Vorwort

»Glänzend weiß, strahlend blau, rabenschwarz: So leuchtet das Land im Sonnenlicht, märchenhaft schön. Spitze an Spitze, Gipfel an Gipfel, zerklüftet, wild, wiekein anderes Land der Erde – so liegt es da, unbeachtet und unberührt, gefährlich und verführerisch.« Mit diesen Worten beschrieb der legendäre norwegische Polarforscher Roald Amundsen 1903 seine Eindrücke von der Arktis, als er auf der Suche nach der Nordwestpassage den eisigen Norden bereiste. Bereits seit Jahrhunderten übt die kalte, schroff und lebensfeindlich erscheinende Eiswelt eine geradezu magische Anziehungskraft aus. Deshalb trieb es Menschen aus ganz unterschiedlichen Gründen seit der Zeit der Wikinger immer wieder in die Arktisregion, sei es als Entdecker, Abenteurer, Handeltreibender, Jäger oder wie heute als Tourist.

Berichte über die zunehmende Bedrohung der Eisbären, über den geografischen Nordpol oder über die immer weiter fortschreitende Klimaveränderung in der Arktis finden weltweit große Aufmerksamkeit. Es ist folgerichtig auch kaum verwunderlich, dass es immer mehr Menschen gibt, die heute noch das sehen underleben wollen, was es vielleicht in nicht allzu ferner Zukunft nicht mehr gebenwird: riesige unberührte Eisflächen, bizarre Gletscherformationen und eine einzigartige Tier- und Pflanzenwelt. Neben der Flora und Fauna findet aber auch die Kultur der einstigen Urbevölkerung der Arktis, der Inuit, immer größeren Anklang. Viele Menschen aus den eher nach Rationalität strebenden westlichen Gesellschaften zeigen sich beeindruckt von den Bräuchen, Glaubensvorstellungen und künstlerischen Tätigkeiten der Menschen und wollen diese kennenlernen. Eine der schönsten und beeindruckendsten Möglichkeiten, die polare Welt zu erleben, ist die Reise mit einem Schiff. In diesem Reiseführer geht es sowohl um Expeditionskreuzfahrten durch die gesamte Arktis als auch um das Reisen entlang der norwegischen Westküste mit den Hurtigrutenschiffen und größeren Kreuzfahrtschiffen.

Bei den Expeditionsfahrten handelt es sich hauptsächlich um Reisen mit speziell ausgerüsteten Schiffen, die in der Regel zwischen 50 und 200 Passagiere an Bord nehmen und Ziele anfahren, die mit Auto oder Flugzeug, aber auch mit den großen Kreuzfahrtschiffen nicht erreicht werden können. Im Mittelpunkt dieser Expeditionsfahrten steht vor allem die Auseinandersetzung mit den Menschen sowie der Natur der Arktis. Dies macht diese Art des Reisens zu einer ganz besonderen und intensiven Möglichkeit, die faszinierende Arktisregion zu erleben, zumal die Anbieter dieser polaren Expeditionsreisen sehr darauf achten, dass ihre Fahrten in striktem Einklang mit den Bedürfnissen der Menschen und der Tier- und Pflanzenwelt der Arktis durchgeführt werden. Wer einmal mit einem Expeditionsschiff in den polaren Gewässern unterwegs war, wird diese Reise nicht vergessen. Die meisten Reisenden kommen immer wieder zurück.

Die Nordwestpassage

Bereits vor über 500 Jahren versuchten Seefahrer im Auftrag der europäischen Mächte, einen direkten Seeweg, der den Atlantischen und den Pazifischen Ozean verbindet, zu entdecken und nutzbar zu machen. Der schnelle Weg von Europa nach Asien versprach große wirtschaftliche Gewinne. Zunächst scheiterten alle Versuche einer Durchquerung. Die erste komplette Durchfahrt gelang Roald Amundsen erst im Jahr 1906.

Die 5780 Kilometer lange Wasserstraße führt heute über das Nordpolarmeer (Arktischer Ozean), seine Randmeere sowie über die Meeresstraßen durch den kanadischen Archipel. Die Entdeckung der Passage ermöglichte intensivere wirtschaftliche Beziehungen zwischen den beiden Kontinenten. Die Wasserstraße war und ist jedoch stark von der in den letzten Jahren immer weiter zunehmenden Seepiraterie betroffen, welche die Fahrt nicht selten zu einem gefährlichen Unterfangen macht. Aufgrund der extremen klimatischen Bedingungen ist eine wirtschaftliche Nutzung zudem nur sehr schwer möglich. Der Seeweg ist die meiste Zeit des Jahres gefroren und nur unter Einsatz von massiven Eisbrechern passierbar. Dies könnte sich jedoch bald ändern. Angesehene Klimaforscher gehen heute davon aus, dass die Passage in absehbarer Zukunft aufgrund der globalen Erderwärmung ganzjährig befahrbar sein könnte. Schon jetzt ist diese Entwicklung deutlich spürbar. Der Zeitraum der jährlichen Befahrbarkeit hat deutlich zugenommen. Zudem gibt es merkliche Fortschritte im Bau sogenannter arktistauglicher Tanker, die auch ohne Hilfe von kostenintensiven Eisbrechern die Route befahren können und so viele Kosten sparen könnten. Daher wird die wirtschaftliche Erschließung des Seeweges intensiv vorbereitet. Geplant ist derzeit der Aufbau einer Infrastruktur, welche die Sicherheit und den Service für den erwarteten Tankerverkehr in der Region gewährleisten soll. Was diese Intensivierung des wirtschaftlichen Schiffsverkehres für das Ökosystem der Arktis bedeuten wird, ist heute noch nicht abzusehen, Arktisforscher warnen jedoch bereits vor den Folgeschäden dieser Entwicklung.

Klimawandel

Die Arktis ist verglichen mit anderen Regionen der Erde besonders stark von der glo­balen Klimaveränderung betroffen und die Szenarien, welche die international forschenden Experten befürchten, sind alarmierend.

Die Eisschmelze in der Arktis nimmt bereits heute dramatische Formen an. In den vergangenen Jahren erhöhte sich die durchschnittliche Temperatur in der Region etwa doppelt so schnell wie auf globalem Niveau. Auch wenn sich Politiker weltweit um eine Lösung der Klimaproblematik bemühen, ist ein Ende dieser Entwicklung derzeit nicht in Sicht. Bisher gibt es noch kein schlüssiges Konzept, wie der Rückgang der Eisdecke in der Arktis verhindert oder zumindest verlangsant werden könnte.

Wissenschaftler berechneten, dass die Meereisbedeckung der Arktis 2008 über 34 Prozent unter der durchschnittlichen Bedeckung in den Jahren 1979 bis 2000 lag. Für 2009 rechneten die Experten mit der schnellsten Schmelze des Eises seit Beginn der Messungen. Würde sich der besorgniserregende Trend in dieser Form fortsetzen, ist davon auszugehen, dass die Arktis bereits im Jahr 2050 völlig eisfrei wäre. Die Konsequenzen einer solchen Entwicklung wären verheerend. Doch die direkten Folgen der Eisschmelze sind bereits schon heute sichtbar. Eine Kieler Forschungsexpedition beobachtete 2009 in Sibirien, dass Häuser Risse bekommen und einzustürzen drohen, weil der Dauerfrostboden langsam aufzutauen beginnt. Neben der arktischen Natur ist also auch der Mensch direkt durch den Klimawandel bedroht.

Die Arktis hat als ›Kühlhaus‹ des Weltklimas auch entscheidenden Einfluss auf die weitere Entwicklung der Klimaveränderung. Das Auftauen des Permafrostbodens führt zur Freisetzung von Methan, einem Treibhausgas, das in die Atmosphäre steigt und die globale Erderwärmung beschleunigt. Ebenso könnte ein weiteres Schmelzen der Eisschicht zu einer Erhöhung des Meeresspiegels führen. Alleine die Eismasse Grönlands (knapp drei Millionen Kubikkilometer) wäre nach Ansicht mancher Wissenschaftler groß genug, um den Meeresspiegel über sechs Meter ansteigen zu lassen. Viele Küstenregionen würden unwiederbringlich in den Fluten der Ozeane untergehen.

Der Rückgang der Eisschicht hat auch schwerwiegende Folgen für das sensible Ökosystem der Region. Bereits jetzt ist ein deutlicher Zuwachs der Gänsepopulation zu beobachten, während die Zahl der Rentiere deutlich zurückgegangen ist. Sorgen machen vielen Wissenschaftlern auch die Folgen der Erwärmung für die Robben- und Eisbärenpopulationen. Auch für die Bewohner der Arktis ist die Entwicklung dramatisch. Nach einer amerikanischen Studie sind sie in den nächsten Jahren ›mit großen wirtschaftlichen und kulturellen Folgen konfrontiert‹.

Neben den vielen negativen Effekten hat die Erwärmung aber auch positiven Einfluss auf die Wirtschaft des hohen Nordens. Durch den Rückgang des Eises werden schnellere und kostengünstigere Schiffsrouten durch die Arktis befahrbar. Zudem ermöglicht der Rückgang des Dauerfrostbodens den Abbau von Diamanten und anderen wertvollen Rohstoffen in der Arktis.

Im Süden Grönlands hat die Erderwärmung schon heute dazu geführt, dass neue landwirtschaftliche Flächen erschlossen werden. Was vor Jahrzehnten unmöglich erschien, könnte schon bald wahr werden: Äpfel aus Grönland.

Geologische Fachbegriffe

Gestein: natürliche Anhäufungen von Mineralen, vulkanischen Glasbestandteilen und Resten von Organismen, die die feste Erdkruste bilden. Nach Art der Entstehung werden sie eingeteilt in:

Magmatisches Gestein: aufsteigende Magmen erstarren an der Oberfläche (Vulkanite) oder innerhalb der Erdkruste (Plutonite).

Sedimentgesteine: verfestigte Ablagerungen an der Erdoberfläche unterschiedlichster Entstehung und Zusammensetzung.

Metamorphes Gestein: Umwandlung von Gesteinen in der Erdkruste durch zunehmenden Druck und Temperatur.

Basalt: an der Oberfläche erstarrte basische Lava, in der auch einzelne Kristalle in der zumeist dichten und dunklen Matrix auftreten können.

Brekzien: grobkörniges klastisches Sedimentgestein, das mindestens zur Hälfte aus eckigen Komponenten besteht, die durch feinkörnige Bindemittel – Ton, Kalk u.a. – verkittet sind.

Erosion: Abtragung von Gestein und Boden durch Einwirkung natürlicher Prozesse (Temperatur, Wasser, Gletscher, Wind, Tektonik) auf die Erdoberfläche.

Gneis: Quarz- und Feldspatreiches hochmetamorphes Gestein mit parallel ausgerichtetem Mineralgefüge

Granit: grobkörniges magmatisches Tiefengestein – Plutonit – das überwiegend aus den Mineralen Quarz, Feldspat und Glimmer besteht, die regellos verteilt sind.

Klastische Sedimente: zumeist geschichtete und verfestigte Ablagerungen unterschiedlicher Korngrößen – Tonsteine, Sandsteine, Konglomerate u.a.

Konglomerat: im Gegensatz zur Brekzie (s.o.) sind die grobkörnigen Bestandteile gerundet.

Migmatit: Gestein mit magmatischen und metamorphen Anteilen; sie stammen aus großen Tiefen, in denen bereits teilweise Aufschmelzungsprozesse stattfinden.

Molasse: Sedimentgesteine, die durch Abtragung eines Gebirges entstehen.

Moräne: vom Eis abgelagerter Gesteinsschutt in großer Formenvielfalt.

Ophiolith: Teile ozeanischer Erdkruste, die in Kollisionszonen tektonisch in kontinentale Erdkruste verschoben wurden.   

Phyllit: schwach metamorph überprägte Tonschiefer mit seidigem Glanz auf den Schieferflächen.

Solifluktion: langsames hangabwärts gerichtetes Gleiten von wassergesättigter ungefrorener Bodenbedeckung in Permafrostbereichen.

Tektonik: Bewegungen der Erdkruste und ihrer Oberfläche durch erdinnere (endogene) und auf der Oberfläche (exogene) stattfindende Prozesse.

terrestrisch: das Festland betreffend.

Der Polarbär

Der Polarbär, oder auch einfach Eisbär genannt, ist mit seiner mächtigen und dennoch elegant anmutenden Gestalt das größte an Land lebende Raubtier der Erde. Nicht erst seit der überaus erfolgreichen Vermarktung des Berliner Eisbären Knut löst der ›ewige Wanderer‹ des Nordens mit seiner Schönheit auf der ganzen Welt bei Groß und Klein Begeisterung aus. Auch Staaten schmücken sich gerne mit dem mächtigen Jäger als nationales Symbol. So ziert der Polarbär das Wappen Grönlands sowie Wappen und Flaggen weiterer kleinerer nordischer Staaten. Insgesamt gibt es heute noch bis zu 5000 der Polarbewohner in der Arktis.

Der Eisbär kann eine enorme Größe erreichen, vor allem, wenn er sich auf seine Hinterbeine stellt. Männchen können bis zu 2,60 Meter lang werden und über 400 Kilogramm wiegen. Damit überragt das Tier den Menschen bei weitem! Das für den Eisbären typische weiß-gelbliche Fell stellt in der arktischen Eisregion eine ideale Tarnung dar, die ihm das Jagen erleichtert. Zudem ist es wasserabweisend: eine wichtige Eigenschaft für den überaus guten Schwimmer.

Das Leben der Eisbären ist auf das Engste mit dem arktischen Packeis verbunden. Die auf den Schollen lebenden Tiere reisen auf der Suche nach Nahrung mit ihnen sozusagen per Anhalter bis in die nördlichsten Teile der Arktis. Der Polarbär ist ein absoluter Einzelgänger. Nur ab und an zur gemeinsamen Nahrungsbeschaffung und zur Paarung treffen sich die Tiere. Der zum größten Teil eisfreie Sommer ist die schwierigste Zeit für die Eisbären, da sie dann nur sehr schwer Nahrung finden. Sie streifen dann vor allem in der Tundra umher und ernähren sich von Hühnern und Enten. In dieser Zeit sind sie hungrig und daher auch für Menschen sehr gefährlich. Diese Gefahr sollte unter allen Umständen ernstgenommen werden, und es ist dringend davon abzuraten, einem Tier zu nahe zu kommen. Auch Menschen werden als potentielle Nahrung gesehen!

Seit den 50er und 60er Jahren des letzten Jahrhunderts ist die Zahl der Eisbären durch Jagd und Trophäenjagd dramatisch zurückgegangen. Der Eisbär steht aus diesem Grund seit 1973 unter striktem Artenschutz. Es ist streng verboten, die Bären zu verfolgen, anzulocken, zu füttern oder zu stören. Obwohl sich durch die Maßnahmen die Zahl der Eisbären wieder erhöht hat, ist der ›Herrscher der Arktis‹, wie die ganze Region, von der globalen Erderwärmung bedroht. Experten befürchten, dass die Zahl der Polarbären in den nächsten Jahrzehnten wieder dramatisch zurückgehen könnte.

Der Arktische Rat

Seit dem 15. Jahrhundert lieferten sich Eroberer und Entdecker aus Europa und Amerika einen Kampf um das Gebiet der Arktis. Sie kamen als Walfänger, Jäger oder Kaufleute, als Siedler oder Wissenschaftler. Gemeinsam war ihnen allen die Gier nach Ruhm und Geld. Die Opfer dieser Politik waren die einheimischen Völker – von den Fremden verächtlich Eskimos genannt. 

1996 wurde der sogenannte Arktische Rat gegründet. Ziel des zwischenstaatlichen Abkommens zwischen den Anrainerstaaten der Arktis ist es, den Schutz der indigenen Bewohner und der Umwelt zu gewährleisten. Zudem hat sich der Rat zur Aufgabe gemacht, Forschungsvorhaben und Entwicklungsprojekte zu fördern und zu verwirklichen. Die Außenminister der Mitgliedsländer Dänemark, Finnland, Island, Kanada, Norwegen, Russland, Schweden und der Vereinigten Staaten räumten in ihrer Gründungserklärung den indigenen Völkern der Arktis weitreichendes Mitspracherecht bei allen Entscheidungen ein. So gehören seit der Gründung sechs Organisationen der indigenen Bevölkerung zu den ständigen Mitgliedern des Rates.

 Der Arktisrat ist heute in zahlreichen Politikfeldern, die die Arktis betreffen, führend. Treffen finden in einem sechsmonatigen Turnus statt. Auch ausländische Beobachter wie die Bundesrepublik Deutschland nehmen an den Treffen teil. In den vergangenen Jahren hat sich der Rat vor allem darum bemüht, die Folgen der globalen Erderwärmung für die Arktisregion zu dokumentieren und Studien durchzuführen. 

Seit 2013 hat ein ›Ständiges Sekretariat‹ des Arktischen Rates in Tromsø (Norwegen) seinen Sitz. Ebenfalls 2013 wurde ein völkerechtlich verbindliches Übereinkommen über die Zusammenarbeit zur Vermeidung bzw. Beseitigung von Ölverschmutzungen in der Arktis geschlossen.

Der Polarforscher Knud Rasmussen

Knud Johan Victor Rasmussen zählt heute zu den großen Pionieren der Erforschung der Arktis. Rasmussen wurde am 7. Juni 1879 als Sohn des dänischen Pastors und Sprachforschers Christian Rasmussen und Louise Rasmussen, einer Grönländerin mit Inuitvorfahren, in Ilulissat, der drittgrößten Stadt Grönlands, geboren. Einen Teil seiner Kindheit verbrachte der junge Knud bei seinen Inuitverwandten, wo er mit der Kultur und Lebensweise der indigenen Polarbevölkerung in Berührung kam. So wuchs Knud in zwei unterschiedlichen Kulturen auf und sprach sowohl Grönländisch als auch Dänisch fließend. Bereits als kleiner Junge war Rasmussen ein auch für grönländische Verhältnisse begnadeter Hundeschlittenfahrer, und er wird mit den Worten zitiert: ›Gib mir Schnee, gib mir Hunde, den Rest kannst du behalten.‹ In Dänemark studierte er Völkerkunde und wurde Journalist. Als Korrespondent schrieb er für verschiedene dänische Zeitungen über die polaren Regionen. Eine seiner ersten Expeditionen führte ihn 1903 zu den Polar-Inuit in die nordgrönländische Stadt Thule, die bis dahin isoliert von der restlichen Bevölkerung Grönlands gelebt hatten. Dort blieb Rasmussen mehrere Monate und informierte sich detailliert über ihre Lebensweise, ihren Glauben sowie ihre Mythen und Sagen. Mit seiner Berichterstattung verfolgte er den Wunsch, dass die Menschen aus Thule ihre Kultur nicht zugunsten der modernen Welt aufgaben, aber gleichzeitig mit Dingen des täglichen Bedarfs versorgt werden konnten. Als er später nach Grönland zurückkehrte, gründete er im Jahre 1910 die Handelsstation ›Thule‹. Von hier aus unternahm er bis zu seinem Tod 1933 zahlreiche Expeditionen in die Polarregionen. Die berühmteste dieser Expeditionen war zweifelsohne die mehr als drei Jahre dauernde Reise mit dem Hundeschlitten entlang der Nordwestpassage von Grönland bis nach Alaska.

Im Zentrum von Rasmussens Interesse stand zeitlebens die Kultur der Inuit. Sein Traum war es, dafür zu sorgen, dass die Inuit aus den verschiedenen Ländern mehr voneinander, um ihre Interessen gemeinsam zu vertreten. 1925 erhielt er dafür die Ehrendoktorwürde der Universität Kopenhagen. Auch als Schriftsteller war Knud Rasmussen tätig, und so können wir auch heute noch von seinen Expeditionen und Forschungen lesen. Zu seinen Werken zählen unter anderem ›Mein Reisetagebuch‹ (1915), ›Mythen und Sagen auf Grönland‹ (1921–1925), ›Von Grönland bis zum Stillen Ozean‹ (1925–1926) und sein wohl bekanntestes Buch: ›Die große Schlittenreise‹ (1932).

In seiner Geburtsstadt Ilulissat befindet sich heute ein Museum, das an den wohl berühmtesten aller Grönländer erinnert. 

Jeder, der Grönland besucht sollte den Film Palos Brautfahrt (Originaltitel: Palos brudefærd) gesehen haben. Es ist ein halbdokumentarischer, dänischer Spielfilm aus dem Jahr 1934, der authentisch die ostgrönländische Inuit-Kultur zeigt.

Roald Amundsen: Der Bezwinger beider Pole

Einer der klangvollsten und bekanntesten Namen in der Geschichte der Polarforschung ist ohne Zweifel der des Norwegers Roald Amundsen, der in seinem Leben sowohl den Süd- wie auch den Nordpol erreichte und sich damit unsterblich machte. Der am 16. Juli 1872 in Fredrikstad (Norwegen) geborene Amundsen stammte aus einer wohlhabenden Familie. Sein Vater, der Schiffseigner Jens Amundsen, war durch Sklaven­handel zu einem beträchtlichen Reichtum gelangt. Schon der Name seines fünften Sohnes Roald deutete auf dessen spätere Erfolge hin. Der altnordische Name bedeutet so viel wie ›der Ruhmvolle‹. Schon als Kind hatte er den sehnlichen Wunsch, einmal Polarforscher zu werden. Wie er später berichtete, hatte er in seiner Jugendzeit die Bücher John Franklins, eines britischen Polarforschers, der bei seinem Versuch, die Nordwestpassage zu entdecken, ums Leben gekommen war, geradezu verschlungen. »Seltsam«, schrieb Amundsen später in seiner Autobiografie, »dass gerade die Beschreibung solcher Entbehrungen, die er und seine Leute zu erdulden hatten, mich an der Erzählung Sir Johns am meisten fesselte. Auch ich wollte für eine erhabene Sache leiden.«

Amundsen studierte nach seiner Schulzeit mit mäßigem Interesse und noch mäßigeren Leistungen an der Königlich-Norwegischen Frederiks-Universität Kristiania Sprachen (darunter auch Deutsch) und Philosophie, seine ganze Energie verwendete er jedoch auf seine wahre Leidenschaft: die Polargebiete. Sein Ziel war vor allem der Ruhm. Mit Ach und Krach legte er sein Staatsexamen ab und heuerte als Matrose an. Später schrieb er darüber: ›Mit großer Erleichterung verließ ich kurz darauf die Universität, um mich mit ganzer Seele in den Traum meines Lebens zu stürzen.‹

Konsequent widmete er sich seiner seemännischen Ausbildung. Er machte sein Steuermannspatent und ging 1897, mit einer Empfehlung Fridtjof Nansens, als Zweiter Offizier unter dem Kommando des belgischen Antarktisforschers Adrien de Gerlache auf seine erste Südpolar-Expedition – der Anfang war gemacht. Mit gerade einmal 29 Jahren machte er, nach einem weiteren Studium am Marineobservatorium in Wilhelmshaven und an der Deutschen Seewarte in Hamburg, sein Kapitänspatent. Dank der Erbschaft seines mittlerweile verstorbenen Vaters kaufte er sich sein eigenes Schiff, die ›Gjøa‹.

In den Jahren 1903 bis 1906 gelang es Amundsen, die Nordwestpassage, an der sich Abenteurer seit mehr als vier Jahrhunderten versucht hatte, vom Atlantik zum Pazifik zu durchfahren. In seiner gerade unabhängig gewordenen Heimat Norwegen wurde er daraufhin wie ein Nationalheld gefeiert, seine Reisebeschreibung zum Bestseller. Doch sein Streben nach Ruhm ließ ihn nicht zu Ruhe kommen. Seine Lebensbestimmung trieb ihn weiter, zu neuen Rekorden in der Polarwelt. Sein nächstes Ziel sollte der Südpol sein. Das Rennen zum südlichsten Punkt der Erde war 1910, als Amundsen mit seinem Schiff ›Fram‹ in See stach, bereits voll im Gange. Sein schärfster Konkurrent und Widersacher war der Engländer Robert Falcon Scott, ein Kapitän der Royal Navy. 

Zeitgleich machten sich die beiden Konkurrenten daran, den Südpol zu erreichen: »Wenn wir gewinnen wollen, darf kein Hosenknopf fehlen«, schärfte Amundsen seiner Mannschaft ein. Am 19. Oktober 1911 machte sich Amundsen mit fünf Männern, 54 Hunden und vier Schlitten auf den Weg. Ihr Tempo war atemberaubend. Bereits am 14. Dezember waren sie am Ziel, feierlich wurde die norwegische Flagge platziert. In seiner Heimat wurde Amundsen mit großem Jubel empfangen. Nur der tragische Tod seines Rivalen Scott, der den Südpol kurz nach Amundsen erreicht hatte, jedoch auf dem Rückweg ums Leben gekommen war, trübte die Stimmung ein wenig. Später berichtete Amundsen über seine abenteuerliche Reise in dem Buch ›Die Eroberung des Südpols, 1910–1912‹.

Nachdem sich Amundsen ein wenig in seinem Ruhm gesonnt hatte, nahm der unermüdliche Entdecker sein neues Ziel in Angriff: den Nordpol. Diesmal mit einem Flugzeug! Diesmal war dem Pionier das Glück jedoch weniger hold. Als eine der beiden Maschinen, mit denen Amundsen 1925 gestartet war, notwasserte, musste er seine Expedition bereits kurz nach Beginn abbrechen. Noch während er mit Hilfe des Italieners Umberto Nobile seine nächste Expedition zum Nordpol, diesmal mit einem Zeppelin, plante, ereilte ihn die Nachricht, dass der Amerikaner Richard Byrd mit einer zwei­motorigen Fokker-Maschine den Pol bereits erreicht hatte. Die ›Norge‹, so der Name des Zeppelins, konnte nur noch Zweiter werden, aber sie war mit über 100 Metern Länge bedeutend eindrucksvoller und publikumswirksamer als Byrds kleines Flugzeug. Am 11. Mai 1926 startete sie. Es wurde ein grandioser Flug quer über die Arktis und den Pol bis Alaska. Noch einmal war der Name Amundsen in aller Munde.

Darauf begann sein langsamer Abstieg: Amundsen zog sich zunehmend zurück, bekam finanzielle Probleme und verhielt sich für viele seiner ehemaligen Weggefährden sonderbar: »Ich begreife Amundsens Verhalten nicht«, schrieb sein alter Förderer Nansen 1927. »Ich habe den Eindruck, als sei er ganz aus dem Gleichgewicht geraten und für seine Handlungen nicht mehr voll verantwortlich.«Das letzte Mal, dass Amundsen in die Öffentlichkeit trat, war bei der Suche nach Umberto Nobile, der mit seinem neuen Luftschiff ›Italia‹ angetreten war, um die Arktisüberquerung zu wiederholen, und verschollen war. Amundsen mietete ein zweimotoriges Flugboot samt Besatzung. Am Morgen des 18. Juni 1927 startete er Richtung Spitzbergen und wurde nie wieder gesehen. Wochen später bargen Fischer einen Schwimmer und einen Benzintank der Maschine – mehr wurde nie gefunden. Die See behielt ihr Geheimnis bis heute. Etwas außerhalb von Amundsens Geburtsort Fredrikstadt, sind heute eine Gedenkstätte und ein Museum über den Menschen und Polarforscher Roald Amundsen zu besichtigen.

Wer mehr über Amundsen und die Entdeckung der Arktis erfahren möchte, sollte unbedingt das FRAM-Museum in Oslo besuchen (www.frammuseum.no). Weitgehend unbekannt, dafür umso interessanter ist das Arktis-Antarktismuseum in St. Petersburg mit vielen Modellen von Schiffen (www.saint-petersburg.com/museums).

Richtschnur des WWF für Arktisbesucher

  1. Machen Sie Tourismus und Naturschutz miteinander vereinbar.

Mit dem Geld, das Sie für Ihre Reise bezahlen, bestimmen Sie mit über die Entwicklung und Entwicklungsrichtung des Arktis-Tourismus. Belohnen Sie daher mit Ihrem Geld anerkannte und naturschutzfreundliche Reiseveranstalter und Anbieter.

Holen Sie vor dem Besuch von Naturreservaten und anderen geschützten Gebieten die etwaigen notwendigen Genehmigungen ein. Verlassen Sie diese Gebiete so, wie Sie sie vorgefunden haben, und vermeiden Sie Beeinträchtigungen der Tierwelt.

Informieren Sie sich über die Gesetze und Bestimmungen zum Schutz der Tier- und Pflanzenwelt in der Region, die Sie besuchen, und halten Sie diese Richtlinien ein. Machen Sie sich kundig über bedrohte Arten in der betreffenden Region. Bejagen und fischen Sie diese Arten nicht und kaufen Sie auch keine aus ihnen hergestellten Produkte.

Von Ihrem Feedback hängt viel ab. Wenn eine Reise, ein Reiseservice oder ein Anbieter ökologisch verantwortungsvoll aufgetreten ist, lassen Sie dies den Betreiber oder Veranstalter wissen – das gleiche gilt für den Fall, dass Verbesserungen notwendig sind.

Schließen Sie sich Natur- und Umweltschutzorganisationen an, die sich für die Arktis einsetzen, und unterstützen Sie Arktis-Schutzprojekte.

  1. Unterstützen Sie die Erhaltung der unberührten Natur und des Artenreichtums.

Informieren Sie sich über Initiativen zum Schutz von Flora, Fauna und der Lebens­räume der Arktis. Leisten Sie Ihren Beitrag zur Unterstützung durch Spenden, freiwillige Mitarbeit, Umweltschutzinformationen gegenüber Dritten sowie durch die Interessenvertretung gegenüber Regierungen und der Wirtschaft.

Die großen unberührten Gebiete der Arktis sind eine einzigartige Umweltressource. Setzen Sie sich gegen Entwicklungen ein, die zur Zersplitterung dieser Gebiete führen könnten bzw. Fauna und Flora oder gar Ökosysteme gefährden.

Besuchen Sie Parks und Naturreservate. Die Besuchernachfrage und die Einnahmen durch Touristen sind ein Beitrag zur Unterstützung bestehender Schutzgebiete und können zur Ausweisung zusätzlicher Reservate führen.

  1. Beachten Sie bei der Nutzung natürlicher Ressourcen das Prinzip der Nachhaltigkeit.

Gehen Sie zu Fuß oder benutzen Sie möglichst häufig Skier, Kajaks, Boote, Hundeschlitten oder sonstige nicht motorisierte Fortbewegungsmittel, um so die Lärm- und Abgasbelastung zu vermindern sowie die Beschädigung des Bodens möglichst gering zu halten. Vermeiden Sie nach Möglichkeit die Nutzung von Schneemobilen, besonders bei dünner Schneedecke.

Halten Sie beim Beobachten und Fotografieren der Tierwelt möglichst Abstand. Denken Sie daran, dass Sie einen unverfälschten Eindruck nur erhalten, wenn die Tiere Sie gar nicht bemerken. Widerstehen Sie der Versuchung, sich zu dicht an die Tiere heranzupirschen. Respektieren Sie die Signale einer Beunruhigung der Tiere wie etwa Warnrufe, Zeichen der Desorientierung, angelegte Ohren und aufgestellte Haare.

Besorgen Sie sich in Gebieten, in denen das Jagen und Fischen erlaubt ist, die notwendigen Genehmigungen. Befolgen Sie alle Vorschriften und nehmen Sie sich nur so viel, wie Sie tatsächlich brauchen. Jagen und fischen Sie nur unter Einhaltung des Prinzips der biologischen Nachhaltigkeit und niemals zu Lasten der in der Region lebenden Menschen.

Unberührte Naturgebiete sind eine natürliche Ressource – hinterlassen Sie sie so, wie Sie sie vorgefunden haben, damit auch andere sich daran erfreuen können. Sammeln Sie Andenken nur, wo dies erlaubt ist, oder wenn Sie eine Genehmigung dafür haben. Greifen Sie beim Campieren möglichst nicht verändernd in die Natur ein. Nutzen Sie bestehende Lagerstätten und Pfade statt neue zu schaffen.

Bestehen Sie als Teilnehmer einer organisierten Reise bzw. Tour darauf, dass Ihnen der Veranstalter vorherige umfassende Informationen über das Zielgebiet und die notwendigen Maßnahmen zur Vermeidung von Schäden gibt.

  1. Reduzieren Sie Ihren Verbrauch, Abfall und die Umweltverschmutzung.

Durch die Wahl von Unterkunft und Produkten sowie Ihren möglichst sparsamen Verbrauch nehmen Sie entscheidenden ökologischen Einfluss. Entscheiden Sie sich für biologisch abbaubare bzw. recycelfähige Produkte mit möglichst wenig Verpackungsmaterial.

Nutzen Sie vorhandene Recycling-Einrichtungen. Wählen Sie als Teilnehmer einer organisierten Reise einen Reiseveranstalter, der Recycling durchführt.

Beschränken Sie sich in Ihrem Energieverbrauch, auch bei Heizung und warmem Wasser.

Hinterlassen Sie möglichst wenig Spuren Ihres Besuches und nehmen Sie Ihren Abfall mit.

Wählen Sie stets das ökologisch günstigste Transportmittel. Verzichten Sie nach Möglichkeit auf den Verbrauch fossiler Treibstoffe und auf motorisierte Fortbewegungsmittel.

Achten Sie bei der Wahl Ihrer Unterkünfte darauf, dass sie effiziente Abfallverwertung und Recycling einsetzen sowie energiesparend operieren. Nach Möglichkeit sollte die eingesetzte Energie aus umweltfreundlichen Quellen wie Sonnenlicht oder Wasserkraft erzeugt werden.

  1. Respektieren Sie die einheimische Kultur.

Befassen Sie sich schon vor Antritt Ihrer Reise mit der Kultur und den Gebräuchen der Region(en), die sie besuchen werden.

Respektieren Sie die Rechte der Arktisbevölkerung. Sie können insbesondere dann damit rechnen, akzeptiert und willkommen geheißen zu werden, wenn Sie offen gegenüber Eindrücken sind, die Kulturen und Traditionen vor Ort zu verstehen versuchen und die lokalen Sitten und Umgangsformen respektieren.

Wenn Sie nicht mit einer organisierten Tour reisen, informieren Sie die Gemeinde im Zielgebiet über Ihr Kommen. Versorgungsgüter sind in der Arktis zum Teil knapp. Sie sollten daher darauf eingestellt sein, Ihre eigenen Vorräte mitzubringen.

Fragen Sie um Erlaubnis, bevor Sie Menschen fotografieren oder gar ihre private Lebenssphäre betreten.

  1. Respektieren Sie wissenschaftliche und historische Stätten.

Respektieren Sie historische Stätten und Denkmäler, nehmen Sie von dort keine ›Souvenirs‹ mit. Selbst verlassen scheinende Bauten und Stätten können unter Denkmalschutz stehen oder von besonderem Wert für die Bevölkerung sein.

Halten Sie sich fern von verlassenen militärischen Einrichtungen.

Respektieren Sie die Arbeit von Wissenschaftlern. Teilen Sie der betreffenden Einrichtung Ihre Besuchsabsicht rechtzeitig vorher mit und betreten Sie unbefugt keine Arbeitsbereiche.

  1. Bringen Sie der lokalen Bevölkerung Vorteile durch Ihren Besuch.

Mit Ihren Ausgaben als Besucher können Sie zum ökonomischen Überleben der Gemeinden beitragen. Kaufen Sie lokal hergestellte Produkte und wählen Sie Reise- und Exkursionsveranstalter sowie sonstige Anbieter, deren Eigentümer ortsansässig sind und die am Ort lebende Mitarbeiter beschäftigen.

Kaufen Sie am Ort gefertigte Produkte und Handwerksgegenstände.

Entscheiden Sie sich nach Möglichkeit für Unterkünfte von am Ort ansässigen Eigentümern, Betreibern und Mitarbeitern.

  1. Wählen Sie Reiseveranstalter mit gut ausgebildeten, erfahrenen Mitarbeitern.

Wählen Sie einen anerkannten Reiseveranstalter, der ausgebildete Mitarbeiter, möglichst mit Arktiserfahrung, einsetzt.

Ihr Reiseveranstalter sollte für Landreisen ein zahlenmäßiges Verhältnis von höchstens 15 Reisenden pro Reisebegleiter anbieten, bei Schiffsreisen höchstens 20 Passagiere pro Reisebegleiter.

  1. Nutzen Sie Ihre Reise als Möglichkeit, Ihre Kenntnisse über die 

Arktis zu vertiefen.

Informieren Sie sich vor Ihrer Reise über den Lebensraum Arktis und die Regionen, die Sie besuchen werden. Nutzen Sie Ihre Reise als Möglichkeit, mehr über den Natur- und Umweltschutz in der Arktis zu erfahren.

Wenn Sie an einer organisierten Reise teilnehmen, wählen Sie einen Veranstalter, der Sie über den Lebensraum Arktis sowie über den Natur- und Umweltschutz und die entsprechenden Initiativen in diesem Raum informiert.

Wählen Sie Reisen und Exkursionen, bei denen Ihnen spezifische Informationen über Klima, Fauna und Flora, Ökologie, Völker und Kulturen sowie über Verhaltensregeln im besuchten Gebiet geboten werden.

  1. Halten Sie Sicherheitsregeln ein.

Eisbären, Walrosse, Moschusochsen und andere freilebende Tiere stellen eine potentielle Gefahr dar. Begegnen Sie ihnen daher mit dem nötigen Respekt. Sie oder Ihre Gruppe sollten in Eisbärgebieten eine Feuerwaffe und andere Abschreckungsmittel mitführen.

Schlittenhunde sind Arbeitstiere. Versuchen Sie nicht, sie zu füttern oder zu streicheln. Hunde und Polarfüchse können außerdem Tollwut übertragen.

Die Begehung von Eisflächen und Gletschern verlangt besondere Fertigkeiten in der Verwendung von Seilen, Steigeisen, Eispickeln und anderem Sicherheitsgerät. Vertrauen Sie sich ausgebildeten Führern an.

Wenn Sie eine Tour allein oder in einer Gruppe unternehmen, stellen Sie sicher, dass die örtlichen Behörden über Ihre Route informiert sind.

Behalten Sie die Wetterverhältnisse im Auge. Seien Sie auf plötzliche gefährliche Wetterumschwünge gefasst. Vermeiden Sie Unterkühlung, Müdigkeit und Nässe.

Zu Ihrer Grundausrüstung, auch auf kurzen Exkursionen, sollten warme Bekleidung, festes Schuhwerk, Handschuhe, eine Mütze sowie winddichte Überbekleidung gehören. Führen Sie unbedingt auch Notproviant (zum Beispiel Schokolade) und eine Erste-Hilfe-Ausrüstung mit.

Geschichte der Hurtigruten

Die enorme Wichtigkeit der Hurtigruten lässt sich am besten nachvollziehen, wenn man einen Blick auf die geografische Lage Norwegens wirft. Das Land im Norden Europas erstreckt sich von Süden nach Norden über eine Distanz von 2700 Kilo­metern. Im Vergleich dazu erscheint die Distanz vom südlichsten bis zum nördlichsten Punkt Deutschlands mit 886 Kilometern als Katzensprung. Vor der Erfindung des Flugzeuges und dem Ausbau des Eisenbahnnetzes waren viele Regionen im Norden Norwegens über viele Wintermonate praktisch nicht zu erreichen. Als Konsequenz war der ohnehin bereits begünstigte Süden dem weitaus weniger besiedelten Norden weitaus überlegen. Um dieses Nord-Süd-Gefälle auszugleichen, suchte die norwegische Regierung bereits seit dem 17. Jahrhundert nach Möglichkeiten, den Norden besser an den Rest des Landes anzuschließen. Fischer erhielten damals den Auftrag, zweimal jährlich die Post aus den entlegenen Gebieten per Schiff in den Süden zu bringen. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts übernahmen dann Dampfschiffe den Postdienst. Der aus Tromsø stammende Kaufmann Richard With erkannte gegen Ende des 19. Jahrhunderts die wirtschaftlichen Möglichkeiten, die in einer regelmäßigen Verbindung von Süden nach Norden lagen und gründete mit seiner privaten Reederei, der Vesterålens Dampskipsselskap (VDS), die Hurtigruten. Die erste Strecke wurde 1893 zwischen Trondheim und Hammerfest in Betrieb genommen. Nur ein Jahr später schlossen sich bereits zwei andere Reederein den Hurtigruten an. 1898 wurde die Route in Richtung Süden bis nach Bergen verlängert, 1911 legte ein Staatsvertrag das nördliche Ziel der Schiffsstrecke in Kirkenes fest. Die Bedeutung der nun regelmäßigen Verbindungen war gewaltig. Die Hurtigruten prägten und einten das Land wie kein anderes Transportmittel. Vor allem für die Küstenbewohner Nordnorwegens brachten die Schiffe einen deutlichen Zuwachs an Lebensqualität und wirtschaftlichen Chancen mit sich.

Auch die norwegische Regierung wusste um die wirtschaftliche und bevölkerungsstrukturelle Bedeutung der Strecke und subventionierte die Strecke mit Staatsgeldern bis ins Jahr 2001. Da heute Flugzeuge einen wichtigen Teil der Süd-Nord-Verbindung übernehmen, wird inzwischen nur noch der Winterverkehr der Hurtigruten subventioniert, da zu dieser Zeit aufgrund der eisigen Bedingungen im Norden des Landes die Flugzeuge nicht immer starten oder landen können. In den Sommermonaten müssen sich die Reedereien jedoch selber tragen. Angesichts der immer größeren Beliebtheit der Strecke bei Touristen ist dies jedoch möglich.

Heute nutzen etwa 550 000 Passagiere jährlich die Schiffe der Hurtigruten. Als Zugeständnis an die Besucher aus aller Welt fahren die Schiffe auch Häfen an, die vor allem vom touristischen und weniger vom infrastrukturellen Standpunkt aus betrachtet von Interesse sind. Auch wenn die Strecke aufgrund ihrer wunderschönen Natureinblicke heute auch touristisch genutzt wird, ist sie jedoch für die Norweger nach wie vor ein Transportmittel wie jedes andere geblieben. Die ›schwimmenden Omnibusse‹ werden wie bei uns der Regionalverkehr dazu genutzt, von einem Hafen zum anderen zu pendeln, Freunde zu besuchen oder Waren zu verschicken. Auch dies macht – neben der atemberaubenden Natur – den Reiz dieser historisch bedeutenden Schiffsroute aus.

Der Geirangerfjord

Der Geirangerfjord ist zweifelsohne der bekannteste Fjord in ganz Norwegen und einer der touristischen Höhepunkte des Königreiches. Schon seit über einem Jahrhundert wird er von unzähligen, auch berühmten Besuchern besichtigt. So machte beispielsweise der deutsche Kaiser Wilhelm II. des öfteren hier Station, um die traumhafte Idylle genießen zu können. Auch die Hurtigruten-Betreiber wissen um die Anziehungskraft des Fjordes und machen daher im Sommer einen kleinen Umweg. Man kann jedoch auch von Ålesund längere Touren in den Geirangerfjord zu buchen.

Der Geirangerfjord liegt 200 Kilometer nördlich von Bergen und ist eine 15 Kilometer lange Verlängerung des Sunnylvsfjords. Der Name des Fjords kommt von dem kleinen Dorf Geiranger, das sich ganz am Ende des Fjords am Wiesenufer vor mächtig in den Himmel aufsteigenden Bergen befindet. Seit 2005 steht der Fjord als Wunder der Natur auch auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes.

Fährt man mit dem Schiff oder der Fähre in den Fjord hinein, versteht man rasch, warum er als einer der schönsten Fjorde der Welt gilt: An beiden Seiten des Fjordes stechen bis zu 1000 Meter hohe Berge aus dem türkisgrünen Wasser in den Himmel, auf deren Gipfeln eine weiße Schneekappe zu erkennen ist. Von vielen der Berge stürzen Wasserfälle tosend herab, und eine fruchtbare und grüne Landschaft umgibt den Fjord märchenhaft schön.

Die Wasserfälle ›Die sieben Schwestern‹ sind, neben dem auf der gegenüberliegenden Seite des Fjordes herabstürzenden Wasserfall ›Freier‹, eine der Naturattraktionen bei einer Fahrt durch den Geirangerfjord. Diese Berühmtheit ist wohl auch auf die mit den Namen verbundene Sage zurückzuführen. In der Erzählung wollte der Freier eine von sieben schönen Schwestern heiraten. Keine von ihnen ließ sich jedoch für eine Heirat gewinnen, und aus lauter Frust ob dieses Misserfolges wurde der Freier zum Trunkenbold. Dies lässt sich nun am Wasserfall erkennen, der die Form einer Flasche hat. Doch auch abseits dieser Geschichten sind die Wasserfälle beeindruckend. Von bis zu 300 Metern Höhe stürzt das Wasser tosend in den Fjord. Da sich die Wasserfälle jedoch vor allem aus Schmelzwasser speisen, kann es sein, dass Sie bei einer Sommertour in den Fjord eher auf vier als auf sieben Schwestern treffen werden.

Am Rande des Fjords werden Ihnen bei Ihrer Fahrt auch die vielen verlassenen Farmen auf beiden Seiten auffallen. Viele der Farmen befinden sich in schwindelerregender Höhe auf den steil aufragenden Bergen und konnten früher nur über Leitern erreicht werden. Einst waren die Ufer aufgrund ihres fruchtbaren Bodens besiedelt. Die Landwirtschaft gilt durch das milde Klima mit im Sommer fast 24 Stunden Sonneneinstrahlung als sehr ergiebig. Sogar südländische Früchte wie Aprikosen können geerntet werden. Heute ist jedoch einzig das Dorf Geiranger am Ende des Fjords übrig geblieben. Eine gemeinnützige Organisation kümmert sich jedoch seit einigen Jahren darum, die vielen verlassenen Farmen wieder herzurichten und für Besucher zugänglich zu machen. Bereits heute können einige dieser restaurierten Farmen mit dem Boot oder von Geiranger aus besichtigt werden. Falls Sie sich länger in der Gegend aufhalten wollen, besteht auch die Möglichkeit, im Geirangerfjord zu bleiben und hier zu übernachten. Das Dorf Geiranger bietet vier Hotels – für höchste Ansprüche bis zum etwas einfacheren. Es gibt auch preisgünstigere Übernachtungsmöglichkeiten in schön gelegenen Hütten oder auf einem der vielen Campingplätze (www.visitalesund-geiranger.com).

Der Torghatten-Berg

Ganz in der Nähe von Brønnøysund liegt der Torghatten-Berg, der in ganz Norwegen wegen seiner geologischen Form bekannt ist. Berühmt ist der Berg vor allem wegen einer großen Aushöhlung in der Mitte, die durch Auswaschung entstanden ist. Zahlreiche Mythen und Sagen ranken sich um dieses beeindruckende hutförmige Naturerlebnis (die norwegische Endung ›hatten‹ bedeutet auf deutsch Hut). Vor allem eine Sage wird bis heute den zahlreichen Besuchern des Berges berichtet: Es wird erzählt, dass in der Gegend um Svolvær ein Mann namens Hestmannen gelebt haben soll. Er war der ungehorsame Sohn des Königs Vågekallen. Ebenfalls in der Gegend, auf der anderen Seite des Fjordes, lebte ein weiterer mächtiger König, der den Namen Sulitjelmakongen trug und sieben Töchter hatte. Diese schickte er zu der ehrbaren Jungfrau Lekamøya. Eines Abends beobachtete Hestmannen die schöne Jungfrau beim abendlichen Bad und begehrte sie vom ersten Augenblick an. Mit seinem Pferd preschte er auf Lekamøya zu, die Angst bekam und zusammen mit den sieben Töchtern des Königs flüchtete. Während die Jungfrau keine Anstalten machte, Hestmannen zu ehelichen, zeigten die sieben Schwestern im Folgenden jedoch Interesse an dem Jüngling, der sie jedoch keines Blickes würdigte. Als Lekamøya auf der wilden Flucht immer mehr Vorsprung gewann, nahm Hestmannen seinen Bogen und schoss einen Pfeil auf sie. Dabei wurde er vom König der Sømnaberge beobachtet. Um die Jungfrau zu retten, warf dieser seinen mächtigen Hut in die Flugbahn des Pfeils. Der Hut blieb durchschossen liegen. Über die wilde Jagd vergaßen alle die aufgehende Sonne und versteinerten, wo sie waren: der Hut als Torghatten, die sieben Schwestern als Felsen bei Sandnessjøen und Lekamøya auf der Insel Leka, wo sie Schutz gesucht hatte.

Neben dieser durchaus unterhaltsamen Legende gibt es natürlich auch eine geologische Erklärung für den Ursprung des seltsam anmutenden Berges. Durch die letzte Eiszeit wurde die norwegische Landmasse tief in den Erdmantel gedrückt und zwar so tief, dass sich das heute auf einer Höhe von 112 Meter gelegene Loch auf Meeres­niveau befand. Die andauernde Meeresbrandung höhlte daraufhin den Stein im Lauf der Jahrhunderte aus. So oder so ist der Torghatten jedoch einen Ausflug wert. In etwa einer halben Stunde kann man zum Loch hinaufsteigen, das etwa 35 Meter hoch und 15 bis 20 Meter breit ist und eine Tiefe von 169 Metern hat.

Vesterålen und Lofoten

Die Vesterålen werden in vielen gängigen Reiseführern häufig in einem Atemzug mit den weitaus bekannteren Lofoten genannt. In der Tat führen vielen Lofotenreisen auch über die Inselgruppe der Vesterålen. Tatsächlich handelt es sich bei den beiden Inselgruppen jedoch um zwei sowohl landschaftlich wie auch wirtschaftlich klar zu unterscheidende Regionen Norwegens.

Die Lofoten

Die Lofoten beginnen ungefähr 100 Kilometer nördlich des Polarkreises und liegen zwischen dem 67. und 68. Grad nördlicher Breite. Sie bestehen aus mehreren größeren und kleineren Inseln, die alle über Brücken und Tunnel miteinander verbunden sind. Auf der Inselgruppe leben heute etwa 24 000 Menschen, der Hauptort der Insel ist die Stadt Svolvær. Die Inselgruppe ist, wie Ausgrabungen auf vielen Inseln nachgewiesen haben, seit rund 6000 Jahren von Menschen besiedelt. Vor allem während der Zeit der Wikinger bildeten sich mehrere Siedlungen, und die Lofoten wurden zu einem der wichtigsten Zentren im nördlichen Norwegen mit Häuptlingshöfen. In Ortschaften wie Borg zeigen Nachbildungen dieser Siedlungen das Leben der Wikinger zu den damaligen Zeiten. Traditionell lebten die Menschen der Lofoten vor allem vom Fischfang und seit dem 14. Jahrhundert auch vom Fischhandel, der jedoch zum größten Teil von Kaufleuten aus Bergen organisiert war, zu dessen Bezirk die Lofoten steuerrechtlich lange gehörten. Seit über 1000 Jahren sind die Lofoten bereits das Zentrum für den Kabeljaufang in Norwegen. Im 19. Jahrhundert sorgten große Heringvorkommen dafür, dass sich immer mehr Fischer auf den Inseln ansiedelten. Auch die heutigen Ortschaften haben ihren Ursprung zu einem überwiegenden Teil im 19. Jahrhundert.

Landschaftlich sind die hohen Berge mit ihren in den Himmel ragenden Spitzen sowie die vielen geschützten, schmalen Buchten und einsamen Strände charakteristisch für die Lofoten. Der höchste Berg auf der Inselgruppe ist der Higravstinden mit 1161 Metern. Auf den Lofoten lässt sich auch der bekannte Moskenstraumen finden. Dabei handelt es sich um einen Gezeitenstrom zwischen den Inseln Moskenesøy und Værøy. Der Strom ist vor allem für seine starken Wasserwirbel bekannt, die in zahlreichen Legenden, Büchern, Gemälden und Filmen – oft übertrieben – dargestellt werden.

Die Gewässer rund um die Lofoten-Inseln sind voller Leben. Unter anderem tummeln sich hier Seeigel, Otter und tausende von Wasservögeln. Auch das größte Tiefwasser-Korallenriff der Welt befindet sich auf den Lofoten.

Die Vesterålen

Nördlich und östlich der Lofoten liegt eine weitere Inselgruppe, die Vesterålen. Die Inseln der Vesterålen sind durch den engen Raftsund geografisch von den Lofoten getrennt. Die Vesterålen beginnen 300 Kilometer nördlich des Polarkreises und dehnen sich über 150 Kilometer weiter in den Norden aus. Obwohl die Vesterålen so weit nördlich liegen, ist das Klima gekennzeichnet durch milde Winter und nicht zu heiße Sommer. Der Grund für dieses angenehme Klima ist der Golfstrom. Im Dezember und Anfang Januar kann man hier die Polarnacht erleben. Vom 23. Mai bis zum 23. Juli scheint hingegen rund um die Uhr die Mitternachtssonne. Ähnlich wie die Lofoten sind auch die Vesterålen seit rund 6000 Jahren besiedelt und verdanken ihren wirtschaftlichen Aufschwung vor allem dem Fischfang und dem Fischhandel. Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts trugen zudem die Schiffe der Hurtigruten dazu bei, die Region besser mit dem restlichen Norwegen zu verbinden und damit auch den Tourismus in der Region zu fördern. Heute wohnen in den fünf Kommunen der Inselgruppe verteilt rund 34 000 Menschen.

Für Geologen sind die Inseln der Vesterålen eine wahre Fundgrube. So wurde in der Ortschaft Bø das älteste Gestein der Welt gefunden. Nach Ansicht der Forscher entstand es vor unvorstellbaren 2700 Millionen Jahren durch vulkanische Aktivität. In Bø steht zudem auch eine interessante Skulptur, die eine dem Meer zugewandte Person darstellt; sie ist als eine Huldigung an das Meer zu verstehen, das die Menschen der Region seit Jahrtausenden ernährt.

Landschaftlich bietet die Inselgruppe eine riesige Palette. Neben schroffen Felsenformationen (der höchste Berg Møysalen ist 1262 Meter hoch), die direkt aus dem Meer aufsteigen, finden sich einsame, malerische Strände und Seen, Moore, einsame Gebirgstäler und kleine Hochebenen. Diese breite Vielfalt findet sich auch in der Tier- und Pflanzenwelt der Vesterålen wieder. Aufgrund des speziellen Klimas kann man hier sowohl arktische Pflanzen als auch eher im Süden beheimatete Pflanzen dicht beieinander finden. In den Wäldern der Inseln stehen Birken, Fichten, Erlen und Eschen. Die Inselgruppe ist zudem bekannt für große Zahl an Vogelarten, die hier beheimatet sind. Besonders hervorzuheben sind Seeadler, Papageientaucher, Tordalken, Trottellummen, Krähenscharben, Reiher und Schwäne, um nur einige zu nennen.

Weitere Informationen über die Lofoten findet man im Internet unter der deutschsprachigen Seite www.lofoten-online.de.

Die Mitternachtssonne

Eines der außergewöhnlichsten und auch gewöhnungsbedürftigsten Naturphänomene der Arktis ist die Mitternachtssonne. Sie tritt in allen geografischen Regionen auf, die sich nördlich des Polarkreises (66°34‘ nördlicher Breite) befinden. Dazu zählen in der Arktis Gebiete in Kanada, den USA (Alaska), Dänemark (Grönland), Norwegen, Schweden, Finnland, Russland und Island. Wenn das Wetter es zulässt, ist die Sonne in diesen Regionen im Sommer für einen gewissen Zeitraum 24 Stunden pro Tag am Himmel zu sehen. Der Neigungswinkel der Erdachse zur Ebene der Umlaufbahn beträgt nämlich exakt 23,44 Grad und ist damit nicht senkrecht. Aufgrund dieser Achsenstellung gibt es – je nachdem, wo man sich befindet – unterschiedliche Tages- und Nachtlängen. Selbst innerhalb Deutschlands gibt es bereits diesbezügliche Unterschiede zwischen Norden und Süden, je weiter man sich vom Aquätor entfernt, desto größer werden die Unterschiede zwischen Tag und Nacht.

Der Zeitraum, in dem die Mitternachtssonne auftritt, hängt dabei von den geografischen Koordinaten der jeweiligen Region ab. Je näher sich eine Region am Nordpol befindet, desto länger scheint auch die Mitternachtssonne (→ S. 16). Während in manchen Regionen des norwegischen Festlands das Phänomen daher nur wenige Tage zu bewundern ist, steht die Sonne am nördlichsten Punkt der Insel Spitzbergen hingegen vom 19. April bis zum 23. August permanent am Himmel.

Das Gegenstück zur Mitternachtssonne ist dann im Winter die Polarnacht. In den ohnehin schon kalten Wintermonaten steigt die Sonne dann überhaupt nicht über den Horizont, und die Städte und Siedlungen werden in völlige Dunkelheit gehüllt.

Wenn man ein ganzes Jahr am Nordpol verbringen würde, ließe sich feststellen, dass dort die Sonne nur genau einmal im Jahr aufgeht und einmal im Jahr untergeht. Während der sechs Monate der Mitternachtssonne wandert die Sonne am Pol dauerhaft über den Horizont.

Nicht nur astronomisch beschäftigt die Mitternachtssonne die Menschen, sondern auch ganz praktisch. Viele finden es sehr schwierig, bei der dauernden Sonne zu schlafen. Vor allem Besucher in der Arktis, die den permanenten Tag zum ersten Mal erleben, haben sehr häufig mit Schlaflosigkeit zu kämpfen. Aber selbst Einheimischen fällt es nicht immer leicht, ihren Rhythmus beizubehalten. Die Mitternachtssonne kann zudem auch Krankheiten wie die Hypomanie hervorrufen, die durch unerklärliche Stimmungsschwankungen, gesteigerten Antrieb und eine gehobene Grundstimmung gekennzeichnet ist. Wenn diese Symptome auftreten, sollen Sie sich unter allen Umständen an einen Schiffsarzt wenden.

Christiane Ritter

Die österreichische Malerin und Autorin Christiane Ritter wurde am 13. Juli 1897 in Karlsbad geboren und starb am 29. Dezember 2000 in Wien. Im Jahr 1934/35 verbrachte sie einen ganzen Winter in einer einsamen Hütte auf Spitzbergen. Per Schiff landete Ritter im Sommer 1934 in Longyearben. Mit Ihrem Mann Hermann Ritter brach sie nach Gråhuk an der Spitze des Andrée-Landes im Norden Spitzbergens zwischen Woosfjord und Wijdefjord auf. Oft auf sich alleine gestellt, hat sie die lange Polarnacht erlebt. Nur wenige Frauen sind ihrem Beispiel gefolgt.

In ihrem Buch beschreibt sie ihre Eindrücke. Beim Lesen und dem Blick auf die Landschaften Spitzbergens fühlt man sich dieser Frau und der Umgebung ganz nahe. Dieses Buch ist ein absolutes Muss für all diejenigen, die sich auf die Atmosphäre der Insel einlassen wollen!

»In seiner ganzen Weite liegt das vereiste Polarmeer vor uns, nur im äußersten Westen und Norden sind einige kleine Strecken offenes Wasser sichtbar. Schwarzblau erscheint es in all der Weiße. Sein bewegtes Flimmern fasziniert unser Auge, und man hört, wenn auch nur ganz leise, doch ganz deutlich das Meer rauschen. Lange stehen wir wortlos, hören auf den lange entbehrten Klang und sehen gebannt auf das kleine Stück atmende, bewegte Natur. Und drüben in Westspitzbergen, über den weißen spitzen Bergen, brauen Wolken, richtige dunkle Sturmwolken. Wie lange haben wir keine Wolken gesehen! Ein seliges Heimatgefühl überkommt uns. Bewegte Natur, wenn auch nur aus weiter Ferne, zu sehen und zu hören, bedeutet für uns ein Erlebnis, das nur der zu ermessen vermag, der gleich uns durch Monate in einer zu Tode erstarrten Welt gelebt hat. Es ist, als quelle mit einem Male alles Lebendige aus unserer Seele nach einem langen, lähmenden Schlaf.«

Aus: Christiane Ritter, Eine Frau erlebt die Polarnacht, Berlin 1938, Ullstein, S. 136

Mit dem Motorsegler ›Hildur‹ im Scoresby Sund

Der isländische Anbieter North-Sailing hat die Region an der Ostküste Grönlands bereits vor Jahren erkundet und sich praktisch eine Alleinstellung für Touren mit dem Motorsegler erarbeitet. Die einwöchigen Reisen beginnen und enden in Reykjavik.

1. Tag: Reykjavik – Constable Point

Anfang September 2018 flog ich nach Reykjavik. Ich kenne die Stadt südlich des Polarkreises schon von vielen Aufenthalten und bin immer wieder überrascht, wie viele Touristen inzwischen hierher kommen. Im September beginnt die Nordlichtsaison, und die ist offensichtlich für Chinesen, Koreaner oder Thailänder besonders attraktiv. Nordlichter bringen Glück, habe ich mir sagen lassen.

Am nächsten Morgen fahre ich mit dem öffentlichen Bus zum Stadtflughafen, wo jede Menge Nationalitäten auf den Flug nach Ostgrönland warten. Fast 80 mit besonderem Outfit ausgestatteten Abenteurer nehmen in den zwei Propellermaschinen der Air Iceland Connect platz. Island von oben ist ein Erlebnis und 90 Minuten später kann ich meinen Augen kaum trauen, als ich im Scoresby Sund die vielen Eisberge schwimmen sehe. 

Der kleine Flughafen Nerlerit Inaat in Constable Point, wo wir bald landen, wurde 1985 von der US-amerikanischen Ölfirma Atlantic Richfield Company errichtet und wird seit 1990 zivil betrieben. Bei schönstem Wetter machen wir eine kleine Wanderung von dort zu einem provisorischen Steg, wo die Zodiacs festgemacht sind, mit denen wir zu unserem Motorsegler ›Hildur‹ übersetzten. Die Passagiere für die ›Donna Wood‹ und die ›Opal‹ von North-Sailing sind ebenfalls mit uns im selben Flugzeug angekommen. 

Nach einer Sicherheitseinweisung wird der Motor angelassen und schon sind wir unterwegs Richtung Süden. Dabei fahren wir aus Sicherheitsgründen mehr oder weniger im Konvoi mit der ›Donna Wood‹ und der ›Opal‹. Gleich nach der Abfahrt wird es plötzlich hektisch. Reisende der ›Donna Wood‹ haben einen Eisbären gesichtet. Wir fahren zurück, und tatsächlich: Weit in der Ferne ist dieses große herrliche Tier zu erkennen. Die Zodiacs der anderen Schiffe werden klargemacht, die Zweitaktmotoren machen ziemlich Lärm und man sieht sehr gut, dass sich der Eisbär gestört fühlt. Unser Kapitän will an diesem Spiel nicht teilnehmen und drängt zur Weiterfahrt. Die See ist gegen Abend ruhiger geworden und so genießen wir den Sonnenuntergang an Bord. Die Frage ist: Werden wir Nordlichter zu sehen bekommen? Wir müssen bis 22 Uhr warten und dann verfärbt sich der Himmel ein wenig grün. Nicht durchgängig, eher in Bändern, die sich bewegen.

Tag 2: Segeln im Scoresby Sund – Hekla Hafen

Wir segeln Richtung Westen durch ein Labyrinth von Eisbergen, welche sanft in der Strömung des Scoresby Sund treiben. Nahe an der Nordküste von Knud Rasmussenland entdecken wir wieder völlig unerwartet ein sich langsam bewegendes weißes Pünktchen am Hang. Wir fahren dieses Mal sehr langsam und ganz ruhig näher. Ein Eisbär, gut genährt und offensichtlich gut gelaunt, schaut zu uns und fühlt sich nicht gestört. Wir fahren weiter in eine Bucht, wo wir  einen Spaziergang zu einer Gletscherzunge in Angriff nehmen wollen. Schnell sind wir an Land, mein Blick schweift etwas nach hinten und schon wieder erscheint ein weißer Punkt, etwa 300 Meter entfernt. Ich signalisiere Egill, unserem Führer, dass wir vorsichtig sein müssen und wir setzen die Wanderung nicht fort. Wir ankern dafür im Hekla-Hafen an der Denmark-Insel und beginnen eine Wanderung, die uns über Moos und unwegsames Gelände führt. Tausende Mücken begleiten uns. Hier befand sich eine alte Inuit-Siedlung sowie das Winter-Camp der ersten wissenschaftlichen Expedition in den Scoresby Sund vor über 100 Jahren. Am Nachmittag fahren wir weiter zu ›Iceberg City‹ durch den engen Føhnfjord mit den majestätischen Basaltbergen von Gåseland an Backbord und den 2000 Meter hohen Granitfelsen von Milne Land an Steuerbord. 

Tag 3: Fahrt nach Harefjord

Der Höhepunkt unserer Reise steht uns bevor, doch leider hat sich das Wetter etwas eingetrübt. Der Blick auf die hier im Eisbergfriedhof angekommenen Kolosse ist unglaublich, eine Traumkulisse. Doch bald beginnt das Drohnenspiel der Passagiere der ›Opal‹, die sich in unserer Nähe aufhält. Ein ständiges Surren der Propeller, ohne Zweifel kann man tolle Bilder machen, aber für die Nichtpiloten ist das schon einen Zumutung. So fahren wir dann zügig mitten rein zu den Eisbergen und man kann die überwältigende Schönheit des Eises, die Farben, Formen und Größen kaum glauben. Gegen Mittag beginnt unsere Fahrt Richtung Norden durch den Rødefjord, welcher häufig voller großer Eisberge und Eisschollen ist. Unser Kapitän sitzt im Trapez an der Mastspitze und gibt dem Steuermann Kommandos. Wir kommen am späten Nachmittag im Harefjord an, wo wir für die kommenden zwei Tage Anker werfen. Es ist noch lange hell und wir trinken ein Bier an Deck.

Tag 4: Segeln – Wanderung im Harefjord

Wir verbringen den heutigen Tag an Land in Harefjord und unsere Wanderung ist ein weiterer Traum. Nach Stunden kommen wir auf der Spitze eines Kamms, von wo aus wir einen atemberaubenden Ausblick über den Harefjord haben mit toller Sicht auf Gletscherzungen, die ins Meer fallen. Unser Picknick schmeckt heute besonders gut. Am Abend machen wir ein Lagerfeuer am felsigen Strand und genießen ein tolles BBQ.

Tag 5: Fahrt Øfjord–Jyttes Hafen

Wie befürchtet, ist das Wetter umgeschlagen. Wir fahren und segeln in Richtung Osten durch den Øfjord. Grandiose Berggipfel und Granitwände ragen 200 Meter über dem Meeresspiegel empor, doch die Wolken hängen tief. Wir segeln an beeindruckenden Felswänden und Gletscherfronten vorbei, die wir immer wieder kurz zu sehen bekommen. Am Nachmittag setzen wir Anker in Jyttes Hafen Bjørneøe und es regnet. Es ist ein besonders schöner Ankerplatz mit Blick auf steil aufragende Felsen. Leider hält sich die Sicht in Grenzen, was dem starken Appetit der Mitreisenden keinen Abbruch tut. Unglaublich, wie viel hungrige Reisende essen können. Zehn Kilo isländisches Stew waren kaum genug für zwölf Leute. Am heutigen Tag hat unser Kapitän Geburtstag. Seine Frau hat ein Geschenk für ihn mitgeschickt. Zwei Paar Socken. Wir lachen und freuen uns über den Kuchen und den anschließenden Umtrunk. Unser Kapitän ist jetzt 65, jeder mag ihn, er hat ein solch gewinnendes Lächeln. Sein Gesicht verrät, dass er sein halbes Leben auf dem Meer verbracht hat.

Tag 6: Fahrt Jytteshafen–Ittoqqortoormiit

Die Wolken hängen immer noch tief, dennoch beginnen wir eine Wanderung auf der Bäreninsel. Das Panorama ist traumhaft. Eisberge in der Bucht, steil aufragende Felsen, aber der beginnende Regen lässt einem keine Wahl, als zurückzukehren und es sich unter Deck bequem zu machen. Wir entschließen uns, den Scoresby Sund zu durchqueren und die kleine Siedlung Ittoqqortoormiit anzusteuern. Dafür sind jedoch fast 12 Stunden Fahrt angesagt. Eine gute Entscheidung. Es hört auf zu regnen, und wir fahren ganz nahe an riesigen Eisbergen vorbei, die wie Kathedralen aus dem Wasser ragen. Auf dieser Strecke sehen wir die größten und schönsten Eisberge. Die Nacht ist ein Wahnsinn: Rolling and pitching nennen Engländer das Stampfen und Rollen, bei dem sich das Schiff des Elementen aussetzt. Gerne hätte ich mit einem Schalter dem Spiel ein Ende bereitet. Ein Mitreisender ist superseekrank und bewegt sich zwischen Toilette und Koje. Der Rest hat keine Probleme mit der exzessiven Nahrungsaufnahme.

Tag 7: Ittoqqortoormiit

Wir sind nicht die einzigen. Zwei Kreuzfahrtschiffe sind schon da. Ittoqqortoormiit wurde 1925 von Leuten aus dem südlich gelegenen Ammassalik gegründet und ist die nördlichste Siedlung an der Ostküste Grönlands. Die 370 Einwohner leben vor allem von der Jagd auf Seerobben, Narwale, Moschusochsen und Eisbären. Die niedlichen kleinen Häuser liegen verstreut am felsigen Hang südlich von Liverpool Land. Im Shop spreche ich mit den Verkäuferinnen. Es gibt praktisch alles, die Preise sind in etwa wie in Island und Haribo hat eine ganze Wand mit Süßigkeiten aufgestellt. Der örtliche Polizist aus Dänemark ist erst vor ein paar Wochen angekommen und hat sich schon gut eingewöhnt. Er schlichtet bei Streitigkeiten und Betrunkene nimmt er manchmal in Gewahrsam. Im Gefängnis fällt mir auf, wie luxuriös alles eingerichtet ist. Für Fälle schwerer Kriminalität, die hier aber so gut wie nie vorkommen, ist die Hauptstadt Nuuk zuständig.

Es gibt keine direkte Flugverbindung nach Nuuk, man muss immer über Island fliegen. Ein freundlicher Lehrer erklärt mir, dass er hier geboren ist, in Dänemark studiert hat und das Leben für ihn nicht schöner sein könnte. Die Gehälter sind sehr gut, Jagen macht ihm auch Spaß und das Internet funktioniert ebenfalls. Seine Kinder gehen auch im Ort in die Schule. Überhaupt fühlt es sich an, als wäre man nicht am Ende der Welt. Am Abend, immer noch bei leichtem Niesrelregen, fahren wir mit unserem Schiff Richtung Flughafen. Den ganzen Tag haben wir keine Sonne gesehen, die Stimmung ist nicht gut. Das Flugzeug wird morgen nicht kommen, erfahre ich. Noch ein Tag im Auge des Sturms und kein Internet an Bord, wie komme ich weg von Island? Zum Glück hilft mir die Mitarbeiterin von North-Sailing in Husavik mit der Umbuchung. Und bei Nacht gibt es wieder Rolling and pitching.

Tag 8: Segeln – Rückkehr nach Ittoqqortoormiit 

Wir lernen uns noch besser kennen. Jeder erzählt von sich und gibt eine Präsentation über sein Lieblingsthema. Ich erzähle von meiner Reise mit Schlittenhunden in Tassilaq. Harald schwärmt von seinem Schiff, das er kürzlich gekauft hat. James zeigt uns die schönsten Fotos, die er während unserer Reise aufgenommen hat Der ältere englische Offizier berichtet über das Segeln auf den Hebriden und so vergehen die Stunden. Endlich komme ich nochmals ins Dorf. Ich besuche den neuen, aufwendig angelegten Fußballplatz, dessen Kunstrasen in der Landschaft leuchtet. Fußball ist auch auf Grönland Volkssport Nummer 1. Kurz vor Sonnenuntergang machen wir unser Boot an der ›Opal‹ fest, in der Hoffnung mit an Land getrieben zu werden. Der Kapitän hat alle Hände voll zu tun und nachts um 2 Uhr ist Alarm. Wir driften, da der Anker nicht hält und alle Hände sind gefragt, den Anker zu hieven und das Schiff für die Fahrt zum Flughafen klar zu machen.

Tag 9: Segeln – Constable Point – Reykjavik

Wir haben ein letztes gemeinsames Frühstück, bezahlen die Biere, geben Egill Trinkgeld für seine anstehende Italienreise. Er ist ein aufgeweckter, vielseitig interessierter Gesprächspartner, der zum Kochen soviel Knoblauch benutzt, wie ich ihn in meinem ganzen bisherigen Leben nicht konsumiert habe. Als Guide mit Waffe hat er für Sicherheit gesorgt. Zum Glück musste er das Gewehr nicht zum Einsatz bringen. Plötzlich ist die Sonne wieder da, Gischt fliegt über uns hinweg, endlich sind die Segel gestrafft und perfekt ausgerichtet. Unser Kapitän freut sich. Gerne würde ich die Reise wiederholen. Die Landschaft, die Eisberge und Polarbären und natürlich das Dorf bleiben in Erinnerung, nur die Nordlichter waren schwach.

Mit Hundeschlitten auf den Spuren der Jäger

Als Kreuzfahrer oder Expeditionsteilnehmer stellt man sich früher oder später die Frage, wie mag das Leben in Grönland im Winter und Frühling aussehen. Um sich einen Eindruck zu verschaffen ist eine Hundeschlittentour bei Tasiilaq im Osten Grönlands gut geeignet. Einer der größten Anhänger der Schlittenhunde war der dänische Grönlandforscher Knud Rasmussen. Getreu seinem Motto ›Gebt mir Hunde, gebt mir Schnee, den Rest könnt Ihr behalten‹, wollte ich diese Art des Reisens selbst kennenlernen.

1. Tag Anreise

Vom Inlandsflughafen in Reykjavík geht es nach Kulusuk in Ostgrönland. Schon der Anflug ist atemberaubend. Die Grönlandsee ist noch weitgehend vom Treibeis bedeckt und die Berge ragen verschneit in den Himmel. Bei frühlingshaften Sonnenschein kommen ich in Kulusuk an und mache mich sofort auf zur Siedlung. Die Häuser und das Dorf sehen genauso aus, wie ich es von anderen Dörfern in Grönland kenne. Farbenfroh, alles gut strukturiert, die Wege vom Schnee geräumt und Kinder spielen auf der Straße, wo es keine Autos gibt. Eine Stunde später sitze im im Bell-Hubschrauber von Air Greenland und bewundere bei dem kurzen Flug nach Tasiilaq die Bucht und die herrliche Lage der größten Siedlung Ostgrönlands. 

Den Nachmittag nutze ich, um die vielen Schlittenhunde kennenzulernen mit denen wir einen Tag später aufbrechen wollen. Ich finde noch Zeit das ›Rote Haus‹ von Robert Peroni aufzusuchen, wo ich den legendären Eigentümer kennen lerne. Er kam vor Jahrzehnten hierher und hat den Ort auf die touristische Landkarte gebracht. Seit den 1990er Jahren betreibt er das Hotel ›The Red House‹, in dem er ausschließlich Einheimische beschäftigt und ausbildet. Das Leben in Grönland hat er ausführlich in seinem Buch ›Kälte, Wind und Freiheit. Wie die Inuit mich den Sinn des Lebens lehrten‹ beschrieben, das im Herbst 2014 veröffentlicht wurde. Am Abend lerne ich meine Mitreisenden kennen: Oen aus Irland, 38, Pamela aus Singapur, 37, Ties aus Holland, 40, Katrin aus Berlin 50, Gunilla aus Schweden, 30, und ich.

2.Tag: Tasiilaq nach Pupik 

Drei Gespanne warten auf uns. Ich werde mit Michael, 44, unterwegs sein. Der Hundeschlitten ist das traditionelle Transportmittel der Einheimischen im Winter. Bis heute konnte auch der Motorschlitten dieses zuverlässige Gefährt nicht verdrängen. Zu groß sind die Vorteile, als dass ein Jäger darauf verzichten würde: Man ist unabhängig von Treibstoff und Ersatzteilen; der Hundeschlitten ist so leicht, dass er auch über dünnes Eis fahren kann; die Hunde sind zudem der beste Schutz gegen Eisbären. Die ausdauernden und treuen grönländischen Schlittenhunde können mühelos ihr doppeltes Körpergewicht ziehen. Michael gibt klare Anweisungen und schon rasen wir übers Eis. Die Sicht ist schlecht und der Schneefall hat zugenommen. Nach mehrstündiger Fahrt kommen wir zur Qaattu-Hütte. Der Eingang ist zugeschneit. Es dauert nicht lange bis unsere grönländischen Führer alles hergerichtet haben. Essen wird zubereitet und der Ofen angeworfen. Wir beginnen den Lebensgeschichten der Hundeführer zu lauschen. Michael von Isortoq ist 44 Jahre alt, hat zwei Jahre in Dänemark gelebt und hat dort Brüder und Schwestern. Seine Frau und er haben vier Kinder im Alter zwischen 13 und 21. Er hat 21 Arbeitshunde und drei Welpen. Er will, dass seine Kinder etwas lernen und lieber nur in der Freizeit auf Jagd gehen. Julius Nilsen aus Tinit ist 38, von Beruf Elektriker. Er ist verheiratet, hat auch vier Kinder und spricht ausgezeichnet Englisch. Dann ist noch der eher ruhige, dafür körperlich wohl der kräftigste Enok Apelsen, 49, dabei. Er hat Frau und drei Kinder. Auch er ist Jäger von Beruf. Im März beginnt die Hundeschlittensaison und dann sind sie ständig unterwegs. 

Das kleine Hundealphabet lautet: links – ju, rechts – riri, schneller – schuka oder pfeifen, langsam, stop – tätiwa, setz dich – ariwinja, ziehen – dada, mach es – hahaha. Eigentlich nicht schwierig. Dann lerne ich noch die Namen unserer Hunde: Katara, Chida, Micha, DJ, Abaks, Jakara, Engol, Lady, Kigai, Kamia, Nanuki, Kerry, Nuawza und Nigawa. Das wird schon schwieriger. Jeder Hund hat seine eigene Persönlichkeit und es gibt eine strenge Rangordnung, die jedes Jahr zu Beginn der Saison ausgehandelt wird. Kerry ist die Führerin, ist stark, kämpft und beißt. Jeder Hund ist einzeln mit einer Leine an den Schlitten gebunden. Die Tiere laufen in einer Fächerformation vor dem Schlitten her. Die faulen Hunde laufen hinten, so kann man sie besser antreiben und kontrollieren. Die Hunde werden sowohl als Schlittenhunde als auch als Jagdhunde benutzt. Verfolgt der Jäger ein Beutetier mit dem Schlitten, so kann er gezielt einzelne Hunde vom Schlitten lösen und als Jagdhunde einsetzen. Untereinander gehen die Tiere manchmal recht ruppig miteinander um, aber zu Menschen sind sie recht freundlich. Allerdings benötigen sie eine starke Hand und einen menschlichen Rudelführer. ›Sei niemals nett zu den Hunden‹, sagt Michael. Sie müssen wissen, wer der Chef ist. Wenn sie arbeiten, bekommen sie zwei Mal am Tag etwas zu fressen, wenn nicht, dann einmal in zwei Tagen und jeder Hund bekommt gleich große Rationen. Die Verwaltung kontrolliert regelmäßig, ob die Hunde gesund sind. 

3. Tag: Sermilil Fjord

Es schneit immer noch. Eine Herausforderung für alle, durch den 30 Zentimeter hohen Schnee zu fahren  und das rauf und runter. Bei schlechter Sicht könnte man sich hier draußen leicht verfahren. Doch unsere einheimischen Jäger bringen uns zum Fjord, wo sie sonst auf die Suche nach Robben gehen. Die Nacht verbringen wir wieder in der Qaattu-Hütte. Wenn die Nacht klar wäre, könnten wir vielleicht das Glück haben, die Nordlichter über uns tanzen zu sehen. Aber das wird sicher nicht geschehen.

4.Tag: Sermilil Fjord nach Tiniteqilaaq

Ein Wunder? Herrlichster Sonnenschein! Wir fahren fünf Stunden lang mit dem Hundeschlitten durch die atemberaubende Landschaft, bevor wir in Tiniteqilaaq ankommen, einer kleinen abgeschiedenen Siedlung von 120 Einwohnern. Hier haben wir den Nachmittag zur freien Verfügung und können auf eigene Faust diese traditionelle Siedlung erforschen und den Alltag an diesem weltentrückten Ort besser kennenlernen. Am kleinen Hafen wird eine Robbe ausgenommen und verteilt. Kinder spielen vor dem Schulgebäude Fussball und ich genieße die Ruhe. Es gibt 18 Kinder und vier Lehrer. Am Abend sind wir bei einer Familie eingeladen. Wir verbringen die Nacht in einer kleinen Hütte auf einem Hügel hinter der Siedlung, wo wir eine großartige Aussicht über den gesamten Fjord und die Eisdecke haben. An dieser Stelle soll erwähnt werden, dass es einen Film von Samuel Collardy mit dem Title ›A Polar Year‹ gibt, der genau in diesem zauberhaften Dorf spielt und das Leben der Bewohner mit viel Liebe und Empathie zeigt. Er wurde in Sundance beim dortigen Festival uraufgeführt und hat etliche Auszeichnungen erhalten. Julius, unser Hundeführer ist einer der Hauptdarsteller.

5. Tag: Tiniteqilaaq nach Imiilaa-Fjord

Wieder herrliches Wetter. Wir fahren einen Gletscher hoch. Jetzt gilt es flink zu sein und Michael und den Hunden zu helfen. Die Steigungen sind extrem. Ich hätte nie gedacht, dass die Hunde den schweren Schlitten über Pässe ziehen könnten. Dann geht es rasant bergab, vielleicht sind es 40 km/h, jedenfalls nicht jeder Hund kann so schnell rennen und wenn er Pech hat, kommt er unter den Schlitten. In der Ebene geht es wieder gemächlich zu. Der Untergrund ist nicht mehr fest und der Schlitten sinkt ein. Jetzt gilt es über das Eis zu robben. Auch diese Stelle ist schnell gemeistert und schon bald können wir die Fischer im Imiilaa-Fjord beobachten. In einer kleinen komfortablen Hütte im Imiilaa-Fjord werden wir die Nacht verbringen. Am Wochenende kommen die Einheimischen gerne hierher, um Heilbutt und Rotbarsch zu fischen und natürlich Seehunde zu jagen.

6. Tag: Imiilaa-Fjord nach Tasiilaq

Wieder Traumwetter. Heute fahren wir einen 700 Meter hohen Gletscher hoch. Auf der ganzen Strecke können wir den fantastischen Ausblick auf die Ammassalik-Insel genießen und ab und zu sehen wir Packeis und Tasiilaq in der Ferne. Leider kommt keine Ruhe auf. Das ständige Geknatter eines Hubschraubers geht allen langsam auf den Geist. Ständig fliegt das Ding bergauf bergab. Die Skiläufer aus Österreich mussten ausgerecht heute das Heliskiing vor unseren Augen zelebrieren. Man müsste Herrn Peroni mal sagen, dass dieses einseitige Vergnügen den Einheimischen wohl auch nicht soviel bringt. Und wieder ist es eine Freude auf dem Schlitten nach Hause zu fahren. Ich bin jetzt selbst Musher und die Hunde machen zum Glück, was ich sage. Denn sie wollen auch zurück. Überhaupt ist das Hundeschlittenfahren nicht das reine Vergnügen. Man muss die Position auf dem Schlitten häufig wechseln, es kann richtig kalt und ungemütlich werden. Aber es ist ein ganz großes Erlebnis, an das ich mit großem Vergnügen denke. Nach der Rückkehr muss ich zuerst eine heiße Dusche nehmen, bevor wir am Abend den örtlichen Sumajoq (Trommeltänzer), Wilhelm Kummitse, kennenlernen. Er lehrt Englisch und Trommeltanz an der Schule und erzählt uns etwas über die Traditionen und die Geschichte der Menschen in Ostgrönland.

7. Tag: Tasiilaq

Heute gehe ich ins örtliche Museum und mache eine Weiterbildung bei dem Museumschef, der aus Dänemark kommt und ausgezeichnet Deutsch spricht. 4200 Besucher kommen pro Jahr. Er erklärt die traditionellen Werkzeuge, die Lebensgewohnheiten und erzählt viel über Knut Rasmussen, der hier in der Nähe den Film ›Paulos Brautfahrt‹ mit realisiert hat. Dieser Film ist vielleicht das wichtigste Zeugnis und der beste Einstieg, um das Leben der Inuit zu verstehen. Ich gehe noch zum Postamt, wo ich zu meiner Überraschung eine Gruppe Männer kennenlerne, die dabei sind einen Teil ihrer Ausrüstung nach Westgrönland zu schicken. Sie haben sich für eine mehrwöchige Reise angemeldet, die sie über das Inlandeis nach Kangerlussuaq bringen soll.  Dazu benutzen sie eine ›Pulka‹, ein längliches wannenartiges Teil aus hartem Plastik, das man mit seiner Ausrüstung belädt, um es dann anschließend mit einem Gurt über das Eis zu ziehen. Jeder hat zunächst 80 Kilo dabei. Wochen später sind sie dann tatsächlich angekommen. Es ist ein wunderbarer Ort dieses Tasiilaq, voller Überraschungen und Abwechslung und vor allem so traumhaft gelegen. 

Am nächsten Tag erfolgt der Transfer per Helikopter von Tasiilaq nach Kulusuk.  Von dort geht es mit dem Flugzeug zurück nach Reykjavik.

Der Arctic Circle Trail

Wenn Sie in Sisimiut Zeit haben, sollten Sie auf alle Fälle zum östlichen Ende der Stadt wandern und ein Stück auf dem Arctic Trail gehen. Für alle Wanderfreunde ist dieser insgesamt 170 Kilometer lange Wanderweg sicher einer der Höhepunkte der gesamten grönländischen Insel. Der Weg verläuft ungefähr 100 Kilometer nördlich des Polarkreises und verbindet die beiden Städte Sisimiut und Kangerlussuaq miteinander.

In der Regel starten die meisten Besucher von Kangerlussuaq aus ihren Weg, da die Stadt über einen internationalen Flughafen verfügt. Selbstverständlich kann der Wanderweg auch in entgegengesetzter Richtung zurückgelegt werden. Insgesamt dauert die gesamte Strecke zwischen zehn und vierzehn Tagen, je nach Geschwindig­keit und Wetterlage. Man sollte darauf achten, dass die Wandertour nur zwischen Juni und September schneefrei ist. Zwar kann man sich auch im Winter auf den Weg machen, die Bewerkstelligung der Strecke ist dann aber um ein vielfaches mühsamer.

Man sollte den Weg nur antreten, wenn man körperlich fit ist und sich über alle eventuellen Risiken informiert hat. Zu empfehlen ist auch, sich bei der örtlichen Polizeiwache zu melden und die ungefähre Wanderzeit angeben. Wenn man sich dann nach Ablauf einer Frist bei der Polizei der Zielstadt nicht wieder gemeldet hat, wird eine Suche veranlasst. Als Grundausrüstung sind ein Kocher, ein Zelt, sehr gute Kleidung und Schuhwerk sowie ein Schlafsack, der auch unter 0 Grad warmhält, mitzubringen oder aber vor Ort auszuleihen. Denken Sie daran, dass große Teile des Weges sumpfig sein können! Machen Sie sich aber insgesamt keine zu großen Sorgen, denn der Arctic Circle Trail ist eigentlich bei der richtigen Vorbereitung und angemessener Ausrüstung keine schwierige Wanderung. Sie müssen auch keine Angst haben, den Weg nicht zu finden. Zum einen ist er durch die viele Nutzung deutlich sichtbar, zum anderen weisen auch Markierungen, kleine Steinmännchen, den Weg.

Sollten Sie Ihre Wanderung in Kangerlussuaq beginnen, folgt der Arctic Circle Trail zunächst der Straße bis zur Forschungssiedlung Kellyville. Von hier an läuft man ungefähr 50 Kilometer parallel zum Fjord und kann die wunderschöne Landschaft genießen. Am Ufer des Sees Amitsorsuaq gibt es dann auch eine Hütte, in der man übernachten kann. Insgesamt liegen sieben Hütten auf der gesamten Strecke. Die Hütten sind zwischen 12 und 22 Kilometer voneinander entfernt und stehen kostenlos zur Verfügung. Meist bieten die Hütten Schlafplätze für vier Personen.

Am See angekommen, hat man dann zwei Möglichkeiten: Entweder man überquert den See mit einem der bereitstehenden Kajaks oder nimmt alternativ die Trekkingroute, die immer am Ufer des Sees entlangführt und etwa 25 Kilometer lang ist. Von hier an beginnt die Landschaft sich zu verändern und immer hügeliger zu werden.

Der nächste Streckenabschnitt, der etwa 40 Kilometer umfasst, führt Sie an den Fluss Ittineq, über den seit 2008 eine Brücke führt, so dass die Überquerung keine Probleme darstellt. Die hügelige Landschaft weicht nun mehr und mehr einem Küstengebirge. Etwa 20 Kilometer vor Ihrem Ziel Sisimiut verläuft der Weg noch einmal entlang des wunderschönen Fjords Kangerluarsuk Tuuleq, wo sich auch die letzte Hütte der Strecke befindet. Nach zehn bis vierzehn Tagen sollten Sie dann Ihr Ziel Sisimiut erreicht haben und können sich voller Stolz auf dieses Abenteuer ein wenig erholen.

Der Nordost-Grönland-Nationalpark

Dieser Nationalpark ist mit einer schier unfassbaren Fläche von 972 000 Quadratkilometern der mit Abstand größte Nationalpark der Welt. Er umfasst die gesamte nordöstliche Küste der grönländischen Insel – rund ein Drittel ganz Grönlands – und ist zugleich der nördlichste Nationalpark überhaupt. Seine Nord-Süd-Ausdehnung beträgt etwa 1400 Kilometer und seine Ost-West-Ausdehnung bis zu 700 Kilometer. Schon diese Zahlen belegen eindrucksvoll, welchen besonderen Schatz sich Grönland hier geschaffen hat.

Gegründet wurde der Park im Jahre 1974, seit 1977 untersteht er dem UNESCO-Programm ›Mensch und Biosphäre‹. Gegen Ende der 1980er Jahre wurde das Gebiet des Parks auf seine heutige Größe erweitert. Die Gründung des Nationalparks hatte vor allem zwei Ziele. Zum einen wollte man die einzigartige Flora und Fauna der Region vor schädlichen Eingriffen durch Menschen schützen – in der Region leben bis zu 15 000 Moschusochsen, etwa 40 Prozent des weltweiten Bestandes, zahlreiche Eisbären, Walrosse, Polarfüchse und Polarhasen. Zudem nisten tausende von Vögeln in den Felsen der Küstenregionen. Zum anderen wollte man die Gegend aber auch unter Schutz stellen, um so über die kulturellen und geologischen Ursprünge der Region forschen zu können. Innerhalb des Parks fanden Wissenschaftler die ältesten Spuren menschlicher Besiedlung in Grönland überhaupt. Fossilien, die in der Region gefunden wurden, legen zudem nahe, dass die gesamte Region vor rund zwei Millionen Jahren eine überaus waldreiche Landschaft gewesen sein muss.

Trotz der gigantischen Fläche ist der Park so gut wie nicht besiedelt. Insgesamt leben etwa 30 Personen und rund 100 Hunde dauerhaft innerhalb des Nationalparks. Sie arbeiten in unterschiedlichen Forschungs-, Wetter- und Militärstationen. Während der Sommermonate erhöht sich die Zahl der Bewohner um Forscher, die aus der ganzen Welt in die Gegend kommen, um Studien zu unterschiedlichen Themen zu betreiben. Ein Großteil der Forschungsstationen ermöglicht dabei Gastwissenschaftlern Aufenthalte in ihren Instituten.

Als einfacher Tourist auf Grönland ist es hingegen nur sehr schwer möglich, den Nationalpark zu besuchen. Da hier vor allem der Schutz der Flora und Fauna im Vordergrund steht, sind Genehmigungen für einen Besuch stark reglementiert. Um eine solche Erlaubnis zu erhalten, müssten Sie sich bei Interesse an das Grönländische Polarzentrum in Nuuk wenden. Die Chancen, erfolgreich zu sein, sind jedoch eher gering. Es sei denn, Sie können glaubhaft machen, Sie seien ein Jäger aus Qaanaaq oder Ittoqqortoormiit. Diese haben nämlich durch gesonderte Vereinbarungen uneingeschränkten Zutritt zum Park. Im Rahmen Ihrer Expeditionsfahrt könnten Sie aber auch das Glück haben, dass ein Besuch des Parks auf dem Programm der Rundreise steht. Die Verantwortlichen des Nationalparks wissen um das verantwortungsvolle Verhalten der Expeditionsleiter, und die Chancen, den Park zu betreten, sind daher durchaus vorhanden.

Auch wenn es insgesamt für die vielen naturinteressierten Besucher sicher etwas schade ist, dass der Park nicht öffentlich zugänglich ist, ist es jedoch für den Erhalt der Flora und Fauna beinahe unumgänglich. Und so wird der Nationalpark auch in Zukunft eine Fundgrube für jeden Forscher sein und für viele Touristen eine unerreichbare Gegend der Sehnsucht.

Das grönländische Thule

Seit der griechische Seefahrer Pytheas im Jahre 330 vor Christus über eine angeblich geheimnisvolle Insel im hohen Norden berichtete, existiert der Mythos Thule in den Köpfen vieler Menschen. Nach den Berichten Pytheas liegt Thule im äußersten Norden der Welt, sechs Tage von Britannien entfernt. Viele Menschen verbinden den Ort automatisch mit Grönland, und in der Tat gab und gibt es auf der Insel Orte, die diesen Namen tragen.

Der berühmte grönländisch-dänische Polarforscher Knud Rasmussen gründete am Nordufer der North Star Bay am Fuße des Berges Dundas 1909 eine Missionsstation für die grönländischen Inuit. Ein Jahr später errichtete er direkt daneben eine Handelsstation, der er den Namen Thule gab. Später wurde die ganze Region nach der Station benannt. Mitte der 1930er Jahre kaufte eine dänische Handelsgesellschaft die Station von der Witwe Rasmussens, und Thule wurde zu einer dänischen Kolonie. Aufgrund eines Übereinkommens zwischen der dänischen und der amerikanischen Regierung im Jahre wurde 1943 hier eine meteorologische Station der USA eingerichtet und einige Jahre später um eine Landebahn erweitert. Durch ein weiteres Abkommen mit Dänemark sicherten sich die USA 1951 das Recht die Station zu einer großen Militärbasis auszubauen, die vor allem für den immer verbissener geführten Kalten Krieg strategische Bedeutung haben sollte. Die ›Thule Air Base‹ wurde zur größten Militärstation außerhalb der USA.

Verlierer waren die lokalen Inuit. 1953 wurden die Menschen im Zuge der geplanten Eröffnung der Basis ›umgesiedelt‹, wie es im damaligen Sprachgebrauch hieß. In der Realität kam die Aktion jedoch mehr einer Vertreibung und einer ersatzlosen Enteignung gleich. Gerade einmal vier Tage wurde den Bewohnern gegeben, um ihre Häuser zu verlassen. Die Inuit wurden nach Qaanaaq gebracht, wo jedoch die meisten Gebäude für die neuen Bewohner noch nicht fertig waren und die Menschen bei eisigen Temperaturen in Zelten nächtigen mussten. Im englischen und auch deutschen Sprachgebrauch wurde der Ortsname Thule auf die neue Siedlung übertragen, was bis heute oft zu Verwirrungen führt. Nach einem langjährigen Rechtsstreit erreichten die Opfer der Umsiedlung, dass ihnen 1999 endlich eine bescheidende Entschädigung ausbezahlt wurde. 1986 wurde die alte Handelsstation in ihre Einzelteile zerlegt und in Qaanaaq neu aufgebaut. Seitdem dient das Gebäude als Heimatmuseum.

International bekannt wurde die Thule Air Base im Jahre 1968. Ungefähr elf Kilometer von der Basis entfernt stürzte ein Kampfflugzeug der amerikanischen Armee ab, das mit vier Wasserstoffbomben bestückt war. Nur drei der vier Bomben konnten aus dem Eismeer geborgen werden. Die intensive Suche nach der vierten, höchstgefährlichen Bombe war offiziell 1979 erfolgreich. Mehrere US-amerikanische Journalisten bezweifeln jedoch bis heute, dass die Bombe wirklich gefunden wurde.

Reisende haben die Möglichkeit, die Basis, die heute ›Peterson Air Force Base‹ heißt, mit einer Sondergenehmigung des dänischen Außenministeriums zu besuchen. Sehr interessant für die Besucher ist historisch gesehen vor allem der Dundas-Berg. Von hier aus startete nicht nur der grönländische Held Knud Rasmussen seine legendären Arktisexpeditionen, sondern auch Robert Peary brach hier zu seiner umstrittenen Nordpolarentdeckung ins ewige Eis auf.

Eisberge

Das Erste, was jedem Kind über die Arktis einfallen würde, sind mit Sicherheit die dort anzutreffenden Eisberge. Das Schicksal der Titanic hat dazu beigetragen, dass diese Kolosse der polaren Meere als etwas Gefährliches und Unberechenbares angesehen werden. Etwas nüchterner betrachtet, sind Eisberge zunächst einmal Eismassen, die teilweise oberhalb, teilweise unterhalb der Meeresfläche schwimmen. Innerhalb der arktischen Gewässer stammen die meisten der Eisberge von Gletschern aus Grönland. Eisberge entstehen, wenn sich große Stücke von Gletschern lösen und so ins offene Meer gelangen. Man spricht dann davon, dass die Gletscher kalben. Eisberge können sich jedoch auch aus Packeis und Eisschollen bilden.

Die teilweise riesenhaften Ungetüme bestehen in der Regel fast ausschließlich aus Süßwasser und besitzen kleine Lufteinschlüsse. Die Eisberge werden auf internationaler Ebene von Forschern in verschiedene Größen eingeteilt. Die größten Berge besitzen dabei eine Höhe von über 75 und eine Länge von 200 Metern. Dass die Eisberge schwimmen, ist dadurch zu erklären, dass Wasser im festen Zustand leichter ist als im flüssigen. Jedoch ist die Dichte geringer als die des umgebenden Wassers. Daher sind nur etwa zehn Prozent des gesamten Eisberges zu sehen, der übrige Teil liegt als sogenannter Kiel unter der Meeresoberfläche. Der erste Wissenschaftler, der dieses Phänomen beschrieb, war bereits 1750 der russische Gelehrte und Naturwissenschaftler Michail Lomonosov, nach dem heute auch ein 1800 Kilometer langer Rücken im Arktischen Ozean benannt ist.

Dass Eisberge eine Gefahr für den Schiffsverkehr darstellen, ist spätestens seit dem katastrophalen Untergang der Titanic im Jahre 1912 bekannt. Als Reaktion auf dieses Unglück wurde nur zwei Jahre später die ›International Ice Patrol‹ ins Leben gerufen. Zu den Aufgaben der Gesellschaft, an der sich eine ganze Reihe von Staaten beteiligen, zählt die Beobachtung von Eisbergen im arktischen Nordatlantik. Neben dem Einsatz von Schiffen wird heute die Überwachung mit speziell ausgerüsteten Flugzeugen gewährleistet.

Vor allem in den letzten Jahren sind Eis-berge zu einem Symbol der fortschreitenden Erderwärmung geworden. Wenn sie in großen Mengen von ihren Gletschern auf Grönland abbrechen und mit ohrenbetäubendem Lärm ins Meer fallen, wird dies oft als Indiz genommen, dass die Pole schmelzen. Dabei wird jedoch oft übersehen, dass das Kalben der Gletscher zunächst einmal ein natürlicher Vorgang ist, wie es ihn bereits seit Jahrtausenden gibt, und auch das Auftauen von bereits vorhandenen Eisbergen nur zu einer minimalen Erhöhung des Meeresspiegels führt.

Die österreichisch-ungarische Nordpolexpedition

Julius Payer, einer der beiden Leiter der österreichisch-ungarischen Nordpolexpedition, die von 1872 bis 1874 stattfand und in deren Verlauf Franz-Josef-Land entdeckt wurde, war nicht nur ein k. u. k. Offizier, sondern auch ein anerkannter Alpinist und Kartograf. Unter anderem war er maßgeblich an der bergsteigerischen Erschließung und der Vermessung des Ortlermassivs in Südtirol beteiligt. Seinen Mitarbeiter und Bergkameraden Johann Haller konnte er mit folgendem Brief zur Teilnahme an der Nordpolarexpedition bewegen:

Lieber Haller!

Es freut mich, daß ich Dich endlich entdeckt habe und daß Du mir so rasch antwortetest.

Ich beabsichtige eine Reise von zweieinhalbjähriger Dauer nach sehr kalten Gegenden, in welchen es keine Menschen, dafür Eisbären gibt und wo die Sonne mehrere Monate unausgesetzt scheint und dann wieder mehrere Monate gar nicht.

Ich mache nämlich eine Nordpolexpedition.

1. Ich zahle Dir ohne irgend einen Abzug die Reise von Sankt Leonhard weg bis Bremerhaven, wo wir das Schiff betreten.

2. Ende Mai würde Dein Dienst beginnen, Du müßtest um diese Zeit in Wien eintreffen.

3. Zweieinhalb Jahre müßtest Du bei mir bleiben.

4. Du wirst ganz von mir gekleidet, bewaffnet und verköstigt und erhältst außer besonderen Prämien für besondere Leistungen mindestens 1000 Gulden Papier, davon Du einen Teil schon beim Weggehen ausgezahlt erhalten kannst.

Ich bitte Dich, Haller, sieh Dich noch nach einem zweiten Bergsteiger um – er soll ein anständiger Mensch sein, verträglich, arbeitssam, er darf nie die Lust und Ausdauer verlieren, selbst wenn die Entbehrungen noch so groß sind, er soll ein guter Jäger sein und würde dasselbe wie Du bekommen. Bei der Rückkunft würdest Du auch noch ein feines Lefaucheux-Gewehr (Hinterlader, Büchsflinte) zum Geschenk erhalten.

Also schreibe gleich und suche jedenfalls noch einen zweiten Mann, für den Du garantieren kannst, daß er taugt.

Wie werden Kälte und Gefahren haben, – scheut Dich das? Ich habe bereits zwei solcher Reisen glücklich durchgemacht, und was ich thue, das thust Du auch.

Dein Freund Payer

aus: Christoph Ransmayr,

Die Schrecken des Eises und der Finsternis.

Reisetipps von A bis Z

Arzt an Bord

Die Expeditionsschiffe sind auf alle  medizinischen Eventualitäten vorbereitet. Sie haben in der Regel einen kompetenten Arzt an Bord, an den Sie sich jederzeit wenden können. Sollte der Arzt nicht Deutsch sprechen, wird er auf jeden Fall des Englischen mächtig sein. Sollte Ihr Schiff über keinen Arzt ver­fügen, vergewissern Sie sich vor Beginn der Reise, alle wichtigen Medikamente dabeizuhaben. Sind Sie erst einmal im Nordpolarmeer unterwegs, werden Sie nicht mehr jederzeit eine Apotheke in der Nähe haben. Sollten Sie an der Seekrankheit leiden oder noch nie auf einem Schiff auf hoher See unterwegs gewesen sein, ist es dringend zu empfehlen, Pillen dagegen mitzunehmen, damit Sie Ihre Reise auch wirklich genießen können (→ Gesundheit).

Ausfuhr

Die Ausfuhr von Waren aus den arktischen Ländern unterliegt teilweise einer Ausfuhrkontrolle. In Grönland erfordert beispielsweise die Ausfuhr tierischer Waren, dies beinhaltet auch Kunst­handwerksstücke, einen Nachweis, den Sie im Zusammenhang mit dem Kauf Ihres Produktes bekommen sollten. Ist dies nicht der Fall, ist dringend von einem Kauf abzuraten. Das betrifft zum Beispiel Schmuck aus Zähnen von Weißwalen und Souvenirs, die aus Zwerg­wal-Barten gemacht sind. Teile von und Produkte hergestellt aus Pottwalzahn, Narwal, Eisbär, Barten von Grönlandwal, Finnwal oder Buckelwal sowie alle Greifvogelarten dürfen zudem überhaupt nicht aus Grönland ausgeführt werden. Auch für die anderen arktischen Staaten gelten ähnliche Einschränkungen. An Bord Ihres Schiffes wird man Ihnen jedoch sicherlich die aktuellen Ausfuhrbestimmungen mitteilen können (→ Zollvorschriften).

Besuche auf der Brücke

Auf dem meisten Schiffen, außer denen der Hurtigruten, ist es üblich, dass die Brücke immer zugänglich ist. Der Besuch auf der Brücke ist auch deswegen interessant, weil man dort immer Gesprächspartner findet. Nirgendwo kann man seine Mitreisenden besser kennenlernen als auf der Brücke. Der Kapitän, der Steuermann und der Expeditionsleiter stehen auch immer für Fragen zur Verfügung.

Bordpass

In der Regel bekommt der Reisende einen Bordpass, mit dem er sich beim Verlassen des Schiffes auscheckt und beim Zurückkehren wieder eincheckt. Damit wird sichergestellt, dass alle an Bord sind, wenn das Schiff ablegt. Sicherheitskontrollen finden nur in geringem Umfang statt. Man kennt sich.

Botschaften und Konsulate

In der Regel gibt es keine diplomatischen Vertretungen der deutschsprachigen Länder an den Orten, wo die Schiffe unterwegs sind (→ Reisedokumente).

Einkaufen

Viele der Expeditionsschiffe verfügen über einen eigenen kleinen Shop an Bord, in dem Sie sich mit den nötigsten Produkten bequem versorgen können. Aber auch bei Ihren Landgängen werden Sie genug Zeit finden, um in einem der örtlichen Läden einkaufen zu können (→ Souvenirs).

Elektrizität

In der Regel sollten Sie in Ihren Kabinen Steckdosen mit 220 Volt vorfinden. Nicht auf jedem Schiff entsprechen diese jedoch dem europäischen Standard. Sie sollten also, je nachdem, aus welchem Land Ihr Schiff stammt, an die Mitnahme eines geeigneten Adapters denken.

Essen und Trinken

Auf allen Schiffen gibt es eine Überversorgung. Es beginnt mit dem reichhal­tigen Frühstück, danach gibt es Tee, Kaffee, Snacks und Kuchen, und das Mittagessen besteht aus drei Gängen. Oft kann sich der Reisende am Buffet bedienen. Nachmittags gibt es wieder heiße Getränke und Snacks. Am Abend geht es etwas ruhiger zu. Ein gesetztes Essen ist die Regel. Auf manchen Schiffen gibt es freie Platzwahl, auf anderen hat man immer dieselben Tischnachbarn. Man sollte also zu Beginn der Reise darauf achten, in angenehme Gesellschaft zu kommen. Hier geht es um Glück und den richtigen Riecher.

Feiertage

Norwegen: 1. Januar (Neujahr), 1. Mai (Tag

der Arbeit) 17. Mai (Nationalfeiertag), 23. Juni (Mittsommertag/St. Hans Aften), 29. Juli (Olsokfest), 24., 25., 26. Dezember (Weihnachten).

Grönland: 1. Januar (Neujahr), 6. Januar (Heilige Drei Könige), Gründonnerstag, Karfreitag, Ostermontag, Pfingsten, Christi Himmelfahrt, Buß- und Betttag, 21. Juni (Nationalfeiertag ›Ullotuneq‹, der längste Tag und Flaggentag), 24.–26. Dezember (Weihnachten), 31. Dezember (Silvester).

Kanada: 1. Januar (Neujahr), Karfreitag, Ostermontag, 1. Juli (Canada Day), Montag vor dem 25. Juli (Victoria Day), erster Montag im September (Tag der Arbeit), zweiter Montag im Oktober (Thanksgiving), 11. No-

vember (Remembrance Day/Volkstrauertag), 25./26. Dezember (Weihnachten).

USA: 1. Januar (Neujahr), dritter Montag im Januar (Martin Luther King‘s Day), dritter Montag im Februar (Prä­sidententag/Washington‘s Birthday), letzter Montag im Mai (Memorial Day), 4. Juli (Unabhängigkeitstag), zweiter Montag im Oktober (Columbus Day), 11. November (Veteranentag), vierter Donnerstag im November (Thanksgiving), 25. Dezember (Weihnachten).

Russland: 1.–5. Januar (Neujahr), 7. Januar (orthodoxes Weihnachtsfest), 23. Februar (Tag der Vaterlandsverteidiger), 8. März (Internationaler Frauentag), 1. Mai (Tag des Frühlings und der Arbeit), 9. Mai (Tag des Sieges, Kapitulation Deutschlands 1945), 12. Juni (Nationalfeiertag), 4. November (Tag der Einheit des Volkes).

Fotografieren

Man sollte auf jeden Fall einen Fotoapparat mitnehmen, denn man wird einzigartige Motive aus der polaren Tier- und Pflanzenwelt finden. Bei aller Fotoleidenschaft sollte man aber immer versuchen, keine Tiere oder Menschen zu stören oder gar ihre Privatsphäre zu verletzen. Fragen Sie bei Personenmotiven die betreffende Person am besten. Es empfiehlt sich, mit den Reiseleitern über den angemessenen Abstand zu Tieren zu reden. Achten Sie auch darauf, ausreichend Batterien oder Akkus mitzubringen. Die Kälte der Arktis wirkt sich negativ auf die Haltbarkeit aus, und nicht alle Schiffe verfügen über einen Bordshop, wo Sie Batterien gegebenenfalls nachkaufen können.

Geld

Bis zum letzten Abend läuft alles bargeldlos. Man unterschreibt für alles, was extra bezahlt werden muss. Am Ende der Reise kommt die große Abrechnung. Auf den Expeditionsschiffen kann man entweder mit Bargeld bezahlen oder aber gängige Kreditkarten nutzen. Welche Währung die gängige ist, unterscheidet sich jedoch von Schiff zu Schiff. In der Liste der Expeditionsschiffe findet man darüber die nötigen Informationen (→ S. <?>). Es versteht sich von selbst, dass Sie, je nachdem, welche Länder Sie im Verlauf Ihrer Reise besuchen werden, die jeweilige Landeswährung benötigen. Sie finden jedoch in allen größeren Ortschaften Wechselmöglichkeiten. Gängige Kreditkarten werden in der Regel ohne Probleme akzeptiert.

Die Arktischen Länder haben folgende Währungen (jeweiliger Wechselkurs zum Euro von Anfang 2019):

Grönland/Dänemark: Dänische Kronen, 1 Euro entspricht 7 DKK.

Norwegen: Norwegische Krone, 1 Euro entspricht 9,2 NOK.

Russland: Russischer Rubel, 1 Euro entspricht 68 RUB.

Kanada: Kanadischer Dollar, 1 Euro entspricht 1,44 CAD.

USA: Amerikanischer Dollar, 1 Euro entspricht 1,07 USD.

Gesundheit

Für Reisen entlang der norwegischen Küste und in der Arktis sind keine speziellen Impfungen nötig. Der übliche Impfschutz gegen Tetanus, Polio und Diphterie reicht aus.1

Für alle Reisen, die in entlegene Gebiete führen, verlangen die Veranstalter das Ausfüllen eines Fragebogens, auf dem Angaben zum Gesundheitszustand des Reisenden zu machen sind. Die Reisen erfolgen immer auf eigenes Risiko. Eventuelle Evakuierungen aus gesundheitlichen Gründen müssen von den Reisenden selbst getragen werden. Er wird auch erwartet, dass man Details zur eigenen Krankenversicherung angibt. Daraus sollte nicht der Schluss gezogen werden, dass die Expeditionskreuzfahrten gefährlich sind. Dies sind alles reine Vorsichtsmaßnahmen. Eine Reisekrankenversicherung, die auch die Kosten eines Rücktransportes abdeckt, sollte man abschließen. Allerdings leisten diese nicht, wenn Kosten durch bestehende Vorerkrankungen enstehen.

Auf allen Expeditionskreuzfahrtschiffen ist stets ein Arzt an Bord, der erste Hilfe leisten kann. Die Bordapotheke verfügt über allgemein gängige Medikamente. Teilweise ist die Behandlung an Bord kostenpflichtig.

In jedem Fall sollte man Medikamente, die regelmäßig genommen werden müssen, in ausreichender Menge mitführen.

In der Arktis ist neben den üblichen Gesundheitsvorkehrungen vor allem auf folgende gesundheitliche Risiken zu achten:

Seekrankheit: Viele Touristen leiden in den ersten Tagen auf dem Schiff daran. Dagegen kann man sich mit Medikamenten schützen. Mit speziellen Pflastern hinterm Ohr lässt sich das Gleichgewichtsgefühl stabilisieren. Sonst hilft Ruhe, schlafen und warten, bis es vorüber ist.

Borreliose: Die Infektionserkrankung kann durch Zeckenbisse übertragen werden.

Trichinose: Eine Infektion kann durch Verzehr von Bären-, Eisbären- oder Robbenfleisch hervorgerufen werden.

Frühsommer-Enzephalitis: In einigen Gebieten ist mit dieser Infektionserkrankung aufgrund von Zeckenbissen zu rechnen (ggf. Impfung möglich).

Windverbrennungen: Der teilweise extrem kalte Wind kann auch zu Verbrennungen führen. Man kann sich mit fetthaltiger Hautcreme schützen.

Schneeblindheit: Der Schnee reflektiert die UV-Strahlen der Sonne. Es empfiehlt sich, gute Sonnenbrillen zu tragen (Gletschertauglichkeit beachten).

Erfrierungen: Achten Sie immer darauf, den Temperaturen angemessene Kleidung zu tragen (→ Kleidung und Schuhe).

Internet an Bord

Auf allen Schiffen kann man E-Mails versenden und empfangen, jedoch meist nur ohne Anhänge. Internetzugang gibt es nur auf einigen Schiffen. Wichtig ist, bei der Buchung zu fragen, wie das Schiff technisch ausgerüstet ist, damit später keine Kommunikationsprobleme mit der Heimat auftreten. Nicht überall sind diese Dienstleistungen kostenlos.

Kleidung und Schuhe

Die Temperaturen im hohen Norden gehen zwar während der Sommermonate selten unter 0 Grad, wenn aber starker Wind hinzukommt, kann es empfindlich kalt werden. Zugleich wird es auch Tage geben, an denen ein T-Shirt ausreicht. Richtig warm wird es nördlich des 70. Breitengrades nie.

Es gibt Reiseveranstalter (Quark und Hapag Lloyd), die den Expeditionsteilnehmern wasserabweisende Parkas in Signalfarben schenken. Damit ist sichergestellt, dass niemand in den Schnee- und Eislandschaften verloren gehen kann. Entweder sind sie knallgelb, orange oder rot. Bei nicht ganz so teuren Reisen kann man nicht mit einem solchen Geschenk rechnen.

In jedem Fall empfiehlt es sich, warme Unterwäsche, Handschuhe, Mütze, Fleecejacke oder- pullover, eine wasserdichte Überhose und einen wind- und wasserdichten Anorak mitzunehmen. Man sollte sich nach dem Schichtenprinzip kleiden, also immer mehrere Lagen übereinander tragen, um bei wärmerer Witterung etwas ausziehen zu können.

Bei den meisten Reisen wird auch erwartet, dass eigene Gummistiefel (mit Profilsohle) mitgebracht werden. Falls der Reiseveranstalter die Gummistiefel zur Verfügung stellt, so geht das immer aus den Reiseunterlagen hervor. Gummistiefel und wasserdichte Überhose sind besonders wichtig, da man öfters noch im Wasser aus den Zodiacs (Schlauchbooten) aussteigen muss und Spritzwasser das Boot und die Insassen nass macht. Das klingt alles schlimmer, als es ist. In der Regel wird man nicht nass, und die Anlandungen finden an bekannten Plätzen statt, die geschützt sind. Gute, wasserfeste Wanderschuhe sollten auf alle Fälle auch im Gepäck sein.

Ein kleiner bis mittlerer Rucksack für die Kameraausrüstung und Dinge des täglichen Bedarfs sowie eine Sonnenbrille dürfen nicht fehlen.

Während der Reise verbringt man einige Zeit an Deck, sei es zur Walbeobachtung, für ein Sonnenbad oder um seinen Gedanken nachzuhängen. Warme, winddichte Kleidung und Schuhe mit rutschfesten Sohlen sind nötig.

Unter Deck ist es meistens angenehm warm. Bequeme Freizeitkleidung ist angesagt. Es gibt Schiffe, auf denen beim Abendessen die Atmosphäre etwas förmlicher ist. In solchen Fällen macht der Reiseveranstalter darauf aufmerksam. Allgemein gilt für die Expeditionskreuzfahrten, dass die Abendgarderobe zu Hause bleiben kann.

Kriminalität

Touristen, die mit dem Schiff im hohen Norden unterwegs sind, werden mit Kriminalität nicht konfrontiert. Schlimmstensfalls könnte es passieren, dass auf dem Schiff etwas abhanden kommt. In den kleinen Siedlungen Grönlands, der kanadischen Arktis, der USA und Russlands braucht man sich überhaupt keine Sorgen zu machen.

Mitreisende

Man findet immer wirklich interessante Gesprächspartner an Bord. Meistens sind die Menschen nicht mehr ganz jung. Die Bandbreite dürfte zwischen 35 und 85 liegen, wobei die Mehrzahl zwischen 55 und 70 sein dürfte. Sicher ist jedenfalls: Wer einmal bei einer Expeditionskreuzfahrt dabei war, der kommt wieder. So kann man nur empfehlen, damit möglichst in jungen Jahren zu beginnen. Man verpasst sonst zu viel.

Post

Auf allen Schiffen gibt es einen Shop, in dem man Postkarten und meist auch Briefmarken kaufen kann. Falls nicht, dann findet man in der nächsten Siedlung ohne Schwierigkeiten ein Postamt.

Rauchen

Es gibt Schiffe, in deren Inneren überhaupt nicht geraucht werden darf. Details dazu erfahren Sie vom Veranstalter.

Souvenirs

In der Arktis kann man eine Reihe von außergewöhnlichen Souvenirs erstehen. Generell ist Kunsthandwerk der unterschiedlichen Inuit-Stämme das beliebteste Mitbringsel. Das können wunderschöne Schnitzarbeiten aus Walrosszähnen und Holz oder auch Masken und geflochtene Körbe sein. Auch eine Reihe von interessantem Schmuck wird aus Walrosszähnen oder Jade hergestellt. Jedes dieser Stücke wurde in der Regel von einem einheimischen Künstler geschaffen – ganz in Art und Tradition des Landes und doch mit ganz eigenem Ausdruck. Mit einem Kauf der Souvenirs kann man also auch einen Beitrag zum Erhalt der Inuit-Kunst beitragen.

Eine Besonderheit sind die Mukluks, traditionelle Stiefel aus Rentier- oder Seehundfell. Einige Souvenirs unterliegen länderspezifischen Ausfuhrbestimmungen, worauf Sie bereits beim Kauf achten sollten (→ Ausfuhr).

Sprache an Bord

Hier sollte sich der Reisende vor der Abreise volle Klarheit verschaffen, in welcher Sprache kommuniziert wird. Bei Vorträgen an Bord kann es zu großen Frustrationen kommen, wenn diese aus sprachlichen Gründen nicht verstanden werden, Hinweise dazu finden sich in der Liste der Expeditionsschiffe (→ S. <?>).

Telefon

Eine Vielzahl der Expeditionsschiffe haben an Bord ein oder sogar mehrere Telefone, die Sie als Gast benutzen können. Jedoch werden Sie nicht auf jedem Schiff ein Telefon vorfinden, zudem ist diese Variante in der Regel recht kostspielig. Mobilfunktelefone, sofern sie über eine Roamingfunktion verfügen, funktionieren in den größeren Siedlungen und teilweise in der Nähe der Küsten, jedoch keineswegs durchgängig. Sie sollten sich daher darauf einstellen, während der Reise nicht erreichbar zu sein. Sehen Sie dies auch positiv: Sie können sich voll und ganz auf Ihr arktisches Abenteuer einlassen und die handyfreie Zeit zur Entspannung optimal nutzen.

Trinkgelder

Die Trinkgelder werden auf den Expeditionsschiffen in der Regel unter der gesamten Mannschaft aufgeteilt, d.h. auch unter den Teilen der Mannschaft, die Sie als Gast normalerweise nicht direkt zu Gesicht bekommen. Dies sollten Sie bei Ihrer Trinkgeldvergabe mit bedenken. Es ist üblich, dass das Trinkgeld am Ende der Reise zusammen mit der Gesamtabrechnung gegeben wird. Als Richtlinie sollte man etwa sechs bis acht Euro pro Reisetag geben. Selbstverständlich liegt es aber ganz in Ihrem Ermessen, wie viel Sie geben möchten, je nachdem, wie Sie mit der Reise zufrieden waren. In der Regel gibt der Veranstalter Hinweise auf angemessenes Trinkgeld.

An Land ist der Umgang mit Trinkgeldern uneinheitlich. In Grönland, Norwegen und in Dänemark sind sie bereits in den Preisen inbegriffen und Extragelder werden nicht erwartet. Natürlich kann man einen besonders guten Service trotzdem mit fünf bis zehn Prozent Trinkgeld belohnen. In Russland hingegen ist Trinkgeld durchaus üblich. Obwohl auf der Rechnung im Restaurant normalerweise eine Gebühr für die Bedienung enthalten ist, geben viele Gäste Trinkgeld, um ihre Anerkennung für gute Arbeit zu zeigen.

Auch in Kanada ist das Zahlen von Trinkgeld üblich, wird sogar erwartet. Üblich sind hier etwa 15 Prozent des Preises. Auch in den Vereinigten Staaten ist Trinkgeld normal. Wenn die Kosten für Service nicht in der Rechnung aufgeführt sind, werden 15 bis 20 Prozent Trinkgeld erwartet.

Uhrzeit

Bedingt durch die geografische Lage, die sich über alle Längengrade erstreckt, kann man in der Arktis jede Zeitzone antreffen. Sie sollten sich daher immer vergewissern, in welcher Zeitzone Sie sich auf Ihrer Reise befinden, um nicht in die Verlegenheit zu kommen, zu spät an Bord Ihres Schiffes zurückzukommen.

Norwegen und Spitzbergen: wie in den meisten europäischen Ländern Mitteleuropäische Zeit (MEZ), dies entspricht Weltzeit (UTC) plus 1 Stunde. Sommerzeit von Ende März bis Ende Oktober.

Grönland: MEZ minus 2 Stunden (Ittoqqortoormiit); MEZ minus 4 Stunden (Qaqortoq, Ilullisat); Sommerzeit von Ende März bis Ende Oktober.

Kanada: MEZ minus 7 Stunden (Churchill/Manitoba, Resolute Bay), keine Sommerzeit.

USA: MEZ minus 10 Stunden (Nome). Sommerzeit Mitte März bis Anfang November.

Russland: MEZ plus zwei Stunden (Murmansk, Archangelsk, Franz-Josef-Land); MEZ plus 11 Stunden (Anadyr), keine Zeitumstellung.

Visa

Vergewissern Sie sich vor Antritt Ihrer Reise auf jeden Fall, ob Ihr Reisepass noch mindestens drei Monate Gültigkeit besitzt (Russland sechs Monate). Zudem sollte man sich rechtzeitig um die eventuell erforderlichen Visa bemühen.

Grönland/Dänemark: Grönland ist wie Dänemark Teil des Schengen-Raums. Ein Reisepass, der noch mindestens drei Monate Gültigkeit besitzt, ist ausreichend für die Einreise. In der Regel kommen Zoll- und Grenzbeamte aufs Schiff, und die entsprechenden Prozeduren werden dort vorgenommen.

Norwegen: Staatsangehörige der EU-Mitgliedsstaaten dürfen sich bis zu drei Monaten in Norwegen aufhalten und benötigen zum Aufenthalt einen gültigen Reisepass oder Personalausweis. Minderjährige benötigen einen gültigen Kinderausweis, Kinderreisepass, Reisepass oder Personalausweis.

Russland: Für die Einreise ist für Bürger der Europäischen Union ein Visum notwendig. In der Regel sollte dies Ihr Reiseveranstalter besorgen. Falls nicht, benötigen Sie die Dienste einer speziellen Visaagentur (www.visa-wie.de, www.russland-visum.de).

Kanada: Staatsangehörige aus EU-Ländern können bis zu einem Zeitraum von sechs Monaten mit einem gültigen Reiseausweis ohne Visum einreisen.

USA: EU-Staatsangehörige nehmen am ›Visa Waiver‹ Programm der USA teil und können als Touristen bis zu einer Dauer von neunzig Tagen ohne Visum in die USA einreisen, wenn sie im Besitz eines mindestens für die Dauer des geplanten Aufenthaltes gültigen Reisepasses sind. Inwieweit, wie bei Einreisen mit dem Flugzeug, eine vorherige Registrierung über das Internet nötig ist, darüber informiert der Reiseveranstalter.

Wasser

Obwohl das Leitungswasser auf den Schiffen durch Filter und eine Entsalzungsanlage läuft, wird vom Konsum abgeraten. In der Regel gibt es Wasser aus Flaschen kostenlos.

Zeitung

Auch hier gilt es beim Veranstalter zu fragen. Auf den deutschen Schiffen gibt es jeden Morgen eine Tageszeitung-Miniausgabe in gedruckter Form. So wissen die Reisenden, was in Politik, Sport und Wirtschaft gerade passiert.

Zollvorschriften

Auf den meisten Schiffen kann zollfrei eingekauft werden. Es gilt zu beachten, dass nur eine beschränkte Menge an Alkohol, Zigaretten in das Heimatland zurück mitgenommen werden dürfen. Produkte von Tieren, die dem Artenschutz unterliegen, wie Taschen, Jacken, Amulette sollten auf gar keinen Fall gekauft werden, will man Überraschungen bei der Einreise ins Heimatland vermeiden (→ Ausfuhr, → S. <ÜS>).

Zollbestimmungen bei der Einreise in die EU

Mit Dank an Christian Dettenhammer

Bei Rückkehr in die EU/Schweiz gelten verschiedene Beschränkungen.
Die wichtigsten Freigrenzen für die Einreise im Flug- und Seeverkehr sind: 200 St. Zigaretten oder 100 St. Zigarillos oder 50 St. Zigarren oder 250 g Rauchtabak (ab 17 Jahren); 1 Liter Spirituosen über 22 % (ab 17 Jahren), 4 Liter nicht schäumende Weine, 16 Liter Bier; andere Waren zur persönlichen Verwendung oder als Geschenk im Wert von 430 Euro pro Person. Reisende bis 15 Jahren: 175 Euro. Für die Schweiz: 300 SFr pro Person. Bei Überschreitungen dieser Mengen- und Wertgrenzen müssen die Waren angemeldet und versteuert werden (roter Kanal). Hierbei fallen Abgaben von 15 % bzw. 17,5 % des Kaufpreises (bis 700 Euro Warenwert) an. Bei Kaufpreisen über 700 Euro liegen die Abgaben zwischen 19 % und 35 %. Bei der Einfuhr von Zigaretten und Spirituosen ist mit hohen Abgaben zu rechnen!

Als verbotene Waffen sind eingestuft: Springmesser, Butterflymesser, Faustmesser, Schlagringe, Wurfsterne, Stockdegen, Stahlruten, ausländ. Elektroschocker u. Reizstoffsprays u.a.

Als artengeschützte Produkte gelten z.B. Korallen (auch am Strand gefunden), versch. Schnecken- u. Muschelarten, Schlangen- u. Krokodilleder, Elfenbein, Schildkröten, Whisky mit eingelegter Kobra, versch. Tierfelle, Kakteen, Orchideen, bestimmte Kaviarsorten.

Arzneimittel: Erlaubt ist die Menge eines üblichen 3-Monatseigenbedarfs. Anabolika sind in jedem Fall verboten.

Markengefälschte Produkte aller Art: Für den eigenen Gebrauch und als Geschenk sind diese in geringer Stückzahl erlaubt.

Drogen: auch Kleinmengen sowie Hanfsamen, Kokatee und Kokablätter sind verboten. Ggf. auch im Ausland gekaufte starke Schmerz- u. Beruhigungsmittel.

Feuerwerkskörper: Einfuhr verboten.

Lebensmittel: Für Fleisch, Wurst, Käse, Milchprodukte u. Eier aus nicht EU/EWR Ländern gilt ein generelles Einfuhrverbot.

Pflanzensanitäre Vorschriften: Pflanzen mit Wurzeln oder Erde ohne Pflanzengesundheitszeugnis aus nichteuropäischen Ländern sind einfuhrverboten (aus Mittelmeeranrainerstaaten jedoch frei). Auch für bestimmte frische Früchte in größeren Mengen gelten Verbote.

Barmittel über 10 000 Euro (Schweiz: 10 000 SFr) sind dem Zoll bei Aus- u. Einreise schriftlich und ohne Aufforderung anzumelden.

Für im Ausland selbst aufgegebene Postsendungen gelten gesonderte Regelungen und eine Freigrenze von 45 Euro Warenwert. Internetbestellungen und Sendungen von Firmen über 22 Euro Warenwert sind abgabenpflichtig.

Die Zollbestimmungen und die Steuersätze für die Schweiz und Österreich können davon etwas abweichen.

Weitere Infos unter: www.zoll.de, www.bmf.gv.at, www.ezv.admin.ch.