans, über die eisigen Pisten.

Auch das Familienleben veränderte sich. Die klassischen Rollenverteilungen zwischen Mann und Frau begannen mehr und mehr zu verwischen. Kunst und Handwerk gaben auch den Frauen die Möglichkeit eines eigenen Verdienstes. Lebte man früher noch in Großfamilien in Zelten oder Camps, waren es nun kleinere Familienstrukturen, die das Sozialgefüge prägten.

Auch viele Wertvorstellungen änderten sich rapide. In der klassischen Kultur hatten nur die eigenen Gegenstände wie Jagdwaffen oder Nähzeug zur eigentlichen persönlichen Habe gezählt. Das Land der Arktis war nach den alten traditionellen Vorstellungen im Besitz aller auf ihm lebenden Menschen. Mit der westlichen Lebenswelt kam jedoch auch das kapitalistische Denken in Besitzverhältnissen in den hohen Norden. Große Teile des Landes wurden privatisiert, und Eigentum entwickelte sich zunehmend zum Statussymbol.

Viele der Polarbewohner kamen nur sehr schlecht mit den einschneidenden Veränderungen und Anforderungen der neuen Lebenswelt zurecht und griffen zu Alkohol und anderen Drogen. Viele bis dato unbekannte Krankheiten wie Tuberkulose oder Kinderlähmung traten vermehrt auf. Auch wenn viele Neuerungen den Menschen der Arktis sicherlich manche Erleichterungen einbrachten, führten sie doch auch zu grundlegenden Veränderungen der Sozialstruktur und der traditionellen Bräuche der Inuit, so dass dieser Prozess zumindest ambivalent zu beurteilen ist.

Die Ureinwohner sahen sich gezwungen, sich völlig neuen Lebensbedingungen anzupassen, was auch zu erheblichen Verwerfungen in ihrem traditionellen Sozialgefüge und zu Verlusten auf kulturellem Gebiet führte.

Um die Aufrechterhaltung ihrer Lebensweise zu sichern, haben sich daher viele Inuitstämme mit der ›Inuit Circumpolar Conference‹ (deutsch etwa: Polarkreiskonzil der Inuit) eine selbständige und international agierende Interessenvertretung geschaffen. Das Konzil setzt sich mit den verschiedensten Themen auseinander: dem Ozonloch, dem Aussterben von Meeressäugern, dem Raubbau an Rohstoffen und mit sozialen Problemen wie dem Drogenmissbrauch der Inuit. Dieses Engagement fand bis in die Vereinten Nationen hinein Respekt und Anerkennung und kann sicher als Ausdruck einer wieder zunehmenden Selbstwertschätzung der Inuit gedeutet werden. Neben dem Konzil gibt es auch andere Organisationen, so beispielsweise die ›Labrador Inuit Association‹ und den ›Inuit Tapirisat of Canada‹, die sich aktiv für die Belange der Inuit einsetzen. Angesichts dieser Organisationen ist die Hoffnung sicher berechtigt, dass wir auch in Zukunft Teile der alten Traditionen und Vorstellungen der arktischen Völker bewundern können.

Kunst, Musik und Literatur

Viele der indigenen Völker unternahmen vor allem in den letzten Jahren große Anstrengungen, um ihre Traditionen und Bräuche auch mit ins 21. Jahrhundert zu nehmen. Musik, Kunst oder Literatur sind dabei die besten Möglichkeiten, die eigene Kultur lebendig zu halten und sie auch einem breiteren Publikum nahezubringen. Zudem lassen sie sich im Hinblick auf den zunehmenden Arktistourismus auch gewinnbringend vermarkten und bescheren den Arktisvölkern neue Möglichkeiten, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.

Bildende Kunst und Kunsthandwerk

Die künstlerische Darstellung der polaren Tierwelt hat in der Kultur der Polarvölker eine lange zurückreichende Tradition. Tiere wie Bären, Wale oder Raben galten in den alten religiösen Vorstellungen der Menschen als Geister und Schutzheilige und wurden verehrt. Meisterhaft geschnitzte Masken, aufwendig geschmückte Ritualkleidung und eine ganze Bandbreite an Instrumenten für die zeremoniellen Feiern gehören zu den schönsten Objekten dieser einzigartigen Kunstkultur. Viele der heutigen Künstler versuchen nun, an diese alten Traditionen anzuknüpfen und sie durch ihre Werke am Leben zu erhalten. Bildende Kunst und Kunsthandwerk sind vermehrt ab der Mitte der 1950er Jahre wieder als Quelle der Wertschöpfung aufgetaucht. Moderne Inuit-Künstler fertigen Grafiken und Skulpturen an, in denen die Seele der Vergangenheit fortlebt. Sie lassen sich dabei von den Märchen und der Fabelwelt ihrer Vorfahren inspirieren. Eines der am häufigsten vorkommenden Motive ist dabei die kunstvolle dargestellte Verbindung zwischen Mensch und Tier. Die Anfertigung von Serpentin- und Marmorskulpturen, Kunstgrafik, Wandbehängen und -teppichen, Schmuck, Keramiken und Puppen gibt heute einer großen Zahl von Künstlern aller Generationen neben Jagen und Fischen eine wesentliche Lebensgrundlage.

Eines der interessantesten Werke von Inuit-Künstlern und Künstlerinnen ist der Tupilak. Das Inuit-Wort ›Tupilak‹ bezeichnet in seiner direkten Übersetzung eigentlich die Seele oder auch den Geist eines Verstorbenen. Heute jedoch beschreibt das Wort Tupilak eine weite Auswahl von kleinen Figuren, die mythische oder spirituelle Geschöpfe darstellen. Die Figuren sind seit über 4000 Jahren in der Tradition und der Kultur der Inuit bekannt. Im Laufe der Zeit wurden die meist bis zu 20 Zentimeter großen Kunstwerke immer mehr zu trollähnlichen Wesen mit tierischen und menschlichen Zügen. Historisch gesehen wurde der Geist des Tupilaks vor allem dazu genutzt, um persönlichen Feinden Schaden zuzufügen. Oft wurde die Figur dazu in das Meer gesetzt, damit sie den Feind von sich aus finden und töten konnte. Dies war jedoch nicht ganz gefahrlos, denn wenn der Tupilak des Feindes über noch größere Zauberkräfte verfügte, konnte er den Angriff abwehren, zum Gegenangriff übergehen und den Besitzer des ersten töten. Heute sind die interessanten Tupilak-Figuren in ihren verschiedenen Formen und aus verschiedenen Materialien gefertigt in allen Fremdenverkehrsbüros und Andenkenläden erhältlich. Falls Sie sich für Kunst interessieren, werden Sie in der Arktis also auf jeden Fall fündig. Zudem tragen Sie mit einem Kauf der Objekte Ihren Teil dazu bei, die uralte Tradition der Polarkunst am Leben zu erhalten. Daher lohnt es sich, die Kunstobjekte direkt bei den Menschen vor Ort zu erwerben.

Literatur

Wie bereits erwähnt, verfügen die Völker des hohen Nordens über eine weit in Vergangenheit reichende Tradition der Mythen- und Legendenerzählung. Die Geschichten sind jedoch ausschließlich mündlich überliefert, da die Sprachen des Nordens lange keine Schrift kannten. Auch in der heutigen Zeit gibt es nur eine kleine Anzahl von Literaten in unserem westlichen Sinne. In zunehmendem Maße machen sich jedoch die Ureinwohner daran, Berichte, Überblicke und Essays über traditionelle Zusammenhänge oder eigene Erlebnisse zu veröffent­lichen. Zu den bekanntesten Inuit-Autoren zählen unter anderem Peter Irniq (1947 geboren), der Schriftsteller, Dichter, Cartoonist und Fotograf Alootook Ipellie (1951–2007) oder der ebenfalls schriftstellerisch aktive Zebedee Nungak (1951 geboren). Ihre Werke findet man in gut sortieren Buchläden in Deutschland oder aber (meist in englischer Sprache) auch in Geschäften vor Ort.

Musik

Auch was die Musik anbelangt, verfügen die Inuit über keine historisch gewachsene Tradition. Vieles aus ihrer Geschichte, die von Generation zu Generation erzählt wurde, wurde jedoch in Form von einfach komponierten Liedern, den sogenannten ›Aya-Yait‹, vorgetragen. Die meisten dieser musikalischen Werke dienten der einfachen Unterhaltung oder mystischer Heiligenanbetung. Beispiele hierfür ist der traditionelle Kehlengesang oder das rituelle Trommeln zu Tänzen. Erst durch ihren Kontakt mit Europäern kamen die Polarvölker zum ersten Mal in Berührung mit westlichen Musikinstrumenten. Vor allem die Geige und die Ziehharmonika stießen dabei auf eine bis heute ungebrochene Resonanz. Die Walfänger waren es schließlich, die den Polarvölkern ihren ersten großen musikalischen Trend brachten. Der Squaredance, ein ursprünglich aus den USA stammender Volkstanz, wurde auch im ewigen Eis leidenschaftlich gerne getanzt.

Seit einiger Zeit entwickelt sich auch bei den Inuit-Völkern eine eigene Popmusik, die ursprünglich aus dem Süden übernommen, umgeformt und neu interpretiert wurde. Die derzeit wohl bekannteste Sängerin ist die 1967 geborene Susan Aglukark. Sowohl die traditionelle Musik wie auch moderne Musik werden mittlerweile in der westlichen Welt durch die von Inuit gegründete Plattenfirma ›Inukshuk Records‹ vermarktet. Vor allem in spirituellen und esoterischen Kreisen findet die mystisch-hymnische Musik großen Anklang. Eine Auswahl der angebotenen CDs findet man (in englischer Sprache) bei Interesse unter www.inukshukproductions.ca.

Politik und Wirtschaft

Völkerrechtlich gesehen teilen insgesamt sechs Staaten das Gebiet der arktischen Landmasse und des Arktischen Ozeans unter sich auf (nimmt man eine andere, weiter gefasste Definition der Arktisregion als Grundlage, können es auch mehr sein). Diese sind: Kanada, Grönland, die Russische Föderation, die Vereinigten Staaten von Amerika, Island und Norwegen.

Die Russische Föderation hat unter diesen Staaten flächenmäßig den größten Anteil an Landmasse im hohen Norden. Das Gebiet zieht sich dabei vom Weißen Meer an der Grenze Finnlands bis nach Tschukotka im äußersten Nordosten an der Beringstraße, nur einen Katzensprung von Alaska entfernt. Auch die Sibirien vorgelagerten Inseln und Franz-Josef-Land gehören zum russischen Territorium.

Um einiges kleiner ist der Anteil der Vereinigten Staaten von Amerika am arktischen Gesamtgebiet. Es beschränkt sich auf den Bundesstaat Alaska, der sich zwischen dem 141. und 169. westlichen Längengrad erstreckt. Alaska ist welt-weit die größte Exklave eines Staates und besitzt eine Einwohnerzahl von rund 700 000 Menschen.

Die kanadische Arktis beinhaltet große Teile der Nordwest Territories, zu denen auch das kanadisch-arktische Archipel mitsamt seinen unzähligen Inseln gehört, sowie kleine Teile des nördlichen Yukon und der Grenze zu Alaska. Hinzu kommen noch kleinere Gebiete in den Provinzen Manitoba und Quebec.

Das benachbarte Grönland nimmt eine Sonderstellung unter den arktischen Staaten ein. Die größte Insel der Erde wird von ihren Bewohnern auch ›Kalaallit Nunaat‹ (deutsch: Land der Grönländer) genannt. Bereits seit 1979 besitzt Grönland einen Autonomiestatus innerhalb des Königreiches Dänemark. Bei einer Volksabstimmung im Jahre 2008 stimmten die Einwohner der Insel mit großer Mehrheit für eine Selbstverwaltungsorganisation des Landes, die am 22. Juni 2009 umgesetzt wurde. Nach den neuen Regelungen verbleiben nun nur noch die Außen- und Sicherheitspolitik der Insel in dänischer Hand. Grönland ist bei einer Fläche von über zwei Millionen Quadratkilometer vergleichsweise sehr dünn besiedelt. Gerade einmal 56 000 Menschen leben auf der Insel. Die Bevölkerungsdichte auf der Insel liegt so gerade einmal bei 0,026 Einwohnern pro Quadratkilometer. In Deutschland sind es zum Vergleich 230 Einwohner pro Quadratkilometer. 

Der Anteil Norwegens an der Arktis beschränkt sich auf einen schmalen Küstenstreifen, die kleine Insel Jan Mayen und das Verwaltungsgebiet Svalbard, bestehend aus den Bäreninseln und Spitzbergen. Auch ein Teil Islands zählt je nach Definition der Grenzen zur arktischen Region.

Politischer Status der Arktis

Der politische Status von Teilen der Arktis, vor allem des Arktischen Ozeans, ist bis heute völkerrechtlich nicht eindeutig geklärt und sorgte bereits für politische Differenzen zwischen den Anrainerstaaten. Teile der Staatsgebiete von Russland, den USA und Kanada, Grönland und Svalbard (zu Norwegen gehörend) sowie der Region Lappland erstrecken sich über die arktische Region. Russland sorgte in diesem Zusammenhang international für großes Aufsehen, als es Mitte 2007 seinen Gebietsansprüchen demonstrativ Nachdruck verlieh und eine russische Flagge genau auf dem geografischen Nordpol platzierte. Es folgte eine Welle des Protestes von Seiten anderer arktischer Anrainerstaaten.

Obwohl die arktische Region schon seit Jahrhunderten das Interesse verschiedenster Mächte geweckt hatte, nimmt seit einigen Jahren die Konkurrenz deutlich an Intensität zu. Grund hierfür sind die Effekte der globalen Erderwärmung, die eine Förderung der in großen Mengen vorhandenen Rohstoffe in der Arktis in naher Zukunft erlauben könnte. Es wird heute davon ausgegangen, dass bis zu 25 Prozent der weltweiten Erdgas- und Erdölvorkommen auf dem arktischen Meeresgrund liegen. In Zeiten der weltweiten Rohstoffknappheit ist dies ein mehr als lukratives Geschäft. Galten diese noch bis vor kurzem als nicht förderbar, wecken sie nun durch das Schmelzen der Eisdecke Begehrlichkeiten. Zudem kann aufgrund von bisher eisbedeckten, nun aber eisfreien Teilen der Arktis darüber nachgedacht werden, eine dauerhafte kommerzielle Nutzung von Schifffahrtsrouten im Nordpolarmeer zu gründen. Auch hier locken wirtschaftliche Interessen. Der Wettlauf um die Hoheitsrechte ist eröffnet.

Der völkerrechtliche Status der Arktis basiert momentan auf der 1982 verabschiedeten UN-Seerechtskonvention, der bislang alle Anrainerstaaten außer den USA beigetreten sind. Das Regelwerk sieht vor, dass die Gebiete, die sich ausgehend von den Küstenlinien 200 Seemeilen in den Ozean hinein erstrecken, in das Hoheitsgebiet der jeweiligen Staaten fallen. Diese Regelung ist bei keinem der Arktisstaaten umstritten. Die Gebiete werden als ›Ausschließliche Wirtschaftszonen‹ bezeichnet. Dies erlaubt es den Anrainerstaaten, diese wirtschaftlich zu nutzen sowie Regelungen zum Schutz der Gewässer zu erlassen.

Der geografische Nordpol und ein bis zu 300 Kilometer großes Gebiet um ihn herum sind jedoch so weit vom Festland entfernt, dass sie nach derzeit geltendem Recht im Besitz keiner der Anrainerstaaten sind. Dieses Gebiet wird somit aus völkerrechtlicher Perspektive als internationales Gewässer behandelt. Das UN-Seerechtsabkommen sieht jedoch vor, dass die ›Ausschließliche Wirtschaftszone‹ erweitert werden kann, wenn nachgewiesen wird, dass der Meeresrücken eine natürliche Verlängerung des Festlandes der jeweiligen Staaten darstellt. Dieser Passus ist auch für das russische Verhalten im Jahre 2007 verantwortlich, da nach russischer Berechnung der sogenannte Lomonossow-Rücken eine natürliche Verlängerung des russischen Festlandes ist. Somit wäre der geografische Nordpol Teil der ›Ausschließlichen Wirtschaftszone‹ Russlands.

Norwegen widerspricht dieser These jedoch vehement und vertritt stattdessen die Ansicht, der Lomonossow-Rücken sei Teil Grönlands und der geografische Nordpol somit Teil des norwegischen Herrschaftsgebiets. Ein neutrales Gremium der Vereinten Nationen kam zu dem Resultat, dass es noch weiterer Nachforschungen bedürfe, um diese Zugehörigkeit eindeutig zu belegen. Der Streit zeigt jedoch exemplarisch die Probleme des unklaren völkerrechtlichen Status einiger Arktisregionen auf.

Leider wird bei dem ganzen Streit um Öl- und Gasvorkommen oft wenig Rücksicht auf die indigene Bevölkerung der Region genommen. Eine der wichtigsten internationalen Organisationen, die die Rechte der Arktisbewohner schützen soll, ist der Arktische Rat, der die Aufgabe einer Koordinationsinstanz innehat.

Bei realistischer Betrachtung der politischen Situation scheint vieles übertrieben. So haben renommierte Wissenschaftler wiederholt darauf hingewiesen, dass ein Großteil der vorhandenen Erdöl- und Erdgasressourcen sich bereits heute in Hoheitsgebieten von Anrainerstaaten befindet und die außerhalb der ›Ausschließlichen Wirtschaftszonen‹ liegenden Ressourcen den globalen Bedarf nicht einmal drei Jahre lang decken würden. Angesicht der enormen Kosten der Förderung ist dies ein aus wirtschaftlicher Perspektive gesehen kurzer Zeitraum. Und auch eine dauerhafte kommerzielle Nutzung der arktischen Seerouten ist unter den derzeitigen Bedingungen mehr als fragwürdig. Studien des Alfred-Wegener-Institus in Bremerhaven haben gezeigt, dass auch in Zukunft der Einsatz von Eisbrechern unumgänglich sein wird.

Dennoch ist eine völkerrechtliche Zuordnung der Arktis für die Zukunft der Region entscheidend. Eine Reihe von Politikern und Wissenschaftlern fordert daher seit einiger Zeit, die Arktis in nationale Sektoren einzuteilen. Ähnliche Vorschläge gab es bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Mit dieser Lösung würde die Region in Winkel aufgeteilt, die vom Nordpol entlang der Längengrade bis zu den westlichsten und östlichsten Punkten der Nordküsten der Anrainerstaaten verlaufen würden. Allerdings ist dieser Ansatz unter den betroffenen Staaten höchst umstritten, und so bleiben die Konflikte um Gebietsansprüche auch weiterhin aktuell.

Wirtschaftszweige

Da die Arktis auch wirtschaftlich gesehen keine einheitliche Region darstellt und die Möglichkeiten des Wirtschaftens sowohl von den klimatischen Bedingungen der jeweiligen Gegend wie auch von der Politik der jeweiligen Arktisstaaten abhängig sind, ist es schwer, allgemeine Aussagen über die Wirtschaft der Arktis zu treffen. Die wichtigsten Wirtschaftszweige sind heute statistischen Angaben zufolge die Pelztierjagd und -zucht, die Rentierzucht und die Fischerei, also die klassischen und traditionellen Wirtschaftszweige des hohen Nordens. In den zahlreichen Flüssen werden im Sommer vor allem Lachse gefangen, die weltweit einen exzellenten Ruf genießen. Auch in den arktischen Küstenge­wässern wird viel gefischt. Vor den Küsten Westgrönlands werden beispielsweise gewaltige Mengen Kabeljau und Garnelen gefangen. Das Nordpolarmeer zählt zu den bedeutendsten Fischgründen der Welt, und viele Länder sind schon seit Generationen mit ihren Fangflotten dort vertreten. Dort werden auf offener See auch Wale und Seehunde gejagt. Die Bilder dieser äußerst brutalen Jagd sind in regelmäßigen Abständen in den Nachrichten zu verfolgen und sorgen bei Tierschützern weltweit für Proteste. Insgesamt haben rücksichtslose Ausbeutung der Tierwelt, auch durch die indigenen Bevölkerungsgruppen, die Populationen vieler polarer Meerestierarten in den letzten Jahrzehnten bedrohlich sinken lassen. Ein Umdenken hin zu einem nachhaltigen Umgang mit den arktischen Flüssen und Meeren sowie deren tierischen Bewohnern setzt sich in den Köpfen vieler leider erst sehr langsam durch.

Wegen der klimatischen Gegebenheiten ist Landwirtschaft in der arktischen Region nur sehr beschränkt möglich. Weit verbreitet ist vor allem die Haltung von Milchkühen, hauptsächlich zur Versorgung der Menschen vor Ort. Allein im Norden Russlands gibt es jedoch fast eine Million Stück Vieh. Aufgrund des Einflusses des Golfstromes ist in Skandinavien Landnutzung bis weit nach Norden möglich. Vorherrschende Anbauprodukte sind dort Kartoffeln und Gerste.

Sehr stark entwickelt hat sich in den vergangenen Jahren vor allem der Bergbau. In Kanada und Russland wird Nickel und Kupfer gefördert, auf Spitzbergen Kohle und in Kanada, Nordskandinavien und Russland Eisen und Buntmetalle. Weitere in größeren Mengen abgebaute Mineralien der russischen Arktis sind Gold, Zinn, Muskovit und Wolfram. In Grönland werden Blei, Zink und Molybdän gewonnen. Ausgedehnte Kohleminen gibt es auf Spitzbergen. Der kanadische Bergbau in der Arktis liefert vor allem Uran, Kupfer, Nickel, Blei, Zink, Asbest, Eisenerz, Erdöl und Erdgas.

Seit einiger Zeit werden in Nordkanada, Alaska und Sibirien auch Öl- und Gasvorkommen in zunehmendem Maße ausgebeutet. Diese natürlichen Ressourcen versprechen angesichts der weltweiten Rohstoffknappheit lukrative Gewinne. Es gibt eine Pipeline, die Öl von der Prudhoe Bay am Polarkreis zum eisfreien Verladehafen Valdez in Südalaska transportiert. Pläne, die Öl- und Gasförderung auszuweiten, stoßen jedoch auf den zunehmenden Widerstand von Tier- und Umweltschützern, die eine Beeinträchtigung der Tierwelt, aber auch Tankerkatastrophen mit unvorhersehbaren Folgen für die arktische Region befürchten. Zudem ist die Förderung der Bestände um ein vielfaches teurer als in anderen Fördergebieten der Erde.

Die verkehrstechnische Infrastruktur ist in der Arktis sowohl an Land als auch im Nordpolarmeer aufgrund des kalten Klimas und der damit verbundenen jahreszeitbedingten Vereisung sehr eingeschränkt. Abgesehen von einigen wichtigen Verkehrslinien auf dem kanadischen Festland, im Norden Russlands und in den nördlichen Teilen Norwegens und Schwedens gibt es nur wenige Straßen. Der Aufbau eines ausgedehnten Eisenbahnnetzes ist mit Ausnahme der russischen Arktis bisher noch nicht in Angriff genommen worden. Um eine ganzjährige Küstenschifffahrt zu gewährleisten, werden im Winter die wichtigen Schifffahrtsstraßen von Eisbrechern freigehalten. Der Flugverkehr ist für die Infrastruktur der Region überaus wichtig. Die größeren Städte und Siedlungen werden von Flughäfen aus versorgt. Fluglinien verbinden zudem abgelegene Gemeinden und Bergbausiedlungen mit den größeren Städten.

Einer der am schnellsten wachsenden Wirtschaftszweige ist heutzutage ohne Frage der Tourismus, der sich zu einer der wichtigsten Einnahmequellen entwickelt hat. Der Tourismus in der Arktis ist keineswegs so neu, wie man heute vielleicht annehmen mag. Bereits vor über 100 Jahren legten an der Insel Spitzbergen Schiffe an, mit denen Touristen die landschaftliche Schönheit der Region erkunden wollten. Zum ersten Mal kamen wohl in den 1890er Jahren vom norwegischen Festland aus Boote mit Touristen an. Die wirkliche touristische Erschließung der Arktis folgte jedoch erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Große Kreuzfahrtschiffe bringen in regelmäßigen Abständen Reisende aus aller Welt in die Arktis. Davon profitiert auch die Binnenkonjunktur, denn die Touristen sind gerne bereit, Geld für lokale Produkte auszugeben. Neben den großen Kreuzfahrtschiffsangeboten etablieren sich mehr und mehr die auf eine längere Tradition zurückblickenden Expeditionskreuzfahrten. Im Gegensatz zu den großen Kreuzfahrtschiffen mit mehreren hundert Passagieren beherbergen die kleineren Expeditionsschiffe maximal 200 Personen. Durch ihre kompaktere Größe und den geringeren Tiefgang können die Schiffe auch Gegenden in der Arktis anfahren, die für die großen Schiffe nicht zugänglich sind und machen so den Arktisbesuch zu einer individuelleren und spezielleren Erfahrung. 

Grade in den letzten Jahren hat sich eine Art Goldgräberstimmung breit gemacht. Ab 2019 kommen ganz neu konzipierte Schiffe, teils Eisbrecher, verschiedener europäischer und amerikanischer Reedereien auf den Markt, die zahlungskräftige Reisende anlocken sollen. Dabei wird auch ganz besonders um die hinzugekommene Klientel aus Asien gekämpft, die gerne bereit ist, 1000 Euro und mehr pro Passagier und Tag für die Arktisreise auszugeben.

Die Entdeckung und Erforschung der Arktis

Historiker und Archäologen, die sich mit der Frühgeschichte der Arktis beschäftigt haben, nehmen an, dass vor rund 10 000 Jahren die ersten Menschen, die Inuit, über die Landbrücke der Bering-Straße in das Gebiet der heutigen Arktis vordrangen. Die Inuit ließen sich vor allem im äußersten Norden Amerikas nieder. Im Laufe der Jahrhunderte spalteten sich viele kleinere Gruppen ab, neue wanderten zu und besiedelten das heutige Grönland sowie Island. Über viele Jahrtausende hinweg entwickelte sich eine spezifische Inuit-Kultur mit unterschiedlichen regionalen Ausprägungen. Daher ist es heute schwierig, von den Inuit als Ganzes zu sprechen. Einige allgemeine Entwicklungen lassen sich dennoch herausarbeiten: Ab etwa 2000 vor Christus verbreitete sich die sogenannte Prä-Dorset-Kultur. Die als Nomaden lebenden Inuitgruppen gingen zu jener Zeit mir Pfeil und Bogen bewaffnet auf die Jagd nach Nahrung und wohnten im Sommer in mit Fell überzogenen Behausungen, im Winter in Iglus. Die darauf folgende Dorset-Kultur hielt sich bis etwa 1300 nach Christus. Sie war vor allem durch eine erstaunliche technische und kulturelle Weiterentwicklung gekennzeichnet. Wie archäologische Funde heute verdeutlichen, besaßen die Inuit zu der damaligen Zeit schon ein erstaunliches Geschick in der Herstellung von kunstvoll verzierten Geräten und Gebrauchsgegenständen. Die Dorset-Kultur ging ab dem 15. Jahrhundert in der Thule-Kultur auf, die aber einige nützliche Errungenschaften wie den Iglubau übernahm. Diese neue Kultur brachte perfekte Jagdmethoden hervor. So entstanden in jener Zeit beispielsweise das bis heute benutzte Kajak und das Reiseboot. Auch neuartige Lanzen und Harpunen zählten zu den Errungenschaften der Thule-Kultur. Damit waren die Thule-Inuit in der Lage, sogar so große Tiere wie den Wal zu erlegen, der einem Stamm für mehrere Wochen als Nahrung ausreichte. Die Menschen lebten in dieser Zeit in relativ unabhängigen Familiengemeinschaften und bewohnten teilweise schon kleine und fest gebaute Siedlungen. 

Die ersten Expeditionen durch Griechen und Wikinger

Im 4. Jahrhundert vor Christus entdeckten die Griechen als erste Europäer den polaren Norden. Die Quellen berichten, dass im Jahr 330 vor Christus der griechische Seefahrer und große Entdecker der Antike Pytheas auf der Suche nach dem ›Land, in dem die Sonne nie untergeht‹ von Schottland aus in den hohen Norden segelte. In seinen überlieferten Reiseberichten blickt er auf das ›träge und geronnene Meer‹. Er war damit nach heutigem Wissensstand der erste Europäer, der das ewige Eis der Arktis erblickte. Man geht davon aus, dass er auf seiner Fahrt Grönland und Island erreichte.

Die nächsten Europäer, die sich aufmachten, das Nordland zu entdecken, waren die Wikinger. Die Geschichtswissenschaft bezeichnet diese Phase aus der heutigen Perspektive als die erste Kolonialisierung der Arktis. Der aus Norwegen stammende Wikinger Gunnbjørn entdeckte Grönland um 875. Im Jahr 982 landete dann Erik der Rote mit seinen Schiffen zum ersten Mal auf Grönland. Seinen Beinamen ›der Rote‹ bekam Erik übrigens aufgrund seiner roten Kopf- und Barthaare und weil, so sagt die Legende, ›Blut an seinen Händen klebte‹. Erik gründete in Grönland zwei Siedlungen nahe dem heutigen Nuuk, die bis ins 15. Jahrhundert hinein Bestand haben sollten. Die Quellen erzählen weiter, dass es der Sohn Eriks des Roten, Leif Eriksson, war, der als erster Europäer Nordamerika erreichte. Nachdem Eriksson zusammen mit seiner Mutter um das Jahr 1000 zum Christentum übergetreten war, sorgte er umgehend für eine Katholisierung Grönlands.

Im Jahr 1194 entdeckten von Island kommende Wikinger auf der nordöstlichen Route die Inselgruppe Svalbard. Damit hatten die Wikinger einen entscheidenden Anteil an der Entdeckung der Arktis. Einige Überlieferungen berichten, dass die Wikinger auch den amerikanischen Kontinent erreicht hätten. Ausreichend wissenschaftliche Belege gibt es jedoch für diese Theorie nicht. 

In der zweiten Hälfe des 13. Jahrhunderts hatte die Kirche bereits den Löwenanteil des grönländischen Landes in ihrem Besitz und Norwegen die Vorherrschaft auf Grönland. Bereits um 1350 mussten die ersten Siedlungen aufgrund der schwierigen Lebensbedingungen jedoch wieder aufgegeben werden. Anders als die Inuit waren die Norweger weit weniger auf das Leben im ewigen Eis eingestellt, und im 15. Jahrhundert war ein Großteil der Siedlungen bereits verwaist oder verschwunden.

Händler und Missionare

Ab dem 16. Jahrhundert kamen Wal- und Seehundfänger aus England und Holland in die Region, so dass ab dem 17. Jahrhundert einige Walfängerstationen errichtet wurden, so beispielsweise in Amsterdamoga auf einer Insel nordwestlich von Spitzbergen.

Noch heute kann man die Gräber der einstigen Siedler in der Gegend finden. Um das Jahr 1596 entdeckte der Niederländer Willem Barents Spitzbergen. Nach ihm sind auch die Barentssee und die beiden an der Ostseite Spitzbergens liegenden Barentsinseln benannt. 1605 wurde Grönland offiziell dänisch. 

1670 wurde von kanadischen Pelzhändlern die Hudson‘s Bay Company zum Handel mit den damals so genannten Eskimos gegründet.

Die von der Wissenschaft als zweite Kolonisation der Arktis bezeichnete Periode begann mit dem norwegischen Pfarrer Hans Egede. In der Vermutung, die ehemaligen Siedler aus dem 13. und 14. Jahrhundert wären vom katholischen Glauben abgefallen, beschloss er im 18. Jahrhundert, nach Grönland zu reisen, um das Land ein weiteres Mal zu missionieren und den katholischen Glauben wieder aufleben zu lassen. Als er im Jahre 1721 Grönland erreichte, fand er jedoch zu seiner großen Verwunderung keine Wikinger mehr vor, sondern die Inuit. Über den Verleib der einstigen Siedler gibt es verschiedene Meinungen. Einige Wissenschaftler gehen davon aus, dass ihnen eine lang anhaltende Kälteperiode zum Verhängnis wurde. Andere vermuten, es könne sich auch um kriegerische Auseinandersetzungen mit den Thule-Inuit gehandelt haben. Für beide Theorien fehlen jedoch aussagekräftige Quellen.

Fest steht jedoch, dass Hans Egede rasch die Sprache und Kultur der Inuit lernte und sich daran machte, den christlichen Glauben auf Grönland zu verbreiten. Dabei bedurfte es jedoch einiger Phantasie. Die Passage ›unser täglich Brot gib uns heute‹ im Vaterunser übersetzte er für die Inuit mit ›unser täglich Walross gib uns heute‹. Der Grund für diese aus heutiger Sicht lustige Neuinterpretation des Gebetes war der Umstand, dass die Inuit Brot zu dieser Zeit noch nicht kannten. Walrosse hingegen waren das Synonym für ausreichend Nahrung. 1728 gründete Egede die Siedlung Godthåb (Gute Hoffnung), welche die heutige Hauptstadt Grönlands mit dem Namen ›Nuuk‹ ist. Bis heute ist der Pfarrer ein Nationalheiliger in Grönland. In Nuuk befindet sich heute eine große Statue, die ihn als Missionar zeigt.

Die westeuropäischen Expeditionen

Ab dem 16. Jahrhundert begannen sich auch die westeuropäischen Herrschaftshäuser zunehmend für eine Entdeckung und Erforschung der Arktis zu interessieren. Im Vordergrund stand jedoch weniger die wissenschaftliche Neugier, sondern wirtschaftliches Interesse. Weniger die Landnahme als vielmehr der Handel war also die Triebfeder der ersten westeuropäischen polaren Expe­ditionen. Die großen Königreiche Europas waren zu jener Zeit auf der Suche nach einem kürzeren Seeweg in den Orient, um so ihren Gewinn durch einen schnelleren Transport steigern zu können. Dies war der Beginn einer über 300 Jahre langen Seefahrtgeschichte im nördlichen Polarmeer, die nicht nur viele große und bis heute bekannte Entdecker, sondern auch eine ganze Bandbreite an Legenden und Mythen hervorbringen sollte.

Ziel aller Schifffahrer und Abenteurer zu dieser Zeit war zunächst die Entdeckung der Nordwestpassage. Die Idee stammte von dem italienischen, jedoch im Dienste der Engländer stehenden Seefahrer und Entdecker des nordamerikanischen Festlands John Cabot (1450–1499). Cabot war damit der erste Seefahrer, der einen Seeweg nach Asien suchte und – wie viele nach ihm – scheiterte. Jeder der Entdecker machte auf seinen Fahrten jedoch interessante Entdeckungen und Beobachtungen, die zwar nicht die eigentliche Intention der Reisen waren, jedoch einen großen Anteil an der Erforschung der arktischen Region hatten.

Die folgenden Entdecker, die sich auf die Suche nach einer Passage an Kanada vorbei nach Ostasien machten, segelten ebenso wie Cabot unter englischer Flagge. Sir Hugh Willoughby machte 1553 den Anfang. Doch seine Mission scheiterte ebenso wie etwas über 20 Jahre später die Suche Martin Frobishers. Frobisher war 1576 mit drei Schiffen in See gestochen. Die Durchfahrt in den Orient entdeckte er zwar nicht, er umrundete jedoch die Baffin-Inseln und entdeckte eine Bucht, die heute seinen Namen trägt: die Frobisher Bay. Und noch etwas anderes brachte er von seiner ersten Reise mit: das Gerücht, dass es im hohen Norden reichhaltige Bodenschätze wie Gold geben solle. Dies veranlasste englische Kaufleute umgehend, ihm zwei weitere Expeditionen in den Norden zu finanzieren, die jedoch ebenso nicht von Erfolg gekrönt waren. Auch das angebliche Goldvorkommen stellte sich bald als nicht vorhanden heraus.

Ebenfalls auf insgesamt drei Expeditionen erforschte der englische Seefahrer John Davis (1550–1605) zwischen 1585 und 1587 die Wasserstraße zwischen Kanada und Westgrönland. Ihm sind zahlreiche Entdeckungen sowie detaillierte wissenschaftliche Beschreibungen von Land und Leuten der Arktis zu verdanken. Auf seinen Reisen erkundete Davis unter anderem die später nach ihm benannte Davisstraße, er erreichte den Gilbert Sund (musste seine Pläne, den 80. Breitengrad zu überfahren, jedoch wegen der dicken Eisschicht aufgeben) und entdeckte auf einer Reise in südliche Gefilde die Falklandinseln.

Der einsetzende englisch-spanische Krieg (ab 1585) setzte dem Entdeckerdrang Englands zunächst einmal ein jähes Ende. Es kam die kurze Zeit der holländischen Expeditionen, die sich ebenso wie die Engländer auf die Suche nach der Durchfahrt zu den Schätzen des Orients machten. Der aus heutiger Sicht bedeutendste Abenteurer jener Zeit war Willem Barents (1550–1597). Er verließ den Hafen von Amsterdam im Jahre 1594 mit zwei Schiffen und erreichte wenig später Novaja Zemlja, als dessen Entdecker er heute gilt. 1596 entdeckte er zudem die weiter nördlich gelegene Bäreninsel und Spitzbergen. Die massiven Eismassen verhinderten im weiteren Verlauf seiner Reise ein weiteres Vordringen gen Norden. Dennoch war er der erste Europäer, dem es gelang, den 80. Grad nördlicher Breite zu überqueren. Doch sein Abenteuergeist sollte ihn das Leben kosten. Sein Schiff wurde vom Packeis eingeschlossen, und er musste zusammen mit seinen Gefolgsleuten einen harten Winter in der arktischen Kälte verbringen. Fünf Teilnehmer der Expedition erlagen den Qualen des Polarwinters, unter ihnen auch Willem Barents, der am 20. Juni 1597 starb. Die Arktisexpeditionen hatten ihr erstes prominentes Todesopfer gefordert. Erst beinahe 300 Jahre später entdeckte man das Winterhaus Barents mit zahlreichen Geräten und seinem Tagebuch, aus dem die Nachwelt über diese erste Überwinterung eines Europäers in der Arktis erfuhr. Die Holländer waren durch dieses Schicksal Barents zu der Entscheidung gekommen, sich zunächst aus der weiteren Entdeckung der Nordwestpassage herauszuhalten. Die Engländer waren wieder an der Reihe.

Im Jahre 1607 bekam Henry Hudson von England den Auftrag, erneut nach dem Seeweg nach Ostasien, speziell nach China, zu suchen. Die aus heutiger Sicht doch sehr abenteuerlich anmutende Idee Hudsons war es, Ostasien direkt über den, wie man damals glaubte, eisfreien Nordpol zu erreichen. Insgesamt vier Mal versuchte Hudson, über unterschiedliche Routen den Weg nach China zu finden. Auf seinen Expeditionen erreichte er Spitzbergen und Grönland und stieß bis an die Küste der amerikanischen Insel Manhattan vor. Die Hudson Bay trägt daher heute seinen Namen. Trotz dieser vorweisbaren Erfolge gelang es auch ihm nicht, den Weg nach Ostasien zu finden, was auch an den wiederholten Meutereien seiner Besatzungen lag. Als seinem Schiff bei seiner vierten Expedition auf dem Rückweg zur Hudson Bay die Verpflegung an Bord knapp zu werden drohte, meuterte die Besatzung erneut. Hudson, sein Sohn und einige treue Besatzungsmitglieder wurden von den Meuterern in einem kleinen Boot ohne Nahrungsmittel ausgesetzt und blieben danach verschollen. Was aus den Ausgesetzten wurde, ist nicht bekannt, es wird jedoch davon ausgegangen, dass sie auf See verhungerten.

Nachdem in den folgenden Jahren auch weitere Expeditionen nicht den nöti­gen Durchbruch erzielt hatten, begann das Interesse der Westeuropäer an der Nordwestpassage mehr und mehr zu schwinden. im 17. und 18. Jahrhundert waren es vor allem Wal- und Robbenfänger, die sich mit ihren Schiffen in den hohen Norden aufmachten. Aus Angst, der Konkurrenz wichtige Informationen in die Hände zu spielen, verheimlichten sie jedoch ihre Erkenntnisse über Routen, Küsten und Wasserstraßenverläufe, so dass ihre Reisen kaum neue Erkenntnisse über die arktische Region brachten.

Russische und amerikanische Expeditionen

Mit der Erschließung der westlich des Urals gelegenen Gebiete begann Russland bereits im 16. Jahrhundert. Federführend bei den Expeditionen war die russische Kaufmannsfamilie der Stroganoffs. Im Jahre 1588 erhielt die Familie vom russischen Zaren Iwan IV. das alleinige Handelsrecht für Sibirien und wurde darüber hinaus mit der wirtschaftlichen Erschließung des Gebietes beauftragt. Die Stroganoffs erteilten ihrerseits wiederum den Auftrag an die Kosaken und ihren berühmten Anführer Jermak Timofejewitsch, das Land zu erschließen. Innerhalb von nur einem halben Jahrhundert hatten diese das gesamte Gebiet von Ost nach West durchschritten und den Pazifik erreicht. Auf dem erschlossenen Land errichtete die Familie Festungen, unterhielt eigene Truppen und betrieb einen lukrativen Pelzhandel. Die immer weiter aufstrebende Familie wurde jedoch dem neuen Zaren Peter dem Großen bald zu mächtig, und er sorgte dafür, dass die Stroganoffs weitgehend entmachtet wurden.

Der Zar selber hatte nun jedoch ebenfalls Interesse an der arktischen Region gefunden. Er wollte herausfinden, ob es möglich wäre, von Asien nach Amerika über eine Landbrücke zu gelangen. Vor allem geopolitische und strategische Gründe veranlassten ihn, der Sache nachzugehen und so beauftragte er den Dänen Vitus Bering 1725 mit der Aufgabe. Mit seiner ersten Kamtschatkaexpedition unter russischer Flagge von 1725 bis 1730 scheiterte der ›Kolumbus des Zaren‹, wie Bering auch genannt wurde, noch aufgrund der schlechten Wetterlage, die ihn zum Umkehren zwang. Kaum nach Russland zurückgekehrt, machte sich Bering jedoch umgehend daran, seine zweite, weitaus größer angelegte Kam-tschatkaexpedition vorzubereiten. Die von 1733 bis 1743 stattfindende Expedition Berings war mit über 3000 beteiligten Personen bis heute eine der größten in der Geschichte der polaren Seefahrt, erwies sich als großer Erfolg und wurde vom gelehrten Europa mit Beifallsstürmen bedacht. Zu den Erfolgen Berings zählen die Entdeckung Alaskas, der Aleuten, der Kommandeurinseln und der später nach ihm benannten Beringinsel. Er erstellte zudem genaues Kartenmaterial zu den Küsten Russlands und erforschte Sibirien und Kamtschatka.

Sein wichtigster Erfolg war jedoch zweifelsohne die Entdeckung der nach ihm benannten Beringstraße, also der Meerenge zwischen der östlichsten Stelle Asiens und dem westlichsten Punkt Amerikas (und damit zwischen Amerika und Russland). Neurussland, wie Alaska damals genannt wurde, war damit fest in russischer Hand. Seinen großen europaweiten Erfolg konnte Bering jedoch selbst nicht mehr genießen. Im Jahre 1741 starb er während einer klimatisch erzwungenen Arktisüberwinterung auf der Beringinsel an Skorbut. Sein Grab wurde erst 1991 gefunden und seine sterblichen Überreste nach Moskau überführt. Bering genießt bis zum heutigen Tage großes Ansehen in Russland.

Lange Zeit hatten die Vereinigten Staaten von Amerika reichlich wenig Interesse an der Erkundung ihres arktischen Hinterlandes gezeigt. Die Amerikaner waren gemessen an anderen Mächten der damaligen Zeit kein Seefahrervolk, und an einem Handelsweg nach Asien hatten sie wenig Interesse. Diese Einstellung änderte sich erst, als sich bei einigen amerikanischen Geschäftsleuten die Erkenntnis durchzusetzen begann, dass sich sehr viel Geld mit der Jagd und dem Verkauf von Robbenfell und Walen machen ließ. Dieses wirtschaftliche Interesse lockte mit den Jahren mehr und mehr Abenteurer in den hohen Norden. Eines der wichtigsten Unter­nehmen in diesem Zusammenhang war die 1670 gegründete Hudson’s Bay Company, die über einen Zeitraum von mehreren hundert Jahren den Pelzhandel in Nordamerika kontrollierten sollte. 

In den ersten Jahren unternahm das Unternehmen Expeditionen in die unbekannte Weite Nordamerikas und gründete zahlreiche Handelsstationen. Viele der durch die Pelzunternehmen beauftragten Entdecker lieferten neben kartografischem Material auch detaillierte Erzählungen zu den Lebensgewohnheiten der Inuit. Samuel Hearne oder Alexander Mackenzie seien hier als Beispiele aufgeführt. Noch heute existiert die Hudson’s Bay Company als ältestes eingetragenes Unternehmen Kanadas und eines der ältesten der Welt. Es hat sich vor allem auf den Verkauf von Pelzprodukten spezialisiert, sieht sich aber immer größer werdendem Druck von Tierschützern ausgesetzt.

Die Nordostpassage

Bereits seit dem frühen 16. Jahrhundert versuchten Forscher und Abenteurer aus Europa, einen schiffbaren Seeweg entlang der sibirischen Küste durch die Beringstraße in den fernen Osten zu finden. Nicht nur die Sehnsucht nach Ruhm war der Grund für die teilweise dramatisch verlaufenden Expeditionen, sondern es gab auch wirtschaftliche Interessen. Durch die Nutzbarmachung von Handelswegen nach Asien wollte man den Warenaustausch beschleunigen. Denn selbst auf dem Weg durch den Suezkanal muss ein Schiff theoretisch fast die doppelte Distanz zurücklegen, um ans gleiche Ziel zu gelangen. Doch über viele Jahrhunderte gelang es trotz hartnäckiger Versuche keiner der zahlreichen Expeditionen, sich den Traum eines schnelleren Wegs nach Asien zu erfüllen.

Der italienische Seefahrer Sebastiano Caboto, der bereits 1517 eine Expedition zur Auffindung der Nordwestpassage geleitet hatte, unternahm als einer der ersten ab 1553 mehrere Fahrten zur Suche nach einem nordöstlichen Seeweg. Eine dieser Expeditionen erreichte 1556 die Doppelinsel Novaja Zemlja. Im weiteren Verlauf des 16. Jahrhunderts fanden daraufhin mehrere Expeditionen durch englische und holländische Seefahrer wie Barents statt. Diese scheiterten jedoch allesamt an den schwierigen Bedingen der Arktis im Packeis.

Die Entdeckung von Seewegen im Indischen Ozean, die ebenfalls einen schnelleren Seeweg nach Asien ermöglichten, ließ das Interesse an der Nordostpassage in der darauffolgenden Zeit deutlich zurückgehen. Es war der russische Zar Peter der Große, der im frühen 18. Jahrhundert die Suche wieder aufnahm. Die darauf folgende ›Große Nordische Expedition‹ unter dem dänischen Seefahrer Vitus Bering erreichte die nördlichen und östlichen Küsten Sibiriens und bestätigte die bereits vermutete, aber noch nicht bewiesene Annahme eines zusammenhängenden Meeres im Norden. 1736 fand man zudem in den Archiven der sibirischen Stadt Jakutsk einen Bericht des russischen Seefahrers Semjon Iwanowitsch Deschnjow über eine 1648 erfolgte Umfahrung der Landspitze im Nordosten Russlands – des heutigen Kap Deschnjow. Das einzige noch unbekannte Küstenteilstück zwischen der Mündung des Flusses Kolyma und der Beringstraße beschrieb 1820 bis 1824 die Expedition des deutschstämmigen Offiziers Ferdinand von Wrangel. Damit war die Nordostpassage in ihren Teilstücken entdeckt.

Als endgültiger Entdecker eines nördlichen Seeweges nach Asien sollte schließlich der schwedische Arktisforscher Adolf Erik Freiherr von Nordenskiöld (1832–1901) in die Geschichtsbücher eingehen: Er unternahm unterschiedlichste Expeditionen, unter anderem nach Spitzbergen und Grönland, bis er sich schließlich auch für die Nordostpassage zu interessieren begann. Doch seine Berichte über die Möglichkeit einer Handelsroute im Norden wurden angezweifelt. Mit seinem Schiff, der ›Vega‹, brach er 1878 auf und umrundete das nördlichste Kap Asiens, das Kap Tscheljuskin. 

Danach blieb es zunächst einmal still um die Expedition. Auf dem Kurs entlang der sibirischen Küste hatten Eisschollen den Weg nach Norden versperrt. Die ›Vega‹ fror im Eis fest. Das unfreiwillige Winterlager sollte beinahe 300 Tage dauern. Im Juli 1879 kam das Schiff endlich wieder frei, und Nordenskiöld hatte die Nordostpassage bezwungen, was in der damaligen Zeit eine absolute Sensation war, für die der schwedische Seefahrer mit Ruhm und Anerkennung überschüttet wurde. Der Reisebericht über seine abenteuerliche Expedition wurde in mehreren Sprachen publiziert. Heute noch erinnert ein Monument des legendären Schiffes ›Vega‹ in Stockholm an die Leistungen des Seefahrers.

Bereits Mitte des 20. Jahrhunderts wurde die sibirische Passage jedoch zur Routine. Vor allem zwischen den beiden Weltkriegen gab es einen hauptsächlich von der damaligen Sowjetunion getragenen regen Schiffsverkehr. Neben vielen Frachtern waren auch Forschungs- und Kriegsschiffe während der Sommermonate, in denen die Passage schiffbar war, unterwegs. Der nördliche Küstenverkehr zwischen den Mündungen von Lena, Jenissei und Ob wurde für die industrielle Entwicklung Sibiriens zwischen den 1930er und 1970er Jahren zu einem wichtigen Transportweg. Bei ›GLAVSEVMORPUT‹, der sowjetischen Behörde für die Nordostpassage, waren bis zu 35 000 Menschen beschäftigt. Doch der Seeweg verlor an Bedeutung. Der Ausbau des Schienen- und Luftverkehrsnetzes machte ihn vergleichsweise unkalkulierbar, wegen des nur schwer vorhersagbaren Treibeises und auch wegen plötzlich auftretender Packeisbarrieren gegen Ende des Sommers – dies ausgerechnet in den 1970er Jahren, eigentlich doch die Zeit, da die globale Erwärmung nach einer Pause von zweieinhalb Jahrzehnten erneut einsetzte.

Die Durchquerung der Nordwestpassage

Nachdem das Projekt, einen westlichen Seeweg nach Asien zu finden, für einen langen Zeitraum aufgegeben worden war, machten sich die Engländer zu Beginn des 19 Jahrhunderts daran, die Suche nach der Nordwestpassage wieder aufzun­ehmen. Der erste, der sich auf den Weg machte, war William Edward Parry. Auf seiner ersten eigenen Arktisexpedition in den Jahren 1819 und 1820 erforschte Parry mit seinen beiden Schiffen den bis dato unbekannten Teil der kanadischen Arktis und wurde zum Entdecker der Banksinsel, der Bathurstinsel und der Melvilleinsel. Diese sowie die Devon- und Cornwallisinsel wurden im Folgenden nach ihrem Entdecker benannt. Heute trägt die Inselgruppe jedoch den Namen Königin-Elisabeth-Inseln. Parrys bald darauf folgende zweite und dritte Expedition erbrachten wieder nicht die ersehnte Durchquerung des kanadisch-arktischen Archipels, lieferten dafür aber wissenschaftliche Beobachtungen über die Lebensweise der kanadischen Inuit. Im Jahre 1827 war Parry zudem einer der ersten Abenteurer, die sich auf die Suche nach dem geografischen Nordpol machten.

Eine der tragischsten Geschichten im Zusammenhang mit den Versuchen, den Seeweg nach Asien zu finden, ist sicherlich die Expedition unter dem Engländer Sir John Franklin. Bereits bei seiner ersten Expedition in die arktischen Gewässer zwischen 1819 und 1822 waren er und seine Besatzung in den Nordwest-Territorien Kanadas in eine Notlage gekommen, in der sie gezwungen waren, Flechten und ähnliches zu essen. Um zu überleben, so wird berichtet, verzehrte Franklin gar seine Lederstiefel, was ihm den Spitznamen ›der Mann, der seine Schuhe aß‹ eingebracht haben soll. Doch auch nach diesen Erfahrungen war Franklin besessen davon, die Nordwestpassage ausfindig zu machen, und so startete er 1845 mit den beiden Schiffen HMS Terror und HMS Erebus zu seiner tragischen Fahrt, von der er und seine 129 Mann Besatzung nie zurückkehren sollten. Schon kurz nach dem Beginn der Reise fehlte jedes Lebenszeichen der Seeleute. Im Folgenden wurden zahlreiche Suchexpeditionen entsandt, um das Schicksal der beiden Schiffe zu klären. Diese brachten tatsächlich Licht ins Dunkel: Nachdem die beiden Schiffe Franklins im Eis eingeklemmt worden waren, versuchten Franklin und seine Besatzung, zu Fuß dem Tod zu entkommen. Gefundene Knochenreste legten den Verdacht nahe, dass die letzten Überlebenden am Ende sogar dem Kannibalismus verfielen, um dem Hungertod zu entkommen. Die gemachten Funde deuten jedoch auch darauf hin, dass es Sir John Franklin in der Tat als Erstem gelungen war, entscheidende Teile der Nordwestpassage zu durchsegeln. So wurde der englische Seefahrer zu einem tragischen Helden – ein Schicksal, das nach ihm noch andere Abenteurer ereilen sollte. Über 160 Jahre später kam es zum Fund der HMS Erebus. Am 9. September 2014 gab der damalige kanadische Premierminister Stephen Harper in Ottawa bekannt, dass eines von Franklins Schiffen in der Wilmot and Crapton Bay vor der Adelaide Peninsula geortet worden sei. Es stellte sich heraus, dass es die HMS Erebus ist. Im September 2016 wurde das sehr gut erhaltene Wrack der HMS Terror in der Terror Bay, einer Bucht im Süden von King William Island gefunden – 1000 Kilometer südlich der vermuteten Untergangsstelle.

Die Ehre der Entdeckung der Nordwestpassage wurde einem anderen Landsmann Franklins zuteil: Robert McClure. Wie viele andere Seeleute war der britische Kapitän der ›Investigator‹ auf der Suche nach John Franklin 1850 in See gestochen. Über die Beringstraße und die Beaufortsee erreichte er nach einigen erfolglosen Versuchen den Melvillesund. Damit war das letzte Teilstück der jahrhundertelang gesuchten nordwestlichen Durchfahrt zwischen Pazifik und Atlantik entdeckt! Um dieses Ziel zu erreichen, mussten McClure und seine Mannschaft nicht weniger als vier Überwinterungen im Eis überstehen und am Ende sogar ihr Schiff aufgeben. 1854 ging die Besatzung an Bord eines anderen, nach dem verschollenen Franklin suchenden englischen Schiffes. Insgesamt fünf Besatzungsmitglieder überlebten die Entdeckung der Passage nicht.

Die erste komplette Durchfahrt der Nordwestpassage bewerkstelligte rund 50 Jahre später der Norweger Roald Amundsen (1872–1928). Der spätere Entdecker des Südpols stach 1903 mit einem kleinen Heringsboot namens Gjøa in See. Mit nur einer Überwinterung schaffte Amundsen nach einigen Versuchen schließlich die Durchquerung der Passage, wofür er 1906 in seinem erst ein Jahr zuvor unabhängig gewordenen Heimatland Norwegen wie ein Nationalheld gefeiert wurde.

Jenseits von Gier und Ruhm

Um die Mitte des 19. Jahrhunderts setzte sich bei vielen Polarforschern die Erkenntnis durch, dass eine erfolgreiche Erkundung des arktischen Nordpolarmeeres nur möglich sei, wenn man von den Ureinwohnern der Region lernen würde, mit den extremen Bedingungen im hohen Norden umzugehen. Anders als die Europäer und Amerikaner konnten die Inuit auf Jahrhunderte zurückreichende Erfahrungen aufbauen. Als einer der ersten setzte der Amerikaner Elisha Kane diesen Ansatz in die Tat um. Auf seiner 1854 begonnenen Tour in das Polarmeer waren auch Inuit an Bord seines Segelschiffes. Auch auf vielen anderen Expeditionen dieser Zeit trugen die indigenen Menschen der Region einen entscheidenden Anteil zu der Erforschung ihrer Heimat bei.

Dem dänisch-grönländischen Polarforscher und Ethnologen Knud Rasmussen (1879–1933), der selbst ein Halbinuit war, ging es in seinen Reisen nicht wie vielen seiner früheren und späteren Kollegen um Reichtum oder Ruhm, sondern um die wissenschaftlich fundierte Untersuchung der Inuitkultur. Wie kein anderer vor ihm beschäftigte er sich auf zahlreichen Landesexpeditionen mit den Menschen des hohen Nordens. Ausgangspunkt seiner Expeditionen war die von ihm ins Leben gerufene Handels-, Forschungs- und Missionarstation ›Thule‹, deren gesamten Gewinn er in den Aufbau eines Krankenhaus überführte. Insgesamt unternahm Rasmussen zwischen 1912 und 1933 sieben wissenschaftliche Reisen in die Arktis. Neben der geografischen Erforschung der Region hatten seine Expeditionen vor allem kulturelle Forschungen als Ziel. Er beschäftigte sich mit der Kultur, den Sagen und der Sprache der Inuit. Aus heutiger Sicht betrachtet, steht außer Frage, dass die Arbeit Knud Rasmussens entscheidend zur weitgehend erfolgreichen Überführung der Inuit in die moderne Zeit beigetragen hat.

Einer der wenigen deutschen Polar­forscher, bei dem ebenfalls vor allem wissenschaftliches Interesse im Vordergrund seiner Arbeit stand, war der Berliner Geophysiker und Meteorologe Alfred Wegener. Von 1906 bis 1930 unternahm Wegener insgesamt vier große Polarexpeditionen. Neben der Erforschung der noch unbekannten grönländischen Nordostküste war er als Meteorologe vor allem an den Spezifika des arktischen Klimas interessiert. Um dies zu erreichen, ließ er meteorologische Stationen errichten, Fesselballons zur Messung des Klimas aufsteigen und Bohrungen im Eis vornehmen. Seine letzte Expedition im Jahre 1930, auf der er unter anderem einen von ihm entwickelten Schlitten mit Propellerantrieb testen wollte, wurde ihm zum Verhängnis. Auf dem Rückweg von einer Forschungsstation starb Wegener am 16. November an Herzversagen wegen Überanstrengung. Ein Jahr später wurde sein Grab gefunden. Sein grönländischer Begleiter blieb verschollen und mit ihm das Tagebuch Alfred Wegeners.

Der Wettlauf zum Nordpol

Nachdem frühere Versuche, den Nordpol mit dem Segelschiff zu erreichen, fehlgeschlagen waren (so beispielsweise Edward Parry im 19. Jahrhundert), setzte Ende des 19. Jahrhunderts ein regelrechtes Wettrennen um die Entdeckung des nördlichsten Punktes der Erde ein. Waren die ersten Polarexpeditionen noch vor allem von wirtschaftlichem Interesse geprägt gewesen, ging es nun vor allem um Ruhm und Ehre. Bis zum heutigen Tage ist jedoch nicht hinreichend geklärt worden, wer der erste Mensch war, der den geografischen Nordpol erreichte. Vor allem zwei Männer, die zu erbitterten Konkurrenten wurden, beanspruchten den Titel des ersten Menschen am Nordpol für sich: Robert Peary und Frederick Cook.

Einer der ersten, die es versuchten, war der norwegische Polarforscher und spätere Friedensnobelpreisträger (für seine Verdienste um die internationale Flüchtlingshilfe) Fridtjof Wedel-Jarlsberg Nansen. Als Polarforscher hatte er beobachtet, dass bei Grönland immer wieder Treibholz von sibirischen Baumstämmen angeschwemmt wurde. Daraus schloss Nansen, dass es eine Meeresströmung quer durch das Nordpolarmeer geben müsse. Sein Plan, den Nordpol zu erreichen, war aufgrund dieser Beobachtungen so genial wie verrückt. Er wollte mit einem speziell für diesen Zweck konstruierten Schiff im Eis eingeschlossen über den Nordpol driften und bei Spitzbergen wieder eisfreies Wasser erreichen. 1893 war es soweit, und Nansen stach mit seinem Schiff, der Fram, in See und ließ sich in der Nähe der Neusibirischen Inseln im Packeis einfrieren. Doch bald wurde klar, dass der Nordpol auf diese Weise nicht zu erreichen war, und der Abenteurer entschloss sich, mit einem Teil seiner Mannschaft den Nordpol per Fuß zu suchen. Sie erreichten den Nordpol jedoch nicht und mussten bei 86 Grad nördlicher Breite aufgeben. Trotz einer harten Überwinterung auf Franz-Josef-Land überlebten alle Teilnehmer das waghalsige Unternehmen. Auch die Fram kam im August 1896 mit der restlichen Mannschaft an Bord wohlbehalten aus dem Packeis. Zwar war Nansens Vorhaben fehlgeschlagen, doch hatte sein Experiment den Beweis einer ostwestlichen Polarströmung geliefert. Über seine außergewöhnlichen Erfahrungen veröffentliche er später das Buch ›In Nacht und Eis: Die norwegische Polarexpedition 1893–96‹, das es seit 2007 auch als Hörbuch zu kaufen gibt.

Die Frage, ob nun Robert Peary oder Frederick Cook der erste Mensch am geografischen Nordpol war, gehörte bereits zu Beginn des 20. Jahrhundert zu einem der meistdiskutierten Themen innerhalb der Forscherwelt. Obwohl beide behaupteten, dort gewesen zu sein – Cook angeblich am 21. April 1908 und Peary angeblich am 6. April 1909 – geht die man heute davon aus, dass keiner der beiden den Nordpol jemals erreichte.

Der Amerikaner Frederick Cook lernte sein Handwerkszeug als Seemann und Polarforscher von keinem geringerem als dem Südpolbezwinger Roald Amundsen, mit dem ihn eine enge jahrelange Freundschaft verband und mit dem er bereits mehrere gemeinsame Expeditionen unternommen hatte. 1903 führte er dann seine erste eigene Expedition im Nordpolarmeer an. Sein Ziel war die Besteigung des über 6000 Meter hohen Mount McKinley in Nordamerika. Obwohl er im nachhinein behauptete, den Berg 1906 als erster bestiegen zu haben, stellte sich bald heraus, dass er und seine Begleiter keineswegs den McKinley, sondern vielmehr einen weniger hohen Berg in einigen Kilometern Entfernung erklommen hatten. Sein Eifer nach Rekorden brachte ihn kurz darauf auf eine neue Idee: Er hatte sich zum Ziel gesetzt, als erster Mensch der Erde den geografischen Nordpol zu erreichen. Begleitet von zwei Inuit machte sich Cook 1908 auf den Weg, um Geschichte zu schreiben. Von der kanadischen Axel-Heiberg-Insel brach er gen Norden auf und behauptete später, den Pol am 21. April erreicht zu haben. Im Anschluss reiste er weiter nach Devon Island, wo er überwinterte, bevor er 1909 Grönland betrat. Er machte seine Entdeckung kurze Zeit später mit viel Publikumswirksamkeit und der Hilfe von Roald Amundsen publik und ließ sich als erster Mensch am Nordpol begeistert feiern.

Nur ein Jahr nach dem Aufbruch Cooks machte sich der amerikanische Polarabenteurer Robert Peary daran, den Nordpol zu erreichen. Bereits in den Jahren ab 1891 hatte er zahlreiche Expeditionen nach Grönland unternommen, auf denen er einen lukrativen Handel mit den Inuit trieb. 1897 brachte er von einer Tour sogar sechs Inuit mit nach New York, wo er sie wie Haustiere hielt. Nachdem einige der unfreiwilligen Begleiter an Tuberkulose gestorben waren, präparierte Peary die Körper der Toten und stellte sie in Museen aus, wo diese bis ins späte 20. Jahrhundert hinein besichtigt werden konnten. Für die Inuit gilt Peary seitdem als Peiniger ihres Volkes. In den Jahren 1905 und 1906 machte er sich nun das erste Mal daran, den Nordpol zu erreichen. Obwohl er so nahe an den nördlichsten Punkt der Erde herankam wie noch kein Mensch zuvor – Peary war nur noch 280 Kilometer vom Pol entfernt – musste er seine Reise bei 87 Grad nördlicher Breite abbrechen. Dabei verlor er acht Zehen durch Erfrierung. 1908 brach der Abenteurer zu seiner zweiten Nordpolexpedition auf. Der Druck auf ihm lastete schwer, in seinem Tagebuch notierte er: ›Meine letzte Chance. Der letzte Pfeil im Köcher.‹ Zudem wusste er um die Expeditionsfahrt Cooks, ohne jedoch das Ergebnis zu kennen. Als sein Schiff, die Roosevelt, nur noch etwa 200 Kilometer vom Pol entfernt war, entschloss sich Peary, zu Fuß den letzten Teil des Weges über das Eis zu gehen. »Endlich am Pol. Der Preis von drei Jahrhunderten. Mein Traum und Ziel seit zwanzig Jahren. Endlich mein!«, schrieb er später in sein Tagebuch. Nach seiner sicheren Rückkehr proklamierte er öffentlich das Erreichen des Pols am 6. April 1909 für sich.

Im Schatten von Cooks ein Jahr zuvor erfolgter angeblichen Entdeckung wurde Peary jedoch zunächst wenig beachtet und er beschloss, in die Offensive zu gehen. Er bezichtigte Cook öffentlich der Lüge und proklamierte die Entdeckung des Nordpols für sich. Der hatte jedoch mit Roald Amundsen einen mächtigen und bekannten Unterstützer. Die Öffentlichkeit war tief gespalten, und ein wahrer Zeitungskrieg entbrannte zwischen den beiden Kontrahenten. Nachdem jedoch Cooks Betrug bei der angeblichen Besteigung des McKinley bekannt wurde, war sein Ruf ruiniert, und auch sein Freund Amundsen distanzierte sich vorsichtig von ihm. Bereits im Jahre 1910 wurde Cook nach eingehender Prüfung seiner Aufzeichnungen über seine Expedition des Betrugs überführt, und ihm wurde die Entdeckung des Nordpols wieder aberkannt. Peary stand nun voll im Rampenlicht, wurde vielfach geehrt und gilt in Amerika bis heute bei vielen als der erste Mensch am Nordpol. Doch es gibt berechtigte Zweifel, ob Peary jemals dort war. Diese Bedenken beziehen sich vor allem auf die enormen Tagesetappen, die er angeblich zurückgelegt haben will. Schafften er und seine Begleiter laut Tagebucheinträgen zu Beginn des Landweges täglich rund 20 Kilometer, sollen es in den Tagen vor und nach der eigentlichen Nordpolentdeckung über 100 Kilometer am Tag gewesen sein. Selbst moderne Schlitten in heutiger Zeit legen jedoch kaum mehr als 35 Kilometer am Tag zurück. Verdächtig scheint auch, dass sich der sonst so forsche und öffentlichkeitssuchende Peary bei der Rückkehr mit der Reisebeschreibung auffällig zurückhielt. Hier vermuten viele Kritiker Pearys nun, dass er die Beschreibung von Cooks angeblicher Nordpoleroberung abwarten wollte, um nicht in die Verlegenheit zu kommen, den Nordpol als bergige Landschaft zu beschreiben, wenn Cook ihn beispielsweise als flache Ebene beschrieben hätte. Heute geht man davon aus, dass ›Peary’s Nordpol‹ etwa 100 Kilometer vom eigentlichen geografischen Pol entfernt lag. Heute gehen die meisten Polarforscher daher davon aus, dass keiner der beiden Konkurrenten, also weder Peary noch Cook, den Nordpol jemals erreichte. In den Vereinigten Staaten gilt Peary jedoch trotz aller berechtigter Zweifel an seinen Angaben nach wie vor als der erste Mensch am Nordpol.

Nachdem das Erreichen des Nordpols mit dem Schiff unmöglich erschien, machte sich eine ganze Reihe von Abenteurern daran, den Nordpol mit einem fliegenden Fortbewegungsmittel zu erreichen. 1925 scheiterte Roald Amundson mit seiner fliegenden Expedition noch an Navigationsfehlern. Er landete fälschlicherweise einige Kilometer vor dem eigentlichen Nordpol auf dem Eis. Nur ein Jahr später sollte der Versuch jedoch gelingen. Zusammen mit dem italienischen Luftschiffpionier und General Umberto Nobile startete er am 11. Mai 1926 mit dem Luftschiff Norge vom auf Spitzbergen gelegenen Ny-Ålesund gen Norden. Am 12. Mai 1926 flogen die Pioniere über den Nordpol. Damit sind sie die beiden wohl die ersten Menschen, die den Nordpol zweifelsfrei zum ersten Mal gesehen haben! Bei einer zweiten Fahrt zum Nordpol startete Nobile ohne Amundsen von Spitzbergen aus. Nur einen Tag nach der zweiten Überquerung des Nordpols stürzte sein Luftschiff ›Italia‹ jedoch ab. Auf der Suche nach seinem verschollenen Freund, der im Juli von einem sowjetischen Eisbrecher leicht verletzt geborgen werden konnte, verschwand Roald Amundsen, der sowohl den Süd- wie auch den Nordpol gesehen hatte, für immer. Was in der damaligen Zeit noch die Welt in Atem hielt, ist heute zur reinen Routine geworden. Seit 1954 wird die Route über den Nordpol von Linienflügen genutzt, um von Europa nach Ostasien oder nach Nordamerika zu gelangen.

Der erste Mensch, der den Nordpol erwiesenermaßen mit seinen eigenen Füßen betrat, war der britische Polarforscher Sir Walter Herbert im Jahre 1969. Er nutzte dabei insgesamt vier Hundeschlitten, die von 40 Huskies gezogen wurden. Um die Versorgung und das benötigte Material der Expedition sicherzustellen, hatte sich Herbert dazu entschlossen, sich durch Flugzeuge aus der Luft versorgen zu lassen. Am 6. April 1969 erreichte er den geografischen Nordpol. Mit den zunehmen technischen Möglichkeiten gelang es in der Folgezeit auch Schiffen, den Nordpol erreichen. Den Anfang machte das amerikanische nukleare U-Boot USS Nautilus 1958, einige Jahre später (1977) gelang es auch dem sowjetischen Eisbrecher Arktika, das Ziel zu erreichen. Der Wettlauf zum nördlichsten Punkt der Erde, von dem viele Abenteurer und Forscher jahrzehntelang geträumt hatten, war damit zu Ende.

Krieg in der Arktis und der Beginn des Ost-Westkonfliktes

Auch der polare Norden blieb im 20. Jahrhundert nicht von den großen militärischen und politischen Auseinandersetzungen verschont. Im Zweiten Weltkrieg von 1939 bis 1945 kam der Arktis eine große strategische Bedeutung als Gebiet für den Transport von Waffen und Nachschub und als Standort für Wettersta­tionen zu. Hitlers sogenannte ›Operation Weserübung‹ begann im April 1940 und hatte unter anderem zum Ziel, die für die Stahlproduktion wichtige Versorgung mit Eisenerz über den norwegischen Hafen Narvik zu sichern. In der gesamten Region der Arktis errichteten die Kriegsparteien Wetterstationen zur Erhebung von Daten. Die Wetterdaten wurden sowohl für die Wettervorhersage in Europa und für die Kriegsführung der U-Boote im Nordatlantik als auch für die Opera­tionsführung von Marine und Luftwaffe im Nordpolarmeer benötigt. Wie wichtig diese Daten waren, zeigt unter anderem das Beispiel der Landung der Alliierten in der Normandie am 6. Juni 1944. Eine vorübergehende Wetterverbesserung auf dem Nordatlantik am Tag vor der Invasion, welche die Operation über Meer erst möglich machte, war von den deutschen Wetterstationen nicht erkannt worden. Da es die Tage vor dem 6. Juni anhaltend geregnet hatte, hatte man eine Invasion der alliierten Truppen für den 6. Juni ausgeschlossen.

Im Spätsommer 1941 griffen die deutsche Wehrmacht und die mit ihr verbündeten Finnen die Sowjetunion im hohen Norden an. Das Ziel, der Polarmeer-hafen Murmansk, über den die Alliierten die Rote Armee mit Waffen versorgten, wurde nie erreicht. Finnland einigte sich mit Stalin auf einen Separatfrieden, und die einstigen Waffenbrüder wurden aus dem Land getrieben – die SS hinterließ beim Rückzug auf Hitlers Befehl verbrannte Erde.

Auch die Alliierten verfolgten ihre Kriegsziele in der Arktis. Im August 1941 landete ein kleiner Trupp britischer Soldaten auf Spitzbergen, um die Lage auf der Insel zu erkunden. Doch dies war erst der Anfang. Im Verlauf der sogenannten ›Operation Gauntlet‹ sicherte ein kanadisch-britisches Expeditionskorps unter norwegischer Führung im September 1941 ganz Spitzbergen, räumte die zivilen meteorologischen Anlagen und stellte die Insel unter Kriegsrecht. Die Inuit-Völker litten besonders unter den Auseinandersetzungen. Mit der Errichtung von Stützpunkten, Landebahnen und Funkstationen wurde die gesamte Region erschlossen und die bisherige Abgeschiedenheit der indigenen Gemeinschaften auf abrupte Art und Weise beendet.

Noch heute können stumme Zeugen des Zweiten Weltkriegs in der Arktis gefunden werden. Wenn es im arktischen Sommer zu tauen beginnt, tauchen Utensilien von Soldaten, sogar Geschütze und Panzer auf. Zudem lassen sich an den Küsten gestrandete Zerstörer finden und die Hütten der Wetterstation ›Haudegen‹ auf Spitzbergen, wo im September 1945 die letzten Deutschen kapitulierten.

Die Zeit nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs stand vor allem im Zeichen des erbittert geführten Kalten Kriegs zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Sowjetunion. Auch die polare Arktisregion konnte sich dem Wettkampf der beiden konkurrierenden Supermächte nicht völlig entziehen. Radaranlagen wurden überall in der Region errichtet, an vielen Orten Truppen stationiert. Mit Luftvermessungen wurden Karten in bisher unerreichter Genauigkeit erstellt, was die Streitigkeiten über Souveränitätsrechte in der Region anheizte.

Besonders schlimm war die Situation für diejenigen Polarbewohner, die in der Sowjetunion lebten. Die Völker im sowjetischen Einflussbereich verloren trotz erheblichen Widerstandes unter der kommunistischen Regierungsform, die so wenig Autonomie wie möglich zulassen wollte, rasch ihre Selbständigkeit. Die Menschen, die bis dato vor allem ein Nomadenleben geführt hatten, wurden ohne Rücksicht auf ihre kulturellen Traditionen in die landwirtschaftliche Kollektivierung gezwungen. Ihre Herden wurden in die neu entstehenden Kolchosen eingegliedert und die vorher frei und unabhängig lebenden Menschen entmündigt und entrechtet. Anders als die in der ›westlichen Welt‹ lebenden Polarvölker hatten die Menschen keine Chance, ihre eigene Kultur und Tradition offen zu leben.

Doch auch Länder, die nicht im Machtbereich der Kommunisten lagen, bekamen die Zeichen der Zeit zu spüren. Grönland war wegen seiner Lage von den unmittelbaren Folgen der amerikanisch-sowjetischen Auseinandersetzung am stärksten betroffen. Durch seine unmittelbare Nähe zum sowjetischen Gebiet kam dem Land eine große geostrategische Bedeutung zu. 1951 wurde daher zwischen Dänemark und den USA ein Vertrag über die militärische Nutzung der Insel unter NATO-Regie geschlossen. Nur ein Jahr später begannen die Amerikaner bereits, große Luftstützpunkte auf Grönland zu errichten. Sie hatten somit die Möglichkeit, Bomber und Aufklärungsflugzuge im Ernstfall schnell über sowjetischem Luftgebiet einsetzen zu können.

Was für ein Schiff! … Aber wie weit würde der Weg durchs Polarmeer sein und wie groß ein Eisberg? Die Admiral Tegetthoff war 32 Meter lang und 7,3 Meter breit. Was waren drei Mastbäume und hundert Pferdestärken gegen Schollen, so groß, daß man Paläste auf ihnen hätte errichten können?